Romantische Orientierungen
Wussten Sie, dass es grundlegende Orientierungen zu Liebe und Romantik gibt, die Sie maßgeblich in Ihrem eigenen Liebeserleben prägen?
Mehr über diese Orientierungen zur Liebe erfahren Sie in meinem heutigen Artikel.
Der Artikel ist, wie viele meiner Artikel (und auch meine ▶Videos), recht umfangreich. Das mag nicht jeder. Kein Problem! Denn hier gelangen Sie mit einem Klick zur ▶ Zusammenfassung.
Umfrage macht romantische Orientierungen sichtbar
Soeben wurde unsere Umfrage zu den Storys of Love mit 1000 Teilnehmenden abgeschlossen. Ein erste Auswertung zeigt, dass sich die mehr als 80 Storys statistisch aufgrund ihrer Zusammenhänge untereinander auf neun große Themen reduzieren lassen.
Diese Themen können wir als “Orientierungen zur Liebe” verstehen;
- Jede Grundorientierung kann dabei durch eine Vielzahl an Einzelstorys ausgefüllt werden. So wie wir auch im Bereich der Sexualität unsere sexuelle Grund-Orientierung auf verschiedene Art und Weise und mit verschiedenen Personen ausfüllen können.
Ich denke, die Analogie macht gleichzeitig deutlich, wie hilfreich es sein kann, auch unsere romantische Grundorientierung zu kennen.
Im Folgenden werde ich die 9 großen romantischen Orientierungen beschreiben.
Der Artikel gibt Antworten auf folgende Fragen geben:
- Was sind die 9 romantischen Grundorientierungen?
- Stimmen Partner:innen in ihren romantischen Grundorientierungen typischerweise überein?
- Gibt es Grundorientierungen, die uns eher glücklich oder unglücklich machen?
- Welche Rolle spielt die Passung in den Grundorientierungen für unsere Zufriedenheit?
- Was folgt hieraus für Partnersuche und Beziehungsgestaltung?
Identifikation der neun Grundorientierungen
Als eine Grundorientierung definiere ich eine thematische Ausrichtung bezüglich der Liebe, die eine Gemeinsamkeit zwischen einer Reihe von Einzelgeschichten darstell:
- Gemeinsamkeit von Amseln und Hühnern ist beispielsweise, dass sie beide Vögel sind.
- Gemeinsamkeit von Liebe als Horror und Liebe als Abhängigkeit ist, dass sie beide zu negativen Gefühlen führen.
- Gemeinsamkeit von Liebe als Reise und Liebe als Garten ist, dass sich für die Beziehung engagiert wird.
- Gemeinsamkeit von Liebe als (konservative) Religion und Liebe als Erfüllung einer Geschlechternorm ist der Traditionsbezug.
- Gemeinsamkeit von Liebe als House and Home-Story und als Güterteilung ist die Planung und Umsetzung der gemeinsamen Lebens- und Versorgungssituation.
- Gemeinsamkeit von Liebe als Familiengründung und Liebe als Fortpflanzung sind Kinder, die in das gemeinsame Leben integriert werden etc.
Die Gemeinsamkeiten der Storys, die hinter den Grundorientierungen stehen, habe ich allerdings nicht inhaltsanalytisch herausgearbeitet, sondern statistisch:
- Aus den empirischen Zusammenhängen (Korrelationen) zwischen den einzelnen Storys wurden die Grundorientierungen rein statistisch (faktorenanalytisch) identifiziert und erst danach habe ich sie aufgrund der Storys, die sie definieren, interpretiert und benannt.
Alle Orientierungen in zwei Perspektiven
In der Umfrage haben wir die Teilnehmenden nicht nur im Hinblick auf die eigene Story erfragt, sondern auch im Hinblick auf die durch die Teilnehmenden angenommenen, wahrgenommenen oder vermuteten Storys ihrer Partner:innen.
Die neun von mir hier vorgestellten Grundorientierungen kennzeichnen sich jeweils dadurch, dass sie in hochgradig ähnlicher Zusammensetzung sich sowohl bei der Analyse der auf die eigene Perspektive ausgerichteten Daten als auch bei Analyse der auf die Perspektive der Partner:innen ausgerichteten Daten identifizieren ließen.
Bei den Geschichten der Partner:innen handelte es sich allerdings nicht um die von den Partner:innen selbst geschilderten Geschichten, sondern um die Wahrnehmung der Partner:innen durch die Linse der Teilnehmer:innen selbst.
Das macht die Ergebnisse aber nicht weniger interessant:
- Es wird in der Beziehungspsychologie beispielsweise von objektiver und subjektiver Ähnlichkeit gesprochen. Die objektive Ähnlichkeit wird erfasst, wenn Partner:innen unabhängig voneinander befragt werden. Die subjektive Ähnlichkeit wird erfasst, wenn Teilnehmende sich selbst und ihre Partner:innen einschätzen.
Interessanterweise weisen ▶ Studien darauf hin, dass die subjektive Übereinstimmung für die Beziehungszufriedenheit wichtiger ist als die objektive Übereinstimmung:
- Wenn wir also den Eindruck haben, am gleichen Strang zu ziehen, macht uns dies bereits glücklich, selbst dann, wenn es bei Befragung der Partner:innen doch nicht als der gleiche Strang erscheint.
Wie können wir uns solche Konstellationen vorstellen?
Ein Beispiel zur Verdeutlichung:
- Judith ist engagiert in der Klimaschutzbewegung und sie erlebt hier eine große Verbundenheit zu ihrem Partner Mark, der mit ihr zu allen Veranstaltungen und Protesten geht. Für sie ist Liebe ein “Gemeinsam für eine bessere Welt”. genau diese Story teilt sie, so ihre Überzeugung, mit Mark und dies macht sie glücklich. Wird Mark aber separat gefragt, zeigt sich, dass dieser vor allem gerne zu den Veranstaltungen geht, das Abenteuer und auch die Gemeinsamkeit mit Judith mag. Hierin sieht er die Basis seiner Liebe. Seine Story ist nicht das “Gemeinsam für eine bessere Welt”, sondern “gemeinsame Aktivitäten” und “spannende Aktivitäten”. Objektiv sind Judith und Mark sich bezüglich ihrer Einstellungen zum Klimaschutz also wenig ähnlich. Judith erlebt dies aber anders und dies wirkt sich positiv auf ihre Beziehungszufriedenheit aus.
In Wirklichkeit ist auch diese subjektive Übereinstimmung natürlich nicht völlig willkürlich. So erlebt Judith deshalb eine hohe Übereinstimmung in den Werten und Zielen, weil beide objektiv etwas ähnliches tun und auf die gleichen Veranstaltungen und Proteste gehen. Ihre Geschichten sind zwar nicht die gleichen, aber sie sind miteinander kompatibel.
Der Irrtum von Judith bezieht sich also nur auf die Art der Übereinstimmung, ihre Wahrnehmung ist aber keineswegs illusionär:
- Es besteht eine Übereinstimmung, aber in anderen Storys als sie denkt. Aber auch diese Übereinstimmung ist geeignet, die Verbindung zwischen ihr und Mark zu vertiefen.
Dies sind die neun Grundorientierung der Liebe
- Liebe als Leid und Schmerz: Liebe als Horror, Schmerz, Terror, Gewalt, Gefängnis, Ausbeutung, interessanterweise auch Abhängigkeit, Eifersucht, Wettbewerb sind einige der Storys, die auf diesem Themen-Faktor ihre höchsten Ladungen aufweisen. Degradierung, Unterwerfung, Macht, aber auch Scham und Besessenheit sind weitere Beispiele.
- Liebe als Engagement: Liebe als Lehren und Lernen, Garten, Reise, Selbsterweiterung, Spiritualität, Vertrautheit, Demokratie, Einsatz für eine bessere Welt, Freundschaft und Dauerhaftigkeit laden auf diesem Themenfaktor.
- Liebe als Errettung und Aufopferung: Hier finden sich mit ihren höchsten Ladungen die Storys der Liebe als Errettung aus einem Beziehungs-Trauma, Errettung aus seelischer Not, Errettung aus materieller Not, aber auch als Aufopferung, verschworene Gemeinschaft, Märchen und Besitz.
- Liebe als Monogamie versus Nicht-Monogamie: Dies ist eine bipolares Orientierung, welches diejenigen, für die Liebe eine monogame Zweierbeziehung ist, von denjenigen trennt, die für offene Beziehungen, Polyamorie, Gruppenbeziehungen eintreten. Theoretisch kann beides (als Optionen) zusammengehen, in der Praxis schließen sich die beiden Enden des Kontinuums aber eben meistens aus. Die monogame Gruppe sieht eine Einheit zwischen Sex und Liebe, die nicht-monogame Gruppe unterscheidet zwischen beiden.
- Liebe als Lust und Sex: Die Storys der Liebe als Lust, Sex, Sex als unverzichtbarer Teil der Liebe, aber auch der Liebe als Spiel und der Liebe als gutes Aussehen kennzeichnen diese romantische Orientierung. Wer diese Orientierung hat, für den spielt Sex eine herausragende Rolle in der Liebe.
- Liebe als Nutzen und Nüchternheit: Die Storys wirken etwas heterogen, aber gemeinsam ist ihnen die Betonung von Nüchternheit und Nutzen der Liebe. Es sind die Storys der Liebe als Wissenschaft, Geschäftsbeziehung, erkaufter Liebe, eigener Käuflichkeit, Tauschbeziehung, Sammlung und als Kochbuch, die alle auf dieser Orientierung laden.
- Liebe als Moment der Freiheit: Auf diese Orientierung laden die Storys der Anarchie, Freiheit, des Hier und Jetzt, und interessanterweise auch die Story der Liebe als Kunst, was der Beobachtung entspricht, dass (wahre) Künstler:innen oft anarchisch sind und Kunst die Freiheit braucht.
- Liebe als Lebens- und Versorgungsgemeinschaft: Hierzu gehört neben der klassischen House and Home-Story auch die Story der Güterteilung. Haus und gemeinsame Versorgung gehen also Hand in Hand. Das Thema ist bipolar strukturiert und trennt diejenigen mit der House and Home-Story und Güterteilungs-Story von denen, für die Liebe eher eine Situationship ist oder die besonders großen Wert auf Unabhängigkeit legen. Letztere ziehen eher eine Fernbeziehung und Gütertrennung vor. Warum ist die Story der Situationship am entgegengesetzten Pol? Nun, wer eine Beziehung als zeitlich begrenzte, temporäres Arrangement sieht, wird meistens auf Güterteilung und ein gemeinsames Haus verzichten.
- Liebe als Familiengründung: Diese erneut bipolare Orientierung unterscheidet zwischen denen, die Liebe als Fortpflanzung und Familiengründung sehen, und denen, die keine eigenen Kinder haben wollen. Theoretisch können auch diese sogenannten Antinatalist:innen durchaus eine Familie gründen wollen (Adoptivkinder, Pflegekinder), empirisch ist dies aber meistens nicht nur Hauptstreben, während Familiengründung bei denen, die sich fortpflanzen wollen, typischerweise ein sehr zentrales Motiv ist.
Zusammenhänge zur Beziehungs-Zufriedenheit
Es stellt sich zunächst die Fragestellung, ob die 9 romantischen Orientierungen in sich unsere Beziehungszufriedenheit fördern oder beeinträchtigen.
Genau genommen lässt sich dies durch die Umfrage nicht feststellen. Feststellen lässt sich aber, ob es statistisch Zusammenhänge gibt, die dann wiederum psychologisch entsprechend als Förderung oder Beeinträchtigung interpretiert werden können.
Ich stelle zunächst die Befunde dar und interpretiere sie dann einordnend. Dabei wird jeweils unterschieden zwischen den Einflüssen der neun Orientierungen aus zwei Perspektiven:
- die eigene Orientierung
- die (angenommene) Orientierung von Partner:innen
Diese beiden Perspektiven brauchen nicht identisch zu sein und sind es auch nicht, wohl aber typischerwseise ähnlich.
(Da die Einstufung der eigenen Person mit der eigenen Einstufung von Partner:innen korreliert ist, beruhen die folgenden Ergebnissen jeweils auf den bereinigten Effekten, also von der eigenen Orientierung bei Kontrolle der Orientierung der Partner:innen und umgekehrt.)
Diese Zusammenhänge zur Beziehungszufriedenheit werden erkennbar:
Das Thema “Leid und Schmerz” reduziert die Beziehungszufriedenheit, wobei dies aber nur für die eigene Orientierung gilt, nicht für die (angenommene) Orientierung von Partner:innen. Unglücklich werden wir also vorwiegend dann, wenn wir selbst die Liebe beispielsweise als Horror oder Terror sehen oder uns als abhängig erleben. Ob dies unsere Partner:innen tun oder nicht, beeinflusst unser Befinden nicht, wenn unsere eigene Orientierung herausgerechnet wird. Erkennbar wird hier also ein starker Selbstbezug der Auswirkungen auf die Beziehungszufriedenheit.
“Engagement für die Beziehung” erhöht die Beziehungszufriedenheit, wenn es sich um die Orientierung unserer Partner:innen handelt. Keine Rolle spielt dies für unsere Beziehungszufriedenheit jedoch, wenn es unsere eigene Orientierung ist. Wenn wir also Partner:innen als engagiert für unsere Beziehung wahrnehmen, sind wir zufriedener. Unsere eigene Orientierung zur Liebe als “Engagement” beeinflusst unsere Beziehungszufriedenheit darüber hinaus nicht.
Liebe als “Moment der Freiheit” erhöht als Orientierung unserer Partner:innen unserer eigene Beziehungszufriedenheit. Haben Partner:innen diese Orientierung, werden sie viel Freiheit geben. Davon profitieren wir offenbar, wobei es keinen Unterschied macht für unsere Beziehungszufriedenheit, ob wir selbst Freiräume geben.
“Nutzen und Nützlichkeit” weist als einziges Thema einen komplexen und gegenläufigen Zusammenhang zur Beziehungszufriedenheit zwischen der eigenen Orientierung der (angenommenen) Orientierung der Partner:innen auf:
Nehmen wir bei Partner:innen eine Orientierung an Nutzen und Nüchternheit wahr, sind wir eher unzufrieden mit unseren Beziehungen. Haben wir aber selbst diese Orientierung, steigt unsere Zufriedenheit eher an. Wir können also durchaus von dieser Orientierung selbst profitieren, wenn wir diese Perspektive einnehmen, mögen es aber nicht bzw. werden unzufriedener, wenn unsere Partner:innen dies tun.
“Monogamie versus Nicht-Monogamie”, “Errettung und Aufopferung”, “Lust und Liebe”, “Lebens- und Versorgungsgemeinschaft”, sowie “Familiengründung versus Kinderlosigkeit” zeigen keinerlei Zusammenhänge zur Beziehungszufriedenheit. Dies bedeutet, dass diese Orientierungen die Beziehungszufriedenheit im Durchschnitt weder erhöhen noch vermindern.
Wenn kein Zusammenhang besteht, bedeutet dies, dass wir in unseren Beziehungen – abhängig von anderen Faktoren – glücklich oder unglücklich werden können, die Orientierung an sich hier aber keine durchschnittliche Richtung vorgibt. Monogame oder nicht-monogame Orientierungen unterscheiden sich also beispielsweise nicht in ihrem Glückspotenzial.
Interim-Interpretation
- Vier der neun Orientierung weisen durchschnittlich Zusammenhänge zur Beziehungszufriedenheit auf. Allerdings zeigen sich recht komplexe Ergebnisse bezüglich der eigenen Orientierung und der Partner-:Orientierung.
- Engagement und Freiheit als romantische Orientierung von Partner:innen fördern die Beziehungszufriedenheit, vermutlich deshalb, weil Partner:innen sich engagieren und Freiheit geben.
- Leid und Schmerz als romantische Orientierung schädigt die Beziehungszufriedenheit, wenn sie die eigene Person betreffen, während die entsprechende Orientierung von Partner:innen sich nicht direkt auswirkt.
- Wir können offenbar durchaus von einer gewissen Orientierung an Nutzen und Nüchternheit profitieren, womöglich, weil wir so besser unsere Interessen und Bedürfnisse vertreten können. Allerdings sinkt unsere Zufriedenheit, wenn Partner:innen dies tun.
Erkennbar wird, dass wir auch in Beziehungen offenbar durchaus oftmals deutlich selbstbezogen agieren bzw. unsere Zufriedenheit offenbar vorwiegend von den Auswirkungen auf die eigene Person abhängt.
Allerdings ist das Ergebnis nicht so “deprimierend”, wie es womöglich aus einer romantischen Sicht zunächst scheint:
- Zwar profitieren wir direkt nur z.B. vom Engagement der Partner:innen, aber umgekehrt gilt dies natürlich auch. Wenn wir uns engagieren, werden also die Partner:innen zufriedener. Zudem neigen wir dazu, uns wechselseitig zu beflügeln. Engagiert sich die eine Person, wird dies womöglich auch die andere eher tun.
- Das Glück der Einheit “Beziehung” wird also auch mit diesen Befunden typischerweise dadurch maximiert, dass förderliche Aspekte von allen Beteiligten umgesetzt werden. Nur bei der Orientierung Nutzen und Nüchternheit mag dies auf den ersten Blick anders sein. Allerdings werden eben auch hier Partner:innen reagieren und insofern dürfte sich ein stärkerer Rückgriff auf diese Orientierung durch die eigene Person letztlich nicht günstig auswirken.
Dies berücksichtigt, lässt sich zusammenfassen, dass “Engagement” und “Freiheit” sich günstig auswirken, während “Leid und Schmerz” sich ungünstig auswirken und “Nutzen und Nüchternheit” sich vermutlich in einer Gesamtbetrachtung ebenfalls ungünstig auswirkt.
Zusammenhänge zur sexuellen Zufriedenheit
Sechs Orientierungen beeinflussen im Durchschnitt die sexuelle Zufriedenheit:
- “Lust und Sex” erhöht die sexuelle Zufriedenheit, und zwar in beiden Orientierungen. Am höchsten ist also die sexuelle Zufriedenheit, wenn beide (alle) sich am Thema der Liebe als “Lust und Sex” orientieren. Der Effekt von “Lust und Sex” auf die sexuelle Zufriedenheit ist höher als der Effekt aller anderen Orientierungen.
- “Leid und Schmerz” senkt die sexuelle Zufriedenheit, wenn es die eigene Orientierung ist, nicht aber, wenn es die Partner:innen betrifft. Ähnlich war es bereits bei der Beziehungszufriedenheit.
- “Engagement” erhöht die sexuelle Zufriedenheit, wenn es von den Partner:innen ausgeht. Das eigene Orientierung hat keinen Einfluss. Auch dies entspricht dem Effekt bei der Beziehungszufriedenheit.
- “Moment der Freiheit” verbessert die sexuelle Zufriedenheit, wenn dies die Orientierung der Partner:innen ist, die Freiheit geben. Als eigene Orientierung ergibt sich kein Zusammenhang zur sexuellen Beziehungszufriedenheit, wie es sich auch bei der Beziehungszufriedenheit zeigte.
- “Errettung und Aufopferung” reduziert die sexuelle Zufriedenheit als Orientierung der Partner:innen, hat aber keinen Einfluss als eigene Orientierung auf die Beziehungszufriedenheit. Wenn Partner:innen Beziehung als Errettung aus der Not sehen, sind wir also eher sexuell unzufriedener.
- “Nutzen und Nüchternheit” reduziert die sexuelle Zufriedenheit, wenn dies die Orientierung der Partner:innen ist, nicht aber, wenn es die eigene Perspektive ist. Bei der Beziehungszufriedenheit, führte eine eigene Orientierung an “Nutzen und Nüchternheit” eher zu einer höheren Beziehungszufriedenheit, was sich bei der sexuellen Zufriedenheit nicht zeigt.
Keinen Einfluss auf die sexuelle Zufriedenheit haben die Themen “Monogamie versus Nicht-Monogamie”, sowie Liebe als “Lebens- und Versorgungsgemeinschaft”.
- Zusammenfassend, wirkt sich insbesondere die Orientierung “Lust und Sex” dezidiert günstig auf unsere sexuelle Zufriedenheit aus. Günstig wirken sich ebenfalls aus “Freiheit” und “Engagement”. Ungünstig wirken sich aus “Errettung und Aufopferung”, “Nutzen und Nüchternheit”, sowie “Leid und Schmerz”.
Gesamteinordnung zu den Einflüssen der Orientierungen
Die am stärksten generalisierte positive Gesamtwirkung auf Zufriedenheit haben die Orientierungen “Engagement” und “Freiheit”. Positiv auf die sexuelle Zufriedenheit wirkt sich insbesondere die Orientierung “Lust und Sex”. Am stärksten generalisiert negativ wirkt sich die Orientierung “Leid und Schmerz” aus, gefolgt von “Nutzen und Nüchternheit”, wobei auch “Errettung und Aufopferung” sich selektiv negativ auf die sexuelle Zufriedenheit auswirkt.
Keinerlei durchschnittliche Auswirkung auf die Zufriedenheit haben die Orientierungen “Monogamie versus Nicht-Monogamie”, Liebe als “Lebens- und Versorgungsgemeinschaft”, sowie “Liebe als Familiengründung und Fortpflanzung”.
Passung der Paare
Bisher ging es um die einzelnen Orientierungen. Nun gibt es aber sicher weitere Einflussfaktoren, zumal die Stärke aller Zusammenhänge übrigens eher nur gering bis moderat ist.
Ein möglicher weiterer Einflussfaktor ist die Diskrepanz, die zwischen den Orientierungen von Partner:innen bestehen kann.
Wir haben dies auch bei unserer Umfrage ausgewertet, indem wir zunächst die Einflüsse der einzelnen Orientierungen betrachteten und danach unter Kontrolle dieser Einflüsse den zusätzlichen Effekt der Diskrepanz für neun Orientierungen berechneten – dies erneut getrennt für die allgemeine Beziehungszufriedenheit und für die sexuelle Zufriedenheit.
Passung für die Beziehungszufriedenheit
Für alle Themen zeigte sich – nach Kontrolle des Einflusses der Orientierungen an sich – ein signifikanter negativer Zusammenhang der Abweichungen zwischen den Beteiligten (Diskrepanzen) zu ihrer Beziehungszufriedenheit:
- Je stärker die Teilnehmenden und ihre Partner:innen (aus Sichtweise der Teilnehmenden) sich also bei den einzelnen Grundorientierungen voneinander unterschieden, desto unzufriedener waren die Teilnehmenden mit ihren Beziehungen.
Selbst bei den negativen Orientierungen, wie Leid und Schmerz, verbesserte die subjektive Übereinstimmung in diesen Orientierungen die Beziehungszufriedenheit. Womöglich haben wir den Eindruck, einander besser zu verstehen, wenn wir uns als ähnlich wahrnehmen, oder es ist ein Einfluss der alten Volksweisheit “geteiltes Leid ist halbes Leid“.
Der Befund spricht dafür, dass Personen, die ähnliche Orientierungen zur Liebe teilen, eher glücklich miteinander werden.
Passung und Sexuelle Zufriedenheit
Abgesehen von der Liebe als “Lebens- und Versorgungsgemeinschaft” und der “Liebe als Familiengründung und Fortpflanzung”, die keinerlei Zusammenhang zur sexuellen Zufriedenheit zeigten, gingen Abweichungen der Teilnehmenden und ihrer Partner:innen bei allen weiteren sieben Orientierungen mit einer geringeren sexuellen Zufriedenheit der Teilnehmenden einher.
Übereinstimmung bei dem meisten romantischen Orientierungen spiegelt sich also in einer höheren sexuellen Zufriedenheit wider.
Mit Abstand wirkte sich dabei in unserer Umfrage eine Abweichung bei “Lust und Liebe” am ungünstigsten aus. “Lust und Liebe” scheint insofern unter allen Bedingungen ein besonders starker Einflussfaktor auf die sexuelle Zufriedenheit zu sein. Dies ist auch plausibel vor dem Hintergrund von Studien, dass sexpositive Einstellungen von großer Bedeutsamkeit für Erreichung und Aufrechterhaltung von sexueller Zufriedenheit sind.
Wie auch bei der allgemeinen Beziehungszufriedenheit unterstützen die Befunde zur sexuellen Zufriedenheit die Annahme, dass eine Übereinstimmung in den romantischen Orientierungen für die Zufriedenheit von Paaren förderlich ist.
Zusammenfassung und Empfehlungen
Psychologische Einordnung
9 romantische Orientierungen
Es lassen sich neun breite Orientierungen zur Liebe indentifizieren, denen Menschen in Beziehungen mehr oder weniger anhängen.
Dabei neigen Menschen dazu, Beziehungen immer wieder ähnlich zu gestalten, also die gleichen Orientierungen in der Gestaltung ihrer Beziehungen zu zeigen:
- Liebe als Leid und Schmerz: Liebe als Horror, Schmerz, Terror, Gewalt, Gefängnis, Ausbeutung, interessanterweise auch Abhängigkeit, Eifersucht, Wettbewerb, Degradierung, Unterwerfung, Macht, aber auch als Scham und Besessenheit.
- Liebe als Engagement: Liebe als Lehren und Lernen, Garten, Reise, Selbsterweiterung, Spiritualität, Vertrautheit, Demokratie, Einsatz für eine bessere Welt, Freundschaft und Dauerhaftigkeit laden auf diesem Themenfaktor.
- Liebe als Errettung und Aufopferung: Liebe als Errettung aus einem Beziehungs-Trauma, Errettung aus seelischer Not, Errettung aus materieller Not, aber auch als Aufopferung, verschworene Gemeinschaft, Märchen und Besitz.
- Liebe als Monogamie versus Nicht-Monogamie: Liebe als Monogamie versus Liebe als offene Beziehungen, Polyamorie, Gruppenbeziehungen. Die monogame Gruppe sieht eine Einheit zwischen Sex und Liebe, die nicht-monogame Gruppe unterscheidet zwischen beiden.
- Liebe als Lust und Sex: Liebe als Lust, Sex, Sex als unverzichtbarer Teil der Liebe, aber auch Liebe als Spiel und Liebe als gutes Aussehen.
- Liebe als Nutzen und Nüchternheit: Liebe als Wissenschaft, Geschäftsbeziehung, erkaufte Liebe, eigene Käuflichkeit, Tauschbeziehung, Sammlung und als Kochbuch.
- Liebe als Moment der Freiheit: Liebe als Anarchie, Freiheit, Hier und Jetzt, Kunst.
- Liebe als Lebens- und Versorgungsgemeinschaft: Liebe als House and Home, Güterteilung versus Liebe als Situationship und Unabhängigkeit.
- Liebe als Familiengründung: Liebe als Fortpflanzung und Familiengründung versus Kinderlosigkeit.
Zusammenhänge der Orientierungen zu Zufriedenheit
Mit einer im Durchschnitt positiven Bezieungszufriedenheit gehen einher die Orientierungen Liebe als Engagement und Liebe als Moment der Freiheit. Mit einer geringen Beziehungszufriedenheit gehen die Orientierungen Liebe als Leid und Schmerz und Liebe als Nutzen und Nüchternheit einher.
Mit einer hohen sexuellen Zufriedenheit gehen die Orientierungen Liebe als Lust und Sex, Liebe als Engagement und Liebe als Moment der Freiheit einher. Mit einer geringen sexuellen Zufriedenheit gehen einher die Orientierungen Liebe als Leid und Schmerz, Liebe als Errettung und Aufoperung, sowie Liebe als Nutzen und Nüchternheit einher.
Die Orientierungen Monogamie versus Nicht-Monogamie, sowie Liebe als Lebens- und Versorgungsgemeinschaft spielen keinerlei Rolle für die Zufriedenheit.
Passung und Zufriedenheit
Die Beziehungszufriedenheit und die sexuelle Zufriedenheit wächst, wenn sich Partner:innen in ihren Grundorientierungen zur Liebe ähnlich sind. Je größer die Distanz, desto mehr nimmt Unzufriedenheit zu. Dies gilt selbst für “negative Orientierungen”, wie Liebe als Leid und Schmerz, womöglich weil sich die Betreffenden so besser verstehen können, oder weil das Motto gilt “geteiltes Leid ist halbes Leid”.
Können und sollen wir unsere Orientierungen ändern?
Wir neigen dazu, unsere Muster und Schemata beizubehalten. So geraden manche bei der Partnerfindung immer wieder vom Regen in die Traufe. Stellen wir dies bei Betrachtung unserer Beziehungen fest, ist es an der Zeit, sich die Frage zu stellen, ob unsere eigenen Orientierungen zur Liebe sich womöglich für uns ungünstig auswirken.
Typischerweise wirken sich die Orientierungen “Leid und Schmerzen” und “Nutzen und Nüchternheit” eher negativ aus. Was aber im Einzelfall gilt, muss nicht immer der Fall sein. Meistens wird es jedoch hilfreich sein, an einem positiveren Bild von Beziehung zu arbeiten und nach Gestaltungsmöglichkeiten von Partnerschaften zu suchen, die doch stärker romantisch, gefühlsbezogen, engagiert oder auch positiv-freiheitlich geprägt sind als dies für diese beiden negativen Orientierungen gilt.
Besonders generalisiert negativ wirkt sich die Orientierung “Leid und Schmerz” aus, was auch bereits aus ihrer Benennung folgt.
Wir kann es sein, dass Menschen dennoch an dieser Orientierung festhalten und dass auch nicht alle von ihnen angeben, mit ihren Beziehungen unglücklich zu sein?
Eine Erklärung hierfür kann sein, dass Menschen das Leid, was mit Beziehungen einhergehen, akzeptieren und es dadurch in seinen Auswirkungen abmindern. Aber es gibt auch die masochistische Lust an “Leid und Schmerz”, die keineswegs nur sexuell, sondern auch emotional motiviert sein kann.
Vermutlich liefern solche masochistischen Züge mindestens eine Teilerklärung dafür, dass manche Menschen sich nicht nur immer wieder leid- und schmerzvolle Beziehungen suchen, sondern einige von ihnen sogar in der Gesamtbilanz dennoch mehr oder weniger glücklich in ihnen sind.
Dies macht bereits deutlich, dass uns die Durchschnittseffekte nur eine grobe Richtlinie geben. Letztlich können einzelne mit allen Orientierungen glücklich und auch unglücklich werden – es kommt auf die Einstellungen, Bewertungen und Gestaltungsprinzipien an.
Was ergibt sich für Partnerwahl und Beziehungsgestaltung?
- Im Durchschnitt werden Sie in einer Partnerschaft vermutlich glücklicher werden, wenn Ihre Partner:innen Ihre grundlegenden Orientierungen teilen. Mindestens sollte eine Inkompatibilität vermieden wären. Eine solche absolute Inkompatibilität liegt z.B. vor, wenn eine Person auf der bipolaren Orientierung “monogam versus nicht-monogam” bei monogam liegt und die andere bei nicht-monogam.
- Eine relative Inkompatibilität liegt aber ebenfalls vor, wenn bei einer nicht bipolaren Dimension die eine Person einen hohen Wert und die andere einen niedrigen Wert hat. Denn je stärker die Diskrepanz, desto seltener werden Paare glücklich.
- Stellen Sie fest, dass die Orientierungen bei einem Menschen nicht zu Ihren Orientierungen passen, mit dem Sie gerne zusammen sein wollen, kann es durchaus Sinn machen – wenn Sie sich dazu nicht verbiegen müssen – an einer Veränderung und Anpassung der eigenen Orientierung zu arbeiten. Natürlich gilt gleiches für die Partner:innen. Dabei sollte aber im Vordergrund der Partnersuche nicht der Wunsch nach reiner Anpassung (einer oder beider Seiten) stehen, sondern eine möglichst hohe Grundkompatibilität der Orientierungen ist als Startvoraussetzung hilfreich.
- Sich selbst gut kennen und miteinander offen reden, ist ein zentraler Faktor, der kaum überschätzbar ist. Denn so können wir feststellen, ob wir wirklich gerne zusammen kommen möchten. Sind wir bereits in einer Beziehung, kann die Klärung der Orientierungen uns dabei unterstützen, eine verbesserte gemeinsame Basis zu finden, bestimmte Abweichungen als Eigenarten zu akzeptieren oder uns – wenn eine uns belastende Inkompatibilität nicht abstellbar ist – im Frieden zu trennen.
Unser Beitrag für Ihr Partnerglück
Unser Beitrag für Ihr Partnerglück besteht darin, das wir eine Vielfalt von Informationen erheben, die zu einem gutem Anteil den in unserer aktuellen Umfrage erfragten Geschichten der Liebe entsprechen.
Beim Matching achten wir dann darauf, dass die Distanz in zentralen Merkmalen nicht zu groß wird, um so eine gute Anfangskompatibilität zu ermöglichen, an die Gleichklang-Paare dann in den Phasen von Beziehungsaufbau und Beziehungserhaltung anknüpfen können.
Wir werden auf der Basis dieser gerade ausgewerteten und weiterer Umfragen aber ebenfalls daran arbeiten, unser Matching weiter zu verbessern. Durch Ihre regelmäßige Teilnahme an unseren Umfragen helfen Sie damit als Mitglied unserer Community gleichzeitig sich selbst und allen anderen.
Den zugrundeliegenden Ansatz der Storys of Love des Psychologen Robert Sternberg erkläre ich in meinem Video ▶ “Liebe als Story – eine psychologische Analyse”. Wie die Berücksichtigung dieser Storys unser Beziehungs-Glück beeinflussen kann, führe ich in meinem Video ▶ “So kannst Du Liebesschmerzen vermeiden” aus.
Mein nächstes Video geht um sexuelle Zufriedenheit und es wird in zwei oder drei Tagen in meinem ▶ YouTube-Kanal erscheinen. Schauen Sie also einfach demnächst dort vorbei.
Sind Sie Gleichklang-Mitglied und stoßen bei Ihrer Partnersuche auf Probleme, können Sie sich gerne jederzeit an unser Team wenden.
Wenn Sie noch kein Mitglied sind, laden wir Sie herzlich ein, über unsere Plattform Ihr Beziehungs-Glück zu finden!
Übrigens finden viele Mitglieder bei Gleichklang nicht nur eine Partnerschaft, sondern auch weitere wichtige soziale Vernetzungen, wie Projekte, Gemeinschaften, Freundschaften, Reisepartner:innen oder berufliche Kooperationen.
Unterstützt werden diese weiteren Suchen über unsere Freundschaftssuche, in deren Rahmen wir auch Community-Kontaktlisten für die jeweiligen Vernetzungs-Zwecke zur Verfügung stellen.
Durch die Nutzung der anderen Vernetzungsmöglichkeiten können Sie zudem Ihr Durchhaltevermögen bei der Partnersuche verbessern. Denn diese führt zwar meistens zum Ziel, kann aber manchmal durchaus ein paar Jahre dauern. Auf dem Weg dorthin, können jedoch weitere Vernetzungen entstehen, die Ihnen ein Mehr an sozialer Verbundenheit ermöglichen.
Bei Gleichklang helfen wir, dass Ihre Orientierungen zueinander passen und so Beziehungen, die bei uns entstehen, meistens glücklich werden: