Positiv-Zeichen beim ersten Treffen
Viel sprechen wir über Befürchtungen, Hemmungen und negative Erfahrungen beim Online-Dating. Heute schreibe ich einmal über die Positiv-Signale, die bereits beim ersten Treffen (oder vorher) eintreten können.
Hierzu hat Raven M. Krautkramer eine ▶ Doktorarbeit vorgelegt, in der sie das Erleben beim ersten Treffen von zehn Frauen untersuchte, bei denen sich aus diesem ersten Treffen tatsächlich eine Partnerschaft entwickelte. Alle zehn Frauen hatten ihre Partner ursprünglich Online kennengelernt. Ihre Partnersuche war also zum Ziel gelangt.
Das Vorgehen war folgendermaßen:
- Die Autorin führte eine umfassende qualitative Analyse der über Interviews erhobenen Gesamterfahrungen der betreffenden Frauen durch, aus der sie fünf übergreifende Positiv-Kategorien herausarbeiten konnte, die von den befragten Frauen als entscheidend für ihren Beziehungseintritt erlebt wurden.
- Dass nur zehn Frauen untersucht wurden, ergibt sich übrigens aus dem enormen Aufwand, der mit solchen qualitativen Analysen verbunden ist. Die geringe Anzahl untersuchter Personen wird dabei durch die Tiefe der ermöglichten Einblicke aufgewogen. Es geht bei solchen Studien nicht um repräsentative Schätzungen, sondern um die Herausarbeitung möglicher Erlebensweisen und Verläufe, mit deren Hilfe wir sodann eigene Erfahrungen besser einordnen und verstehen können.
Signale der Zielerreichung
Wie merken wir im besten Fall bereits beim ersten Treffen, dass das Online-Dating in sein Ziel einmündet?
Dies sind die Indikatoren, die Raven M. Krautkramer identifizieren konnte:
- Wohlbefinden: Oft wird Online-Dating als seltsam, künstlich, merkwürdig erlebt. Umso erfreuter waren die Betreffenden, wenn sie feststellten, sich beim ersten Treffen wohlzufühlen. Wärme, Entspannung, ▶ Zufriedenheit wurden als Aspekte eines sich bereits beim ersten Treffen zeigenden Wohlbefindens genannt.
- Verbindung: Über Wohlbefinden hinaus, kann das Gefühl einer sofortigen Verbindung eintreten, was die Dramatik der Liebe auf den ersten Blick annehmen kann, aber auch mit dem Begriff der Chemie beschrieben wird. Die Betreffenden erleben Kompatibilität.
- Verstanden werden: Zu einem guten Teil bestehen unsere romantischen Wünsche und Sehnsüchte darin, ▶ verstanden zu werden. Umso innerlich bedeutsamer ist der Eindruck, dass die Dating-Partner:innen tatsächlich zuhören und begreifen.
- Geteilte Werte und Ziele: Miteinander ▶ geteilte Werte und Ziele eröffnen den Weg zu einer gemeinsamen Zukunft. Über die Chemie hinausgehend wird dadurch das Kompatibilitätserleben auf eine geistige und motivationale Ebene gebracht.
- Transparenz: Love-Scammer, Catfisher, Personen, die andere Motive vorgeben, als sie sie wirklich habe – das Potenzial negativer Erfahrungen und Enttäuschungen ist groß. Werden ▶ Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Transparenz deutlich, entsteht Sicherheit.
Wie viele Signale?
Übrigens erlebte nur eine der befragten zehn Frauen alle 5 Signale bei ihrem ersten Treffen mit ihrem späteren Partner.
- Die Anzahl gegebener Signale schwankte in der Stichprobe zwischen 2 und 5. Wären nicht zehn, sondern 100 Frauen befragt worden, hätte die Schwankungsbreite sicherlich zwischen Null und 5 gelegen.
Aussage der Signale
Jedes einzelne Signal vergrößert unsere Möglichkeiten, uns auf die andere Person einzulassen und so letztlich – bei weiteren Treffen – auch noch die anderen Signale sichtbar zu machen:
- Wohlbefinden befreit uns von Hemmungen und Befürchtungen und ermöglicht uns so einen positiven Austausch.
- Verbindung zieht uns emotional an, sodass unser Wohlbefinden spezifisch mit der Präsenz der anderen Person assoziiert ist.
- Verstanden werden erfüllt ein zentrales romantisches Bedürfnis und verstärkt das Gefühl, mit der richtigen Person zusammen zu sein.
- Gemeinsame Werte und Ziele vertiefen nicht nur unsere Sympathie und können uns auch den Eindruck geben, dass eine Beziehung zukunftsfähig ist.
- Transparenz gibt uns den Raum, eine mögliche Beziehungsentstehung tatsächlich auszuloten und zu validen Eindrücken zu gelangen.
Vom einen zum anderen Signal
Jedes einzelne Signal eröffnet den anderen Signalen somit eine Chance:
- Fühlen wir uns nur wohl, werden wir uns beispielsweise eher auf ein weiteres Treffen ein lassen, in dessen Verlauf womöglich Verbindung oder verstanden werden resultiert.
- Besteht klare Transparenz, brauchen wir uns weder zu verstellen noch Verstellung zu befürchten und können so mit mehr Gelassenheit beobachten, ob weitere Signale sichtbar werden.
- Erleben wir eine Verbindung, wird wahrscheinlich auch Wohlbefinden entstehen und über einen vertieften Austausch werden wir zu weiteren Eindrücken gelangen.
- Stellen wir geteilte Werte und Ziele fest, können wir uns mit mehr Gelassenheit emotional einlassen und fallen lassen, da vermutlich eine gemeinsame Basis entstehen wird.
- Transparenz kann uns den sicheren Boden geben, um unsere emotionale, geistige und körperliche Passung weiter zu erproben.
Worauf achten?
Die Kenntnis der möglichen Signale gibt uns Hinweise, worauf wir achten oder auch was wir tun können, gerade wenn wir bei einem ersten Treffen keine innere oder wechselseitige Klarheit herstellen können:
- Transparenz herzustellen, auch über die aktuellen Gefühle und Eindrücke beim Treffen, kann hilfreich sein, um eine Vertiefung zu ermöglichen. Umgekehrt sind Anzeichen für mangelnde Transparenz und geringe Offenheit ein Signal an uns, nachzufragen und zu beobachten. Nur wenn eine tragfähige Auflösung gelingt, macht ein weiterer Weg Sinn.
- Wohlbefinden, Verbindung und verstanden werden sind enorm motivierend. Diese Erfahrung können wir zum Anlass nehmen, eine gemeinsame Wert- und Zielbasis zu explorieren – oder sogar über eigene Veränderung nachzudenken. Nicht im Sinne einer Aufgabe der eigenen Person, sondern einer Erweiterung, die durch Wohlbefinden, Verbindung und verstanden werden möglich wird.
- Tritt keine Verbindung ein, aber alles andere stimmt, kann dies ein starkes Argument sein, den Weg über weitere Treffen miteinander zu gehen. Denn Verbindung kann über wachsende Vertrautheit entstehen, wenn die Basis stimmt. So zeigen zahlreiche Studien, dass wir dazu neigen, das zu mögen, was uns vertraut ist. Ist eine Grundlage vorhanden, spricht nichts dagegen, diesem Effekt eine Chance zu geben. Dabei braucht eine erlebte Verbindung nicht magisch zu sein, sie kann es sein, aber auch Beziehungen, bei denen diese Magie weniger oder nicht vorhanden ist, können tragfähig und glücklich werden.
Negative Erfahrungen
Diesen Positiv-Signalen gegenüberstehen mögliche negative Erfahrungen oder Befürchtungen. Leider können diese sogar so ausgeprägt sein, dass sie positive Erfahrungen abblocken, auch wenn diese möglich gewesen wären.
Jedenfalls sehe ich aus unseren Umfragen und beim ▶ Coaching immer wieder, dass negative Erwartungen so stark internalisiert sein können, dass sie immer wieder an entstehende Kontakte herangetragen werden.
Ein entscheidender Faktor ist dabei die Ablehnungs-Sensibilität:
- Eine hohe Ablehnungs-Sensibilität haben wir, wenn wir unter Ablehnung stark leiden (Belastung) und außerdem Ablehnung erwarten (Erwartung).
Beide Einzelkomponenten müssen gegeben sein, was sich anhand der multiplikativen Verknüpfung von Erwartung und Bewertung gut darstellen lässt:
Ablehnungs-Sensibilität = Erwartung von Ablehnung * Belastung durch Ablehnung
Ist nur einer der beiden Faktoren Null, dann ist auch die Ablehnungs-Sensibilität Null. Das ergibt Sinn:
- Erwarten wir eine Ablehnung, aber leiden nicht unter ihr, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.
- Leiden wir unter Ablehnung, aber erwarten sie nicht, werden ebenfalls keine Sorgen aufkommen.
Schlecht dran sind wir aber, wenn wir Ablehnung erwarten und unter Ablehnung leiden:
- Studien zeigen, dass eine hohe Ablehnungs-Sensibilität zu Depressionen führen kann, wobei insbesondere nach tatsächlichen Verlusten die Depressivität von Personen mit hoher Ablehnungs-Sensibilität in die Höhe schnellt.
Ablehnungs-Sensibilität kann sich ▶ negativ auf unser Online-Dating auswirken, auch im Sinne von unbewussten Ablehnungs-Haltungen:
- Es werden keine Erstnachrichten geschrieben, Verabredungen werden verzögert oder abgesagt, das erste Treffen wird als anstrengend und belastend erlebt. Manchmal wird deshalb das Online-Dating nur halbherzig betrieben oder sogar ganz eingestellt.
Die Angst, abgelehnt zu werden, kann übrigens zusammentreffen mit der ▶ Angst, abzulehnen, was alles noch schwerer macht.
Erfolgskurs für das Online-Dating
Auf Erfolgskurs beim Online-Dating gehen wir, wenn wir uns von negativen Erwartungen befreien und dadurch den positiven Dating-Signalen die Chance geben, sichtbar zu werden.
Dies sind wirksamen Strategien
- Betrachten Sie das Kennenlernen nicht als eine Bewerbung (▶ Online-Dating ist keine Bewerbung), sondern ganz gelassen als eine Chance, miteinander zu erkennen, ob wir gemeinsam glücklich werden können.
- Machen wir uns klar, dass uns nicht jeder zu lieben braucht, sondern für eine Beziehung uns im Regelfall eine Person genügt.
- Lernen wir, Ablehnung als einen Gewinn zu betrachten, der uns vor einer unschönen Beziehung schützen kann. Können wir hiermit gelassen umgehen, geraten wir gleichzeitig nicht in Gefahr, allen aus unseren inneren Voreinstellungen heraus, Ablehnung zu provozieren.
- Verlangen wir nicht zu viel – bei allen der zehn Frauen, die Raven M. Krautkramer untersuchte, entstand eine Beziehung, aber nur bei einer von ihnen waren alle fünf Signale bereits beim ersten Treffen vorhanden.
- Freuen wir uns einfach an den positiven Signalen, die eintreten, und geben wir – wenn nicht eine klare Aversion dagegen spricht – der Sichtbarkeit oder dem Entstehen der Signale weitere Chancen über weitere Begegnungen.
Übrigens gibt es einen weiteren, leicht umsetzbaren Weg, um manche Befürchtungen vor dem ersten Treffen zu mindern:
- Schalten Sie dem ersten Treffen ein Video-Gespräch vor. Tun Sie dies, brauchen Sie nicht zu befürchten, die andere Person nicht anhand des Bildes zu erkennen oder von dieser nicht erkannt zu werden. Das ist ein häufiges Phänomen beim Online-Dating. Auch merken Sie so, ob auch bei einer an das erste Treffen angenäherten visuell-auditiven Umgebung ein Fluss, Resonanz und weiteres Kennenlern-Interesse entstehen. Ist dies der Fall, sind die meisten Sorgen unbegründet und das erste Treffen wird ganz natürlich das fortsetzen, was bereits begonnen wurde.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele auch von denen, die Ängste vor dem ersten Treffen aus genau diesen Gründen haben, auf eine vorherige Video-Konferenz verzichten.
Im Resümee ist es essenziell, dass wir beim Online-Dating positive Signale wahrnehmen und ihnen eine Chance geben. Wohlbefinden, Verbindung, verstanden werden, geteilte Werte und Ziele sowie Transparenz können uns deutlich machen, dass wir uns auf Kurs befinden. Bereits ein Signal kann hilfreich sein und den Weg für das Entstehen weiterer Signale bahnen.
Die höchste Chance, zum Ausdruck zu kommen, haben diese Signale, wenn wir uns von unseren stärksten Befürchtungen befreien und mit mehr Gelassenheit an die Beziehungssuche herangehen.
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Wir erfahren jeden Tag, dass dies möglich ist und möchten auch Sie gerne auf Ihrem Weg zum Beziehungsglück begleiten:
Wie denken Sie selbst zu diesem Thema, was sind Ihre Erfahrungen? Schreiben Sie uns diese gerne unten in die Kommentare.
Weitere Links:
Leider sagt die Studie nichts darüber aus, ob die genannten 5 Positiv-Signale tatsächlich die Chance auf eine Partnerschaft erhöhen, da hierzu auch die Häufigkeit des Auftretens dieser Signale bei Begegnungen gemessen werden müsste, die *nicht* zu einer Partnerschaft geführt haben.
Ebenso kann sich die Situation für Männer völlig anders verhalten, da ausschließlich Frauen befragt wurden. Meine anekdotische Erfahrung (als Mann) ist nämlich genau so: Ich habe schon häufig mindestens 2, meist 4 (bis auf “Verstanden Werden”) dieser Signale wahrgenommen und bekam trotzdem einen Korb (was mittlerweile sicherlich auch zu erhöhter Ablehnungs-Sensibilität bei mir geführt hat).
Für mich ist dieser persönliche empirische Befund letztlich kontraintuitiv und verunsichernd, und ich frage mich, ob wir hier schlicht ein weiteres krasses Dating-Gender-Gap haben und es tatsächlich vielen Männern so ergeht, oder ob generell so wenige Menschen diese Positiv-Signale *aktiv zulassen*, dass sie deshalb in der Praxis kaum zur erfolgreichen Partnerfindung beitragen – es wäre doch psychologisch schließlich plausibel, dass *beide* Beteiligten diese Signale wahrnehmen müssen, um die Chance auf eine erfüllende Beziehung damit zu erhöhen.
Es handelt sich hier nicht um eine quantitative Studie, sondern eine qualitativ, verstehende Analyse, die uns einen tieferen Einblick in das Erleben von Partnersuchenden – in diesem Fall zehn Frauen – vermitteln soll. Oftmals helfen uns solche Auswertungen in Real-World-Szenarien mehr weiter als quantitative Studien, die zwar Kausalschlüsse ermöglichen, aber im Bereich des Datings leider nicht selten trivial sind. Die Interpretation solcher qualitativen Studien ist verstehend, aber auch auf der Basis vorliegender psychologischer Theorien etc. Letztlich ist das Kriterium, ob es einzelnen weiterhilft.
Du hast recht, dass letztlich für eine Beziehung Wechselseitigkeit notwendig ist, wobei es aber nicht immer die gleichen Signale sein müssen. Zudem kann es vorkommen, dass eine Person sich angezogen fühlt und die andere nicht. Das ist nicht selten der Fall. Ablehnungs-Sensibilität wirkt sich negativ aus. Hier ist es wichtig, eine gewisse Ablehnungs-Toleranz zu entwickeln, auch damit diese nicht die eigene Motivation senkt oder durch eigene Reaktionen zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird.
Wir erleben in unseren Umfragen und Rückfragen übrigens kein krasses Gender-Gap, eher dass manche Mitglieder so ein Gap vermuten, obwohl alle Geschlechter/Gender tatsächlich Ähnliches berichten.