Gleichklang hat soeben seinen Vermittlungs-Algorithmus verändert, um Mitglieder mit Behinderungen, körperlichen Erkrankungen und psychischen Erkrankungen noch effektiver bei ihrer Partnersuche und Freundschaftssuche unterstützen zu können. Dieser Artikel erklärt die Hintergründe und den neuen Algorithmus.
Ein besonderes Erlebnis
Ich erinnere mich noch sehr gut an die Begrüßung-Runde in einem Gleichklang-Seminar:
- Die Teilnehmenden befanden sich noch auf Partnersuche, waren also weiterhin Single. Eine Teilnehmerin aber hatte in der Zwischenzeit zwischen Buchung und Durchführung des Seminars bereits einen Partner gefunden. Es handelte sich um ein Mitglied mit einer Behinderung, welche durch Contergan verursacht worden war. Am Seminar nahm sie mit ihrem Begleithund teil. Ihre Erfolgsgeschichte und ihre sensitive, engagierte Art, mit der sie sich am Seminar beteiligte, war für alle anderen Teilnehmenden ein Ansporn.
Herzensangelegenheit
Für Gleichklang ist es Herzensangelegenheit, auch die Partnersuche und Freundschaftssuche von Menschen mit Behinderungen, Erkrankungen und seelischen Problemen effektiv zu unterstützen. Das obere Beispiel gibt Grund zum Optimismus, aber gelingt es uns, unsere Ansprüche einzulösen?
- Einerseits erlauben uns unsere statistischen Auswertungen, diese Frage zu bejahen. Denn die Zufriedenheit-Raten und Vermittlungserfolge sind bei Mitgliedern mit Handicaps, Erkrankungen und seelischen Beeinträchtigungen sind im Durchschnitt nicht geringer als bei den anderen Mitgliedern. Dies ist durchaus ein Erfolg, den wir auf unsere Vermittlung zurückführen. Ungefähr jedes dritte Mitglied mit Behinderung oder Erkrankung findet bei Gleichklang Partnerschaft, wenn eine Mindest-Dauer der Teilnahme von einem Jahr zugrunde gelegt wird. Verdoppeln wir diese Mindest-Dauer auf zwei Jahre, verdoppelt sich auch die Vermittlung-Rate. Wer also zu Gleichklang kommt und dabei bleibt, findet in aller Regel Partnerschaft – ein Handikap oder einer Erkrankung sind hier jedenfalls statistisch kein Hindernis.
- Andererseits haben uns Betroffene immer wieder zurückgemeldet, dass sie auch bei Gleichklang mehrfach auf Ablehnung und Zurückweisung wegen ihrer Behinderung, ihrer Erkrankung oder ihres seelischen Problems gestoßen sind. In einzelnen Fällen konnten wir dann auch tatsächlich beispielsweise besonders geringe Antwort-raten auf Erst-Nachrichten feststellen. Oder die Mitglieder berichteten, dass sie vermehrt freundliche Ablehnungen erhalten, teilweise auch mit dem Handikap oder Erkrankung als Begründung. Bei der Analyse dieser eingehenden Meldung fiel uns auf, dass wir sie vorwiegend erhalten von Mitgliedern, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, und auch von Mitgliedern, die uns gegenüber berichteten, an einer schweren, in den Alltag eingreifenden körperlichen oder seelischen Erkrankung zu leiden.
Um hier Abhilfe schaffen zu können, haben wir uns zu einer Erweiterung unseres Vermittlung-Algorithmus für Menschen mit Handicaps und Erkrankungen entschlossen. Sicherlich wird es nie den Stein der Weisen geben und nach wie vor werden wir nicht alle Zurückweisung und Ablehnung verhindern können. Wir gehen aber davon aus, dass der erweiterte Vermittlung-Algorithmus die Situation für Mitglieder mit Handicaps und schweren Erkrankungen deutlich verbessern wird.
Akzeptanz basiertes Grundprinzip der Vermittlung
Anders als bei anderen Plattformen geht es bei Gleichklang nicht darum, Menschen mit Behinderungen oder Erkrankungen vorwiegend untereinander zu vermitteln.
Die Vermittlung bei Gleichklang für Menschen mit Handicaps, Erkrankungen und seelischen Problemen beruht vielmehr auf einem inklusivem Akzeptanz-Prinzip:
- Die Betroffenen entscheiden selbst, ob es ihnen wichtig ist, dass sie nur solche Vorschläge erhalten, wo eine Grundakzeptanz für ein Handikap, eine Erkrankung oder eine seelische Beeinträchtigung bereits vorhanden ist.
- Gleichzeitig werden alle Mitglieder gefragt, ob sie sich auch gerne eine Partnerschaft mit einem Menschen mit einem Handikap, einer Erkrankung oder einer seelischen Beeinträchtigung vorstellen können.
Die Vorschläge erfolgen dann auf der Basis der durch die Betroffenen angegebenen Wichtigkeit und der durch alle Mitglieder angegebenen Akzeptanz (oder Nicht-Akzeptanz).
Früherer Algorithmus
Allerdings erfolgte bisher die Abfrage von Behinderungen, Erkrankungen und seelischen Beeinträchtigung nur auf einer sehr allgemeinen Ebene. Entsprechend schlugen uns Mitglieder vor, stattdessen konkrete Behinderungen oder Erkrankungen und die Akzeptanz für diese zu erfragen, da es ansonsten – trotz der allgemeinen Akzeptanz – immer wieder zu Ablehnungen aufgrund spezifischer Handicaps, Erkrankungen oder psychischer Beeinträchtigung komme.
Probleme über-detaillierter Erhebung
Eine solche an spezifischen Handicaps oder Erkrankungen orientierte Vorgehensweise wäre allerdings problematisch, weil wir in diesem Falle lange Listen von Beschreibungen oder Diagnosen vorlegen müssten, für die wir jeweils doppelt von jedem Mitglied ihr Vorliegen und die Akzeptanz erfassen müssten.
Viele Mitglieder würden nach unserer Einschätzung solche langen Listen nicht begrüßen und es wäre mit einer deutlichen Abnahme der Mitglieder-Anzahl zu rechnen, was weder in unserem Interesse noch im Interesse der Mitglieder läge.
Darüber hinausgehend wäre zu befürchten, dass für viele spezifische Behinderungen oder Erkrankungen gar keine Vermittlung mehr möglich wäre, weil die Akzeptanz beispielsweise bereits dann schnell verneint werden könnte, wenn jemand mit einem spezifischen Handicap oder einer spezifischen Erkrankung nicht vertraut ist.
Im Ergebnis eines solchen Vorgehens wäre zu befürchten, dass sich die Vermittlung-Raten für Menschen mit Handicaps, körperlichen Erkrankungen und seelischen Erkrankungen verschlechtern würden.
Neuer Vermittlungs-Algorithmus
Wir haben aus den Rückmeldungen der Mitglieder und unseren eigenen Datenanalysen einen Kompromiss erarbeitet, von dem wir hoffen, dass er die Vermittlung für Menschen mit Handicaps, körperlichen und seelischen Erkrankungen bei Gleichklang deutlich verbessern wird:
- Handicaps: Rückmeldungen von Mitgliedern beziehen sich hier vorwiegend darauf, dass sie auf Ablehnung gestoßen seien, weil die aufgrund ihres Handicaps auf den Rollstuhl angewiesen seien. Deshalb wird nunmehr im Bereich der Handikaps noch einmal nach der Situation Rollstuhl nachgefragt. Erhoben wird, ob ein Mitglied, welches Wert auf Akzeptanz für eine Behinderung legt, auf den Rollstuhl angewiesen ist. Wenn ein Mitglied angibt, ein Handikap bei einem Partner/in gerne akzeptieren zu können, wird ebenfalls noch einmal nachgefragt, ob dies auch die Situation Rollstuhl betrifft. Mitglieder im Rollstuhl können dabei aber selber entscheiden, ob sie diese spezifische Berücksichtigung möchten oder nicht.
- Körperliche und seelische Erkrankungen: Hier beziehen sich die Rückmeldungen von Betroffenen vorwiegend darauf, dass es einen großen Unterschied mache, ob sie an einer eher leichteren Erkrankung oder einer schweren Erkrankung leiden, die den Alltag stark präge. Mitglieder mit schwereren körperlichen oder seelischen Erkrankungen sind dabei in der Vergangenheit, trotz der Berücksichtigung der Akzeptanz, auch bei Gleichklang teilweise auf Zurückweisungen gestoßen. Vor diesem Hintergrund wird nunmehr die Schwere einer körperlichen oder seelischen Erkrankung ebenfalls mit berücksichtigt. Wenn ein Mitglied Wert auf die Akzeptanz für eine bestehende Erkrankung legt, wird noch einmal nachgefragt, ob es sich um eine schwere, den Alltag prägende Erkrankung handelt. Wenn ein Mitglied angibt, eine körperliche Erkrankung oder eine seelische Erkrankung gerne akzeptieren zu können, wird nunmehr ebenfalls noch einmal nachgefragt, ob diese Akzeptanz auch für eine schwere, den Alltag prägende Erkrankung gilt oder nicht.
Konditionale Präsentation der neuen Fragen
Die neuen Fragen werden nicht allen Mitgliedern angezeigt, sondern sie erscheinen unter den folgenden Bedingungen:
- Ein Mitglied hat die Wichtigkeit der Akzeptanz für eine bestehende Behinderung oder Erkrankung bejaht (eher ja, ja). In diesem Fall wird nachgefragt nach der Situation Rollstuhl (Handicap) oder nach dem Schweregrad der Erkrankung (körperliche Erkrankung, seelische Erkrankung).
- Ein Mitglied hat angegeben, dass eine Akzeptanz für eine Partnerschaft mit einem Menschen mit einem Handikap oder einer körperlichen oder seelischen Erkrankung besteht (eher ja, ja). In diesem Fall wird nachgefragt, ob dies auch für die Situation Rollstuhl oder eine Erkrankung von hohem Schweregrad gilt.
- Mitglieder, die weder die Wichtigkeit von Akzeptanz noch eine bestehende Akzeptanz für eine Behinderung oder Erkrankung angegeben haben, sehen die neuen Fragen nicht.
Erwartungen an den neuen Algorithmus
Durch die nunmehr differenzierteren Abfragen zur Thematik wollen wir positive Erfahrungen von Mitgliedern mit Handicaps und Erkrankungen bei Gleichklang noch stärker maximieren und negative Erfahrungen weiter minimieren.
Wir sind sehr optimistisch, dass uns dies gelingen wird, werden dies zusätzlich im Verlauf aber genau beobachten und auswerten.
Sehr freuen und wir uns ebenfalls immer über Rückmeldungen von Betroffenen – demnächst werden wir diesbezüglich eine eigene Umfrage starten.
Ein wenig Geduld erforderlich
Es wird allerdings einige Wochen dauern, bis die bereits ab heute verfügbaren Zusatzabfragen in der Vermittlung richtig greifen. Grund ist, dass es erfahrungsgemäß einige Wochen dauert bis neue Fragen von allen betreffenden Mitgliedern ausgefüllt sein werden.
Faktoren des Vermittlungserfolges
Ein Ergebnis des veränderten Vermittlungs-Algorithmus wird sein, dass die Vorschlags-Anzahl für Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind oder an schweren körperlichen oder seelischen Erkrankungen leiden im Vergleich zu vorher eher absinken wird. Dafür wird aber die Vorschlags-Qualität stark ansteigen. Dies wiederum wird eine gelassenere, lockerere und optimistischere Kontaktaufnahme ermöglichen und damit den Vermittlung-Erfolg verbessern können.
Denn der wichtigste Faktor ist nach unseren Auswertungen nicht die Vorschlagsanzahl, sondern die eigene Aktivität der Mitglieder bei der Aufnahme des Kontaktes:
- Erst-Nachrichten schreiben
- visuelle Grüße vergeben (Fußstapfen)
- Einordnungen als interessant vornehmen
- gegebenenfalls noch einmal nachfragen, wenn keine Antwort erfolgt
Dieser Befund gilt ebenso für Mitglieder mit wie ohne Handicaps oder Erkrankungen.
Wer dabei bleibt und aktiv wird, wird eines Tages bei Gleichklang dem einen Menschen begegnen, mit dem eine dauerhaft glückliche Beziehung oder eine lebenslange Freundschaft möglich ist.
Dies Vermittlung-Prinzip setzen wir bei Gleichklang für alle Mitglieder um, egal ob sie unter Behinderungen oder Erkrankungen leiden oder nicht.
Mit der jetzigen Erweiterung für Menschen mit Handicaps und Erkrankungen möchten wir diesen Mitgliedern aber noch wirksamer zur Seite stehen, um Enttäuschungen und Verletzungen noch besser vermeiden und die Zeit der Partnersuche zu einer positiven Zeit von begründeter Hoffnung und Veränderung machen zu können.