Vier Strategien zum Umgang mit Unstimmigkeiten
Psychologische Untersuchungen zu Konflikt-Verhalten in partnerschaftlichen Beziehungen haben verschiedene Strategien identifiziert, mit denen Menschen in partnerschaftlichen Beziehung mit Unstimmigkeiten umgehen. Insbesondere folgende vier Strategien können beobachtet werden:
- Konflikte vermeiden
- den Partner/in dominieren
- Konflikte klären und integrieren
- Nachgeben
Funktionalität der Strategien
Der Unterschied zwischen Konflikte vermeiden und Nachgeben besteht darin, dass im ersteren Fall die bestehende Probleme nicht einmal angesprochen werden. Es findet keine Auseinandersetzung statt, die Probleme bestehen im Regelfall fort. Beim Nachgeben wird der Konflikt demgegenüber durchaus thematisiert, wobei ein Beziehungspartner aber letztlich gänzlich die Sichtweise des anderen Beziehungspartner akzeptiert oder übernimmt.
Das Gegenteil bedeutet, den Partner/in zu dominieren. Hier werden Konflikte angesprochen, wobei ein Beziehungspartner die Übernahme seiner eigenen Vorstellungen durch den Partner/in verlangt.
Konflikte klären und integrieren bedeutet schließlich, den Konflikt zu thematisieren, die wechselseitigen Perspektiven zu analysieren, sowie nach Möglichkeiten zu suchen und diese zu finden, wie beiden Positionen in einer neuen Position berücksichtigt werden können.
Konflikte zu klären und zu integrieren ist diejenige Strategie, die im Allgemeinen zu der höchsten Beziehungszufriedenheit führt und die positive Weiterentwicklung beider Beziehungspartner und ihrer Beziehung ermöglicht.
Ebenso kann es aber sinnvoll sein, nachzugeben, beispielsweise wenn der Beziehungspartner tatsächlich im Recht ist oder die Position des Beziehungspartners für die eigene Person zwanglos und ohne tatsächliche äußere oder innere psychische Schwierigkeiten übernommen werden kann. “Der Klügere gibt nach”, heißt es im Volksmund. Sicherlich ist dies nicht immer möglich und auch nicht immer die beste Lösung, im Einzelfall kann dies aber tatsächlich hilfreich sein.
Auch Dominanz ist nicht immer schädlich und destruktiv. Sie kann dann nötig sein, wenn der Beziehungspartner tatsächlich Grenzen überschreitet oder wenn die eigene Selbstfürsorge und Persönlichkeit geschützt werden müssen.
Schlussendlich muss auch Konfliktvermeidung keineswegs immer eine ungünstige Bewältigungsstrategie sein. Gerade wenn vorherige Klärungen scheiterten, wenn die eigenen Konfliktklärung-Ressourcen überschritten werden, man beim Partner auf Grenzen stößt und der Konflikt letztlich gar nicht so wichtig ist, mag es gelegentlich durchaus sinnvoll sein, die Klärung des Konfliktes zu unterlassen oder mindestens aufzuschieben.
Alle vier genannten Strategien haben also ihre Berechtigung. Problematische Muster entstehen aber dann, wenn generalisiert und vereinseitigt auf Nachgeben oder Dominanz oder Konfliktvermeidung gesetzt wird.
Schwierig ist es auch dann, wenn Konfliktmuster von Beziehungspartner miteinander kollidieren. Wenn beide Beziehungspartner dominieren wollen, bleibt der Konflikt permanent bestehen, wenn nicht zu anderen Konfliktklärung-Strategien übergegangen wird.
Wenn eine Seite Konflikte vermeiden, die andere Seite Konflikte aber klären möchte, entsteht ebenfalls bald wechselseitige Unzufriedenheit.
Veränderbarkeit unserer Muster
Glücklicherweise müssen wir nicht lebenslang an unseren Mustern zum Umgang mit Konflikten festhalten. Wir können unsere Muster erkennen, reflektieren und verändern. Zielstellung in einer partnerschaftlichen Beziehung sollte es dabei sein, im Regelfall bestehende Konflikte in einer freundlichen, zugewanderten und liebevollen Atmosphäre miteinander offen zu besprechen mit dem Ziel der Lösung und Integration.
Eine neue psychologische Untersuchung, die soeben im Journal of counseling and development veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Art unseres Umgangs mit Konflikten in einer Beziehung maßgeblich von unseren eigenen Einstellungen zu Konflikten in Beziehungen abhängt.
Identifiziert und untersucht wurden in dieser Studie zwei sich gegensätzlich gegenüber stehende Konflikt-Einstellungen:
- Konflikte sind eine Bedrohung für die Stabilität und Zufriedenheit in einer partnerschaftlichen Beziehung
- Konflikte können helfen, die Zufriedenheit und die Stabilität in einer partnerschaftlichen Beziehung zu verbessern
Übrigens erfassen wir den Zugang zu Konflikten in partnerschaftlichen Beziehung bei Gleichklang ebenfalls und stellen hier in unseren Daten klar fest, dass es tatsächlich ein großes Spektrum von Einstellungen zu Konflikten gibt, die von dezidierte Bejahung bis hin zum Erleben von jedem Konflikt als Bedrohung gehen.
Unsere Einstellungen zu Konflikten beeinflussen, wie wir tatsächlich mit Konflikten in partnerschaftlichen Beziehungen umgehen, was wiederum maßgebliche Auswirkungen auf die Zufriedenheit und die Stabilität einer partnerschaftlichen Beziehung hat.
In der genannten Studie zeigten sich insbesondere folgende Konsequenzen:
- je stärker wir Konflikte als Bedrohung erleben, desto eher neigen wir in einer Partnerschaft dazu, Konflikte von vornherein zu vermeiden oder aber auch, den Partner zu dominieren. Beide Strategien scheinen zunächst eher gegensätzlich zu sein, sind es aber bei genauerer Betrachtung nicht. Denn wenn wir Konflikte als Bedrohung erleben, können wir diese subjektive Bedrohung reduzieren, indem wir entweder dem Konflikt von vornherein au dem Weg gehen oder aber uns so dominant verhalten, dass der Konflikt letztlich gar nicht ausgetragen wird, sondern ein Nachgeben des Beziehungspartners quasi erzwungen wird.
- je stärker wir Konflikte bejahen, desto eher neigen wir in einer Partnerschaft dazu, Konflikte zu klären und zu integrieren oder aber selbst nachzugeben. Auf den ersten Blick mag auch dieser Befund irritierend wirken, ist jedoch tatsächlich psychologisch gut verständlich. Menschen, die Konflikte grundsätzlich bejahen, sind eher bereit, sich auszusprechen, sich zu positionieren und nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Dies ist nicht erstaunlich. Menschen, die Konflikte grundsätzlich bejahen, fürchten aber auch ein Nachgeben weniger als Menschen, die Konflikte als Bedrohung erleben. Wer Konflikte als hilfreich erlebt, scheint insofern gleichzeitig souveräner zu sein und insofern auch einmal sich selbst zurücknehmen und nachgeben zu können, wenn es als sinnvoll erscheint.
Passung verhindert Trennung
Nicht verschweigen möchte ich, dass das Ergebnis einer Klärung und Integration auch eine Trennung sein kann:
- Wenn tief greifende, unvereinbare Gegensätze in für beide Seiten zentralen Fragen ihrer Lebensgestaltung und ihrer Werthaltungen vorliegen, mögen Strategien der Dominanz, des Nachgebens oder der Konfliktvermeidung kurzfristig eine Beziehung aufrechterhalten und eine Trennung verhindern können. Langfristig resultiert hieraus jedoch dauerhafte Frustration und Unzufriedenheit für beide Seiten, die sogar so stark werden können, dass der Konflikt letztlich destruktiv eskaliert. Klärung und Integration mögen hier zunächst als der schmerzlichere Weg erscheinen, ersparen jedoch beiden Seiten das Festhalten an einer durch funktionalen Beziehung und wechselseitige Unzufriedenheit.
Übrigens sind wir bei Gleichklang bemüht, unseren Mitgliedern solche Szenarien zu ersparen. Denn Trennung oder dauerhafte Frustration bis hin zu Destruktion treten vorwiegend dann auf, wenn tatsächlich tief greifende Unterschiede in Werthaltungen und im Lebensstil vorliegen. Entsprechend orientiert sich die Vermittlung von Gleichklang daran, solche tief greifenden Unterschiede gar nicht erst aufkommen zu lassen, in dem nur solche Personen wechselseitig einander vorgeschlagen werden, die von vornherein eine gute Übereinstimmung in zentralen Werthaltungen und Merkmalen des Lebensstils zeigen.
Wir können keine Wunder wirken und nicht alles, was Menschen womöglich doch trennt, kann von uns erhoben werden. Trotzdem können wir die positiven Auswirkungen unseres Matching-Algorithmus in den Ergebnissen der Nachuntersuchungen von Gleichklang-Paaren erkennen:
- nach wissenschaftlichen Studien gehen ca. 70 % aller neuen Beziehungen noch innerhalb des ersten Jahres auseinander, bei Gleichklang sind die Zahlenverhältnisse demgegenüber nach unseren Umfragen umgekehrt. Die große Mehrheit der Paare bleibt zusammen.
- diejenigen Gleichklang-Paare, die zusammen bleiben, schildern auch noch nach vielen Jahren eine sehr hohe Beziehungszufriedenheit und Beziehungsqualität
Eigenes Konflikt-Verhalten verbessern
Bei aller Vorauswahl können wir es unseren Mitgliedern aber nicht abnehmen, sich mit ihrem Umgang mit Konflikten auseinanderzusetzen und daran zu arbeiten, ihren eigenen Umgang so weit zu optimieren, dass im Regelfall eine Klärung und Integration von Konflikten möglich ist und so die Beziehungs-Zufriedenheit dauerhaft erhalten werden kann.
Noch bevor eine neue Beziehung entstanden ist, können Sie an dieser Thematik bereits arbeiten. Blicken Sie noch einmal zurück auf Ihre vergangenen Beziehungen:
- Welche Konflikt- und Reibungspunkte gab es? Wie war Ihre Einstellung zu Konflikten? Nahmen sie Konflikte als Bedrohung wahr oder bewerteten Sie sie als Chance zur Klärung? Wie sind Sie mit den Konflikten umgegangen? Wurden Konflikte vermieden? Haben Sie versucht, sich um jeden Preis durchzusetzen? Haben Sie vorschnell nachgegeben? Wie kam es zur Trennung? War die Trennung zu früh oder zu spät, verlief sie gemeinschaftlich-konstruktiv oder hostil-destruktiv? Was waren Ihre eigenen Anteile daran?
Vor allem:
- Was können und was wollen Sie künftig in einer neuen Beziehung anders handhaben?
Je früher Sie sich hierüber Gedanken machen, desto leichter wird es Ihnen fallen, in einer entstehenden neuen partnerschaftlichen Beziehung einen positiv-konstruktiven, offenen und klärenden Umgang mit Konflikten zu finden, anstatt Konflikte als Bedrohung zu erleben und dadurch letztlich selbst- und beziehungsschädlich zu reagieren.
Für die Klärung von Konflikten gilt dabei oftmals “der Ton macht die Musik“. Denn häufig sind es nicht nur die Inhalte, sondern es sind die Umgangsformen, die eine positive Klärung von Konflikten und eine gemeinsame Neu- und Umorientierung verhindern.
Denken Sie über Ihr eigenes Konfliktverhalten nach und tauschen Sie sich mit dem Partner aus. Treffen Sie Vereinbarungen, wie Sie Konflikte besprechen möchten. Sehen Sie Beziehung dabei auch als einen Lernprozess, in dem nicht alles perfekt sein muss, aber vieles verbessert werden kann. Hierzu gehört, zu den eigenen Fehlern zu stehen und diese einzugestehen, wenn Sie im Unrecht waren, aber genauso zu verzeihen, wenn Unrecht aufseiten des Partners lag.
Tatsächlich zeigen auch empirische Befunde, dass die Bereitschaft und Fähigkeit zum Verzeihen gerade für jahrzehntelang bestehende glückliche Beziehungen ein wichtiger, ja unverzichtbarer Faktor ist.
Die Take-Home-Message lautet:
Haben Sie keine Angst vor Konflikten. Erkennen Sie das positive Potenzial, welches Konflikte für eine Beziehung haben können.
Greifen Sie gegebenenfalls auf alle vier Strategien zurück, wenn dies sinnvoll und opportun ist, orientieren sie sich aber übergreifend, schwerpunktmäßig und im Regelfall an dem Ziel, einen Konflikt offen und zugewandt zu klären und die wechselseitigen Vorstellungen miteinander zu integrieren.
In der Phase der Partnersuche haben Sie genug Zeit, sich hierauf vorzubereiten. Tun Sie dies, denn es wird Ihnen helfen, wenn der Ernstfall – hoffentlich bald – eintritt.