Detail-Informationen zur Gleichklang-Studie “Drei Cluster der sexuellen Orientierung”
Im Folgenden werden für Journalist:innen und andere Interessierte detaillierte Informationen zur Durchführung und Auswertung der Umfrage gegeben.
Dies schließt Informationen zu Stichprobe, erhobenen Maßen (einschließlich Definition der sexuellen Orientierungen), numerischen Ergebnissen, einen anfänglichen theoretischen Hintergrund, sowie abschließende Anmerkungen zur Repräsentation der Datenerhebung und einen Ausblick auf weitere Studienergebnisse und Veröffentlichungen ein.
Gerne beantwortet Dr. Guido F. Gebauer weitere Fragen zu dieser Umfrage und steht auch für Interviews gerne zur Verfügung.
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Gliederung
- Erläuterung zu den theoretischen Hintergründen
- Stichprobe und weitere Informationen
- Erfasste Informationen (Maße)
- Drei-Cluster-Lösung (prototypische Heterosexuelle, nonkonforme Heterosexuelle, queeres Spektrum)
- Einflüsse von Geschlecht, Alter und Bildungsstand
- Beziehungserfahrungen
- Persönlichkeits-Merkmale
- Politische Einstellungen
- Anmerkungen zur Repräsentativität der Erhebung
- Ausblick auf weitere Befunde und Veröffentlichungen
Erläuterungen zu den theoretischen Hintergründen
Traditionell wurden sexuelle Orientierungen oftmals auf die Begriffe der Heterosexualität, Homosexualität und Bisexualität beschränkt. Dem stehen zahlreiche neuere Begriffe gegenüber, wie heteroflexibel, homoflexibel, pansexuell, omnisexuell, skoliosexuell, asexuel oder gray-asexuell, die oftmals von den betreffenden selbst geprägt wurden und nunmehr langsam von der sexualwissenschaftlicher Forschung aufgegriffen werden.
- heteroflexibel: Heterosexuelle Anziehung besteht, andere Anziehungen sind mehr oder weniger denkbar.
- homoflexibel: Homosexuelle Anziehung besteht, andere Anziehungen sind mehr oder weniger denkbar.
- pansexuell: Geschlecht/Gender spielen für sexuelle Anziehung keine Rolle.
- omnisexuell: Alle Geschlechter/Gender werden als sexuell anziehend erlebt.
- skoliosexuell: Sexuelle Anziehung bezieht sich auf nicht binäre Personen.
- asexuell: Es besteht kein Wunsch nach sexueller Interaktion.
- gray-asexuell: Es besteht fast kein oder ein nur sehr geringer/gelegentlicher Wunsch nach sexueller Interaktion.
Unklar ist allerdings, inwiefern diese verschiedenen Begriffe miteinander überlappen und ob sich Menschen anhand ihrer sexuellen Konfigurationen auf der Basis dieser Begriffe statistisch gruppieren lassen.
Grundsätzlich schließen sich alle Begriffe der Orientierung in der neueren Sichtweise nicht aus:
- So kann jemand z.B. durchaus eine heterosexuelle Anziehung und gleichzeitig eine homosexuelle Anziehung bejahen. Während dies sicherlich traditionell eine bisexuelle Anziehung implizieren würde, werden sich andere eher pansexuell erleben (im Grunde spielen Geschlecht/Gender keine Rolle), andere als omnisexuell in dem Sinne, dass sie alle verschiedenen Geschlechter-Merkmale als sexuell anziehend erleben. Auch asexuell schließt keine Verortung z.B. als heterosexuell, homosexuell, skoliosexuell aus, da im Rahmen der womöglich verbleibenden minimalen sexuellen Restanziehung wiederum eine Differenzierung vorliegen kann (wenn überhaupt, dann…). Pansexualität und Omnisexualität schließen sich ebenfalls nicht notwendigerweise aus, da das Erleben einer Anziehung durch alle geschlechtlichen Merkmale wiederum mit dem Erleben einhergehe kann, dass Geschlecht/Gender komplett egal sind.
Wie die Zusammenhänge tatsächlich sind, wollten wir untersuchen. Bisher sind diese Fragen kaum untersucht worden, weil typischerweise Teilnehmende von Studien gezwungen werden, exakt eine sexuelle Orientierung auszuwählen, sodass per Design der Fragestellung sexuelle Orientierungen als Gegensätze erscheinen und ihre tatsächlichen Überlappungen unbekannt bleiben.
Es gibt zudem eine konservative Sichtweise (Sahra Wagenknecht: “skurrile Minderheiten”), die sich letztlich auf die implizite Annahme verdichten lässt, dass die Einführung dieser neuen Begriffe nicht als Spinnerei sei, die entsprechenden Orientierungen nicht existierten, keine Relevanz hätten, nur von bestimmten Bildungsschicht-Gruppen aus ideologischen Gründen postuliert würden.
Diese konservative Sichtweise auf sexuelle Orientierungen korrespondiert im Bereich Geschlecht/Gender mit der Annahme, dass es nur zwei Geschlechter gebe, eine Differenzierung nach Gender nicht notwendig sei und nicht binäre Personen in Wirklichkeit einem der beiden Geschlechter zuzuordnen seien.
Die konservative Einschränkung auf die drei Orientierungen heterosexuell, homosexuell und bisexuell muss dabei quasi zwangsläufig eine kritische Haltung gegenüber dem nicht binären Geschlecht/Gender einnehmen, weil durch die Nichtbinarität der Sinn und die Bedeutung von Begriffen, wie heterosexuell oder homosexuell, ihre Eindeutigkeit verlieren:
- Was bedeutet heterosexuell bei einer nicht binären Person?
- Ist z.B. eine Frau heterosexuell, wenn sie sich für Männer und nicht-binäre Personen interessiert oder ist sie dann bisexuell?
Bei unserer psychologischen Kennenlernplattform Gleichklang beobachten wir seit unserer Gründung, dass es zahlreiche Menschen gibt, die in das traditionelle Raster nicht hineinpassen, wobei manche von ihnen für sich selbst noch gar keinen Begriff gefunden haben. Aus zahlreichen Umfrage und Befragungen wurde uns dabei deutlich, dass es sich hier um tiefe innere Erlebensprozesse handelt.
Wir wollten vor diesem Hintergrund untersuchen, welche sexuellen Konfigurationen sich ergeben, wenn wir bei einer Befragung die Teilnehmenden nicht zwingen, exakt eine sexuelle Orientierung auszuwählen, sondern es ihnen erlauben, alle sexuellen Orientierungen unabhängig voneinander zu bejahen, zu verneinen oder (zwischen ja und nein) eine Offenheit für sie anzugeben.
Auf dieser Grundlage wollten wir sodann mit statistischen Methoden prüfen, ob sich die betreffenden Personen anhand ihrer sexuellen Konfigurationen in inhaltlich beschreibbare Gruppen unterteilen lassen und wodurch sich diese Gruppen kennzeichnen.
Damit sollte die Umfrage gleichzeitig aber auch einen Beitrag zur Reflexion über die Sinnhaftigkeit der neuen Begriffe für sexuelle Orientierungen leisten:
- Wären diese neuen Begriffe rein artifizielle Konstruktionen ohne realen Erlebenshintergrund wäre nicht zu erwarten, dass sich eine inhaltlich klar zu interpretierende Gruppenstruktur statistisch ergeben würde. Indem wir mithilfe der neuen Begriffe nach einer solchen Gruppenstruktur suchen, wollten wir gleichzeitig einen Beitrag dafür leisten, den Sinn der neuen Begriffe und der mit ihnen einhergehenden Differenzierungen zu ergründen.
Sexualität ist nicht isoliert von anderen Merkmalen menschlichen Denkens, Fühlens und Erlebens:
- Vor diesem Hintergrund war es ein weiteres Ziel der Studie, die Zusammenhänge zwischen den sexuellen Konfigurationen bzw. den sich ergebenen Clustern mit Persönlichkeits-Merkmalen, politische Einstellungen, Beziehungserfahrungen, Bildungsstand, Alter und Geschlechter-Verteilung zu untersuchen.
Gerade die Beziehungserfahrungen sind dabei für uns als eine psychologisch ausgerichtete Dating-Plattform von großem Interesse, weil sich die hochgradig vielgestaltigen Beziehungserfahrungen von Menschen womöglich besser verstehen und damit auch bis zu einem gewissen Grad prädiktieren lassen, wenn wir zwischen empirisch begründeten und der Komplexität des menschlichen Erlebens gerecht werdenden Clustern der sexuellen Orientierung besser unterscheiden.
Für die Partnerwahl ist dabei zu vermuten, dass Personen, die im gleichen Cluster sind, die besseren Voraussetzungen haben, miteinander eine Beziehung zu führen, auch wenn hierfür belastbare Befunde noch fehlen.
Stichprobe und weitere Informationen
Die Umfrage erfolgte in Form einer Online-Befragung, zu der Mitglieder und Interessenten von Gleichklang eingeladen wurden. An der Umfrage beteiligten sich 579 Frauen, 602 Männer und 26 nicht-binäre Personen im Alter von 19 bis 84 Jahren. Das Durchschnittsalter betrug 52,7 Jahre.
83,2 % der Befragten waren zum Untersuchungszeitraum Single, 8,3 % befanden sich in einer partnerschaftlichen Beziehung und bei 8,5 % war der Beziehungsstatus noch unklar. 89,4 % waren bereits mindestens einmal partnerschaftlich gebunden, 10,6 % gaben an, noch niemals eine partnerschaftliche Beziehung gehabt zu haben.
Die Umfrage umfasste verschiedene Themen, die jeweils separat veröffentlicht werden. Eine vorherige Veröffentlichung aus der gleichen Umfrage bezog sich auf Heteroflexibilität. Auch nach der aktuellen Auswertung wird es weitere Veröffentlichungen zu verwandten und anderen Themen geben.
Die statistischen Analysen erfolgten mit Methoden der Cluster-Analyse (Two-Step Cluster-Analyse), Regressionsanalyse mit optimaler Skalierung, sowie mithilfe von t-Tests und Chi-Quadrat-Tests.
Erfasste Informationen
Geschlecht, Alter und Bildungsstand
Die Teilnehmenden gaben per Auswahl an, eine Frau, ein Mann oder nicht binär zu sein. Sie benannten Ihr Alter in Jahren und wählten den höchsten erreichten formalen Bildungsabschluss aus einer neunstufigen aufsteigenden Skala aus (kein Abschluss, Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, Fachabitur, Abitur, Fachhochschulstudium, Hochschulstudium, Promotion, Habilitation).
Sexuelle Orientierungen
Die Teilnehmenden stuften sich selbst auf einer dreistufigen Skala (ja, offen, nein) bezüglich ihrer sexuellen Orientierung ein. Zur Einstufung wurden die folgenden sexuellen Orientierung vorgegeben: heterosexuell, heteroflexibel, homosexuell, homoflexibel, skoliosexuell, bisexuell, pansexuell, omnisexuell, asexuell, gray-asexuell. Die Teilnehmenden konnten dabei beliebig viele sexuelle Orientierungen verneinen, bejahen oder sich als für diese offen bezeichnen.
Die allgemein üblichen Bezeichnungen heterosexuell, homosexuell und bisexuell wurden bei der Befragung nicht zusätzlich erläutert.
Die anderen Begriffe wurden den Teilnehmenden folgendermaßen erläutert:
- pansexuell (Geschlecht/Gender sind mir komplett egal)
- omnisexuell (ich erlebe alle Geschlechter/Gender als sexuelle anziehend)
- heteroflexibel (Hetero, werde aber manchmal gleichgeschlechtlich angezogen)
- homoflexibel (Homo, werde aber manchmal gegengeschlechtlich angezogen)
- asexuell (kein Interesse an sexueller Interaktion)
- gray-asexuell (fast kein Interesse an sexueller Interaktion)
- skoliosexuell (Anziehung durch nicht binäre Personen)
In der Umfrage wurden auch weitere, noch seltenere oder weniger bekannte Begriffe zur sexuellen Orientierung, wie vegansexuell, androsexuell, gynosexuell oder polypartnersexuell abgefragt, die in die aktuelle Auswertung nicht eingeschlossen wurden. Hierzu werden separate Auswertungen und Veröffentlichungen erfolgen (siehe auch abschließender Ausblick).
BDSM-Neigung
Die Teilnehmenden gaben an, ob bei ihnen eine BDSM-Neigung vorlag, nicht vorlag oder sie für BDSM offen waren.
Beziehungserfahrungen
Beziehungsgestaltung in letzter/aktueller Beziehung (9 Orientierungen der Liebe)
Teilnehmende, die bereits Beziehungserfahrungen hatten, wurden gebeten, ihrer letzte – oder falls sie aktuell partnerschaftlich gebunden waren, die aktuelle Beziehung – auf einer vierstufigen Skala (starke Ablehnung, Ablehnung, Zustimmung, starke Zustimmung) bezüglich der folgenden 9 Grundarten oder Grundorientierungen der Liebe einzuschätzen:
• Liebe als Engagement
• Liebe als Lebensgemeinschaft
• Liebe als Familiengründung
• Liebe als Schmerz
• Liebe als Sex und Lust
• Liebe als Errettung
• Liebe als Monogamie versus Nicht-Monogamie
• Liebe als Freiheit
• Liebe als Nutzen
Für die Ermittlung der Zustimmung wurden die Antworten Zustimmung und starke Zustimmung zu einer einzigen Zustimmungs-Kategorie zusammengefasst.
Beziehungszufriedenheit
Teilnehmende mit Beziehungserfahrungen wurden zudem gebeten, ihre durchschnittliche Zufriedenheit in ihrer Beziehungsgeschichte einzuschätzen. Hierzu bewerteten sie die Aussage “Ich bin insgesamt in Beziehungen glücklich und zufrieden gewesen” auf einer vierstufigen Skala (starke Ablehnung, Ablehnung, Zustimmung, starke Zustimmung). Für die Ermittlung des prozentualen Anteils der Zustimmenden wurden die Antworten “Zustimmung” und “starke Zustimmung” zu einer Zustimmungs-Kategorie zusammengefasst.
Persönlichkeitsmerkmale
Big Five
Zur Erfassung der Persönlichkeit wurden die sogenannten Big Five erhoben, bei denen es sich um die fünf breiten und weltweit gut untersuchten Persönlichkeitsmerkmale Extraversion, Neurotizismus, Offenheit für Erfahrungen, soziale Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit handelt. Zur Erfassung der Big Five wurde das Big-Five-Inventory-10 (BFI-10) durchgeführt.
Es handelt sich um einen frei verfügbaren Kurztest, der aus jeweils zwei Items für jedes der fünf Persönlichkeits-Merkmale besteht. Diese 10 Items wurden den Teilnehmenden auf einer fünfstufigen Skala von „trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft voll und ganz zu“ zur Einschätzung vorgegeben. Für die Auswertung wurden für jede der fünf Persönlichkeits-Dimensionen jeweils ein Summenwert über die beiden relevanten Items gebildet.
Hochsensibilität
Hochsensibilität bezeichnet eine Persönlichkeitsart, die äußere und innere Welt in einer besonders intensiven und detaillierten Art und Weise wahrzunehmen, vielschichtig zu denken und mit Empathie den Mitmenschen gegenüberzutreten. Zur Erfassung von Hochsensibilität wurde der Hochsensibilitäts-Test (HSP-Test) erfasst, der von Guido F. Gebauer entwickelt wurde und im Internet frei verfügbar ist.
Der Test besteht aus 13 Fragen, die jeweils auf einer fünfstufigen Skala von “starker Ablehnung” bis “starker Zustimmung” eingestuft werden. Für die Auswertung wurde der mittlere Summenwert über die 13 Fragen gebildet.
Politische Einstellungen
Es wurden den Befragten diese sieben gesellschaftlichen Ziele vorgegeben, für die sie auf einer vierstufigen Skala (starke Ablehnung, Ablehnung, Zustimmung, starke Zustimmung) jeweils angaben, wie sehr sie sich mit diesen Zielen identifizieren oder nicht:
• Akzeptanz und Gleichberechtigung für Homosexuelle und Bisexuelle
• Akzeptanz und Gleichberechtigung für Transgender und nicht binäre geschlechtliche Identitäten
• Überwindung des Patriarchats
• Den Klimawandel stoppen – sofortige und tiefgreifende Maßnahmen
• Tierrechte durchsetzen – Tiernutzung abschaffen
• Entschädigung leisten für Sklaverei und Kolonialismus
• Europäische Abschottungspolitik stoppen: Flucht ermöglichen, Fluchtwege schaffen, Geflüchtete schütze
Alle erfragten Bereiche betrafen Ziele, die von Konservativen häufiger abgelehnt werden als von Personen, die sich als politisch progressiv oder links einstufen.
Um nun das Ausmaß des Konservatismus zu erfassen, wurde der starken Ablehnung der Wert 4, der Ablehnung der Wert 3, der Zustimmung der Wert 2 und der starken Zustimmung der Wert 1 zugewiesen. So entstand eine Skala im Schwankungsbereich von minimal 7 (alles starke Zustimmung) bis hin maximal 28 Punkten Punkten, wobei höhere Werte für einen höheren Konservatismus sprachen.
Eine statistische Analyse (Hauptkomponentenanalyse) bestätigte, dass sich durch Aggregation dieser sieben Items eine Gesamtskala mit hoher Messzuverlässigkeit bilden ließ. Die Skala wurde zudem in Untersuchungen von Gleichklang bereits seit vielen Jahren eingesetzt und validiert.
Detaillierte Ergebnisse
Drei-Cluster-Lösung
Mithilfe der Cluster-Analyse konnten die Teilnehmenden den folgenden drei Gruppen zugewiesen werden:
- Prototypische Heterosexuelle: 99,5 % der Teilnehmenden bezeichneten sich als heterosexuell, 9,7 % gaben eine Offenheit für Heteroflexibilität an. Für alle anderen Orientierungen wurde von Mitgliedern dieser Gruppe nicht oder nur äußerst selten eine Offenheit benannt. So ergaben sich beispielsweise Bejahungsraten von jeweils 0 % für die folgenden Orientierungen: heteroflexibel, homosexuell, homoflexibel, skoliosexuell, pansexuell, omnisexuell, bisexuell, asexuell, gray-asexuell. Offenheitsraten von 0 % zeigten sich für skoliosexuell, pansexuell, omnisexuell, gray-asexuell und asexuell. Die Offenheitsraten für Bisexualität betrug lediglich 3,1 % und für Homosexualität 0,5 %. Insgesamt zeichnet sich das Bild einer Gruppe, die in überwältigender Mehrheit sich als heterosexuell sieht und bei der höchstens am Rande seltene andere Neigungen bestehen, die in keiner Weise im Fokus der sexuellen Orientierung stehen.
- Nonkonforme Heterosexuelle: 92,8 % der Mitglieder dieser Gruppe bezeichneten sich dezidiert als heterosexuell, 5,9 % gaben eine Offenheit für Heterosexualität an, 15,2 % bezeichneten sich als heteroflexibel und 29,9 % gaben an, für Heteroflexibilität offen zu sein. 98,7 % bezeichneten sich mindestens als offen für Heterosexualität oder Heteroflexibilität. Was war mit den 1,3 %, die in dieser Gruppen keinerlei Heterosexualität angaben? Vier dieser 5 Personen verneinten ausnahmslos jede Orientierung und eine Person bezeichnete sich asexuell und gray-asexuell. Das Nonkonforme kommt bei diesem sehr kleinem Anteil also durch die weitgehende Ablehnung aller Sexualitätsbezüge zum Ausdruck. Der Anteil ist dabei aber so gering, dass dennoch die Bezeichnung als nonkonforme Heterosexuelle für das Cluster angemessen ist. Im Unterschied zu den prototypischen Heterosexuellen, gaben 44,5 % der nonkonformen Heterosexuellen an, mindestens offen für Asexualität oder Gray-Asexualität zu sein. 4,6 % bejahten Asexualität dezidiert und 10,3 % Gray-Asexualität. Zudem gaben 39,5 % der nonkonformen Heterosexuellen mindestens eine Offenheit für Sexualität mit nicht binären Personen (Skoliosexualität) an, wobei 5,2 % Skoliosexualität dezidiert bejahten. 1,8 % bezeichneten sich als bisexuell, während 26,5 % eine Offenheit für Bisexualität angaben. Von denen, die sich als bisexuell bezeichneten oder offen für Bisexualität waren, bezeichneten sich 93,6 % gleichzeitig als heterosexuell und 6,4 % gaben eine Offenheit für Heterosexualität an. 26,5 % bezeichneten sich als heteroflexibel und 53,6 % gaben eine Offenheit für Heteroflexibilität an. Dezidierte Zustimmungen zu weiteren sexuellen Orientierungen traten bei den Mitgliedern dieser Gruppe nicht auf, aber 2,3 % gaben zusätzlich eine Offenheit für Homosexualität an. Insgesamt zeichnet sich das Bild einer Gruppe, die sich in überwältigender Mehrheit als heterosexuell versteht, aber in erheblichen höheren Ausmaß Fluidität und Flexibilität sowie auch eine höhere Offenheit für asexuelle Erlebensweisen zeigt als die prototypischen Heterosexuellen.
- Spektrum Queer: 70,7 % bezeichneten sich als homosexuell oder offen für Homosexualität, wobei 37,9 Homosexualität dezidiert bejahten und 32,8 % sich als offen für Homosexualität bezeichneten. 8,5 % bezeichneten sich als homoflexibel und 40,1 % benannten eine Offenheit für Homoflexibilität. 68,9 % gaben an, bisexuell oder offen für Bisexualität zu sein. 23,7 % bezeichneten sich als bisexuell und 45,2 % als offen für Bisexualität. 67,2 % schilderten mindestens eine Offenheit für Omnisexualität (59,4 %) oder Pansexualität (55,9 %), wobei sich 11,9 % dezidiert als omnisexuell und 14,7 % als pansexuell bezeichneten. 62,7 % benannten mindestens eine Offenheit für Heterosexualität, wobei sich 29.9 % als heterosexuell bezeichneten und 32,8 % als offen für Heterosexualität. 65,5 % gaben Heteroflexibilität (28,2 %) oder eine Offenheit (37,3 %) für sie an. 53,7 % schilderten mindestens eine Offenheit für Sexualität mit nicht binären Personen (Skoliosexualität), wobei sich 9,6 % als skoliosexuell bezeichneten und 44,1 % eine Offenheit für Skoliosexualität benannten. 31,1 % waren mindestens offen für Asexualität (25,4 %) oder Gray-Asexualität (30,1 %). Jeweils 5,6 % gaben an, asexuell oder gray-asexuell zu sein. Was gaben diejenigen sonst an, die sich als heterosexuell oder offen für Heterosexualität bezeichneten? 98,9 % gaben zusätzlich mindestens eine Offenheit für klassisch queere Orientierungen, wie Bisexualität, Homosexualität, Pansexualität oder Omnisexualität an. Wurden Asexualität und Gray-Asexualität mit einbezogen, waren dies sogar 100 %. Insgesamt zeigt sich eine im Hinblick auf Bejahung und Offenheit für sexuelle Orientierungen besonders vielgestaltige Gruppe, bei der die nicht-heterosexuellen Orientierungen keine Ergänzung sind (wie bei den nonkonformen Heterosexuellen), sondern im Zentrum der (statistischen) Gruppendefinition stehen.
Unterschiede zwischen den drei Clustern
Alter, Bildungsgrad und Geschlecht
Eine Regressionsanalyse mit optimaler Skalierung zeigte signifikante Unterschiede in der Geschlechter- und Altersverteilung der drei sexuellen Orientierungsgruppen, während sich kein Unterschiede im formalen Bildungsgrad zwischen den drei sexuellen Orientierungsgruppen zeigte.
Bezüglich der Geschlechter-Verteilung gab bei den prototypischen Heterosexuellen mehr Männer (55,5 %) als Frauen (44,5 %) und keine nicht binären Personen. Umgekehrt gab es bei den nonkonformen Heterosexuellen mehr Frauen (51,1 %) als Männer (46,3 %) und 2,6 % nicht binäre Personen. Im queeren Spektrum waren mehr Frauen (52,1 %) als Männer (40,1 %) und 7,8 % der Mitglieder dieser Gruppe waren nicht binär.
Diese Ergebnisse zur Geschlechter-Verteilung in den Gruppen passen zu dem in Studien gefundenen höheren sexuellen Interesse von Männern (geringere Asexualität und Gray-Asexualität bei den prototypischen Heterosexuellen), zur stärkeren Verbreitung von sexueller Fluidität und Flexibilität bei Frauen, sowie zu Forschungsbefunden, dass im queeren Bereich besonders viele nicht binäre Personen vertreten sind.
In Bezug auf die Altersverteilung waren die Mitglieder des queeren Spektrums mit einem Durchschnittsalter von 51,04 leicht jünger als die prototypischen Heterosexuellen (53,37), während der Altersunterschied zu den nonkonformen Heterosexuellen (52,34) die statistische Signifikanz verfehlte.
Beziehungserfahrungen
Noch nie eine Beziehung hatten 9,8 % der prototypischen Heterosexuellen, 11,9 % der nonkonformen Heterosexuellen sowie 10,6 % der Personen im queeren Spektrum. Diese Prozentsätze unterschieden sich nicht zwischen den drei Gruppen.
Bezüglich der erfassten 9 Gestaltungsarten von Partnerschaften ergaben sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen den drei Clustern lediglich in der durchschnittlichen Ausprägung der Liebe als Nicht-Monogamie, der Liebe als Familiengründung und der Liebe als sexuelle Lust.
Personen im queeren Spektrum berichteten mit 26,3 % signifikant häufiger über Erfahrungen mit nicht-monogamen Beziehungen als die prototypischen Heterosexuellen (10,4 %) und die nonkonformen Heterosexuellen (17,0 %). Auch die größere Häufigkeit nicht-monogamer Beziehungserfahrungen bei den nonkonformen Heterosexuellen war im Vergleich zu den prototypischen Heterosexuellen statistisch signifikant.
Mit 61,1 % verwiesen die prototypischen Heterosexuellen am häufigsten auf Erfahrungen mit der Liebe als Familiengründung, während diese Beziehungsform in der Beziehungsgeschichte der nonkonformen Heterosexuellen (51,9 %) und im queeren Spektrum (53,8 %) seltener auftrat.
Zwischen den nonkonformen Heterosexuellen und dem queeren Spektrum gab es hier keinen signifikanten Unterschied.
Die Liebe als sexueller Lust wurde ebenfalls mit 85,6 % am häufigsten von den prototypischen Heterosexuellen benannt, gefolgt von 78,4 % der Mitglieder des queeren Spektrum uns 73,5 % der nonkonformen Heterosexuellen. Zwischen den prototypischen Heterosexuellen und dem queeren Spektrum auf der einen Seite und den nonkonformen Heterosexuellen auf der anderen Seite erreichte dieser Unterschied die statistische Signifikanz.
Keine Unterschiede zeigten sich bei den folgenden sechs Gestaltungsarten:
• Liebe als Engagement
• Liebe als Lebensgemeinschaft
• Liebe als Schmerz
• Liebe als Errettung
• Liebe als Freiheit
• Liebe als Nutzen
BDSM-Neigung
Personen im queeren Spektrum (35 %) wiesen am häufigsten mindestens eine Offenheit für eine BDSM-Neigung auf, gefolgt von den nonkonformen Heterosexuellen (26,3 %) und den prototypischen Heterosexuellen (17,7 %). Die Unterschiede zwischen den drei Gruppen waren statistisch signifikant.
Beziehungszufriedenheit
Es gab zwischen den drei Gruppen nur triviale und keine statistisch signifikanten Unterschiede in der durchschnittlichen Zufriedenheit mit ihren vergangenen Beziehungen:
70,7 % der klassisch Heterosexuellen, 66,0 % der Heterosexuellen mit geringem Sexualinteresse, sowie 68,9 % der Mitglieder des queeren Spektrums bejahten eine im Durchschnitt gute Beziehungszufriedenheit in ihren letzten oder aktuellen Partnerschaften.
Persönlichkeits-Merkmale
Big Five
Zwischen den Clustern zeigten sich folgende Persönlichkeits-Unterschiede:
- Mit einem durchschnittlichen Summenwert von 5,50 wiesen die nonkonformen Heterosexuellen eine statistisch signifikant geringere Extraversion auf als die prototypischen Heterosexuellen (5,92), während der ebenfalls deskriptiv erkennbare Unterschied zu den Mitgliedern des queeren Spektrums (5,72) die Signifikanz verfehlte.
- Mit einem durchschnittlichen Summenwert von 7,61 wiesen die prototypischen Heterosexuellen eine eine statistisch signifikant höhere Gewissenhaftigkeit auf als die nonkonformen Heterosexuellen (7,39), während der ebenfalls deskriptiv erkennbare und gleichstarke Unterschied zu den Mitgliedern des queeren Spektrums (7,40) vermutlich allein wegen der geringeren Stichprobengröße die Signifikanz verfehlte.
- Mit einem durchschnittlichen Summenwert von 6,05 wiesen Mitglieder des queeren Spektrums einen signifikant höheren Neurotizismus auf als die prototypischen Heterosexuellen (5,72), während der ebenfalls deskriptiv erkennbare Unterschied zu den nonkonformen Heterosexuellen (5,82) die Signifikanz verfehlte.
- Mit einem durchschnittlichen Summenwert von 8,10 wiesen Mitglieder des queeren Spektrums eine signifikant höhere Offenheit für Erfahrungen auf als die prototypischen Heterosexuellen (7,83), wobei der ebenfalls deskriptiv erkennbare und gleich stark ausgeprägte Unterschied zu den nonkonformen Heterosexuellen (7,82) vermutlich allein wegen der geringeren Stichprobengröße die Signifikanz verfehlte.
- Mit einem durchschnittlichen Summenwert von 6,91 wiesen Mitglieder prototypischen Heterosexuellen eine signifikant höhere Verträglichkeit auf als die nonkonformen Heterosexuellen (6,72), wobei dieser Unterschied geringgradig ausfiel. Der vergleichbare Unterschied zum queeren Spektrum (6,90) verfehlte vermutlich allein wegen der geringeren Stichprobengröße die Signifikanz.
Hochsensibilität
Mit einem durchschnittlichen Summenwert von 50,60 erreichten Mitglieder des queeren Spektrums einen signifikant höheren Wert in Hochsensibilität als Mitglieder die prototypischen Heterosexuellen (49,00) und die nonkonformen Heterosexuellen (48,89).
Politische Einstellungen
Die prototypischen Heterosexuellen wiesen mit einem Durchschnittswert von 13,63 den höchsten Konservatismus auf. In der Mitte lagen die nonkonformen Heterosexuellen mit einem durchschnittlichem Summenwert von 12,65. Den niedrigsten Konservatismus wiesen die Mitglieder des queeren Spektrums mit einem Durchschnittswert von 10,94 auf. Die Unterschiede zwischen den drei Clustern waren jeweils statistisch signifikant.
Anmerkungen zur Repräsentativität der Erhebung
Die durchgeführte Erhebung kann keine Repräsentativität beanspruchen. Sämtliche Teilnehmende waren Mitglieder oder Interessent:innen der psychologischen Dating-Plattform Gleichklang.de, die sich gezielt an Menschen mit hohem Umweltbewusstsein wendet. Die Teilnehmenden der Umfrage unterscheiden sich also fraglos von der Allgemeinbevölkerung, was beispielsweise auch an dem geringen durchschnittlichen Gesamtpunktewert in der Konservatismus-Skala sofort zu erkennen ist.
Allerdings ist die Frage der Repräsentativität von eher nur geringer Bedeutsamkeit für die Aussagekraft und Gültigkeit der hier erhobenen Befunde. Denn das Ziel dieser Erhebung war nicht die Schätzung bevölkerungsrepräsentativer Prozentwerte, z.B. wie viel Prozent zur prototypisch heterosexuellen oder zur nonkonformen heterosexuellen Gruppe gehören.
Vielmehr ging es in dieser Erhebung darum, die Zusammenhangsmuster zwischen den untersuchten Maßen zu untersuchen und zu verstehen, eine Frage, die bei weitem weniger durch Abweichungen von der Repräsentativität beeinflusst wird.
So unterscheidet z.B. der Anteil prototypisch Heterosexueller sicherlich innerhalb unterschiedlicher Segmente der Bevölkerung, aber in allen Segmenten werden sich solche Personen dennoch durch die klare und eindeutige Dominanz der heterosexuellen Orientierung kennzeichnen, während diese bei nonkonformen Heterosexuellen in allen Gruppen der Gesellschaft geringer sein wird.
Um den Hintergrund deutlich zu machen, ein weiteres Beispiel:
- Personen, die konservative Einstellungen aufweisen, wählen in der Gesamtbevölkerung eher die CDU/CSU als die Linke. Genau den gleichen Zusammenhang sehen wir auch in der Gleichklang-Community, auch wenn hier viel mehr Linke als CDU-Anhänger:innen unterwegs sind. Auch wenn es nur wenige Konservative bei Gleichklang gibt, korreliert das Ausmaß des Konservatismus dennoch vergleichbar z.B. mit dem politischem Wahlverhalten als es dies auch in der Allgemeinbevölkerung mit sehr viel mehr konservativen Personen tut.
Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Maßen, um die es in dieser Studie ging (z.B. die Unterschiede zwischen den Orientierungs-Clustern) sind also auch dann robust, wenn die zugrunde gelegte Stichprobe nicht bevölkerungsrepräsentativ ist.
Gleiches ist für die Zusammenhänge der unterschiedlichen sexuellen Orientierungen anzunehmen und damit für die in dieser Studie identifizierte Einteilung in drei Cluster anzunehmen:
- Auch wenn es bei Gleichklang sicherlich relativ mehr Personen gibt, die sich z.B. als pansexuell bezeichnen als in der Allgemeinbevölkerung, werden sowohl bei Gleichklang als auch in der Allgemeinbevölkerung, Personen, die Pansexualität bejahen, häufiger auch Omnisexualität bejahen oder für diese offen sein, als diejenigen, die Pansexualität verneinen.
Sofern also von einer grundsätzlichen Übertragbarkeit mindestens der Gerichtetheit der Zusammenhänge zwischen den Maßen ausgegangen werden kann, ist die Gültigkeit und Aussagekraft der Befunde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bejahen. Mit dieser Sachlage stimmt im Übrigen auch überein, dass veröffentlichte psychologische Studien, anders als Wahlumfragen, in aller Regel nicht auf bevölkerungsrepräsentativen Daten beruhen.
Da es in dieser Studie um eine beschreibende Darstellung der Möglichkeiten und nicht um die Feststellung bevölkerungsrepräsentativer Zahlen ging, wird die Relevanz der aktuellen Erhebung also wenig durch die Sachlage berührt, dass sie nicht bevölkerungsrepräsentativ war. Trotzdem wäre es fraglos wünschenswert, die Ergebnisse in anderen Bevölkerungsgruppen zu überprüfen und zu differenzieren.
Ausblick auf weitere Ergebnisse und Veröffentlichungen
Wie bereits dargestellt wurden in der Umfrage eine Vielzahl weitere Fragen gestellt. Tatsächlich handelte es sich um eine Omnibuserhebung, die es möglich macht, Befunde zu zahlreichen Themen zu analysieren.
So wurden u.a. auch die folgenden sexuellen Orientierungs-Merkmale auf der gleichen vierstufigen Skala erhoben:
• Demisexualität (sexuelle Anziehung setzt Liebe voraus)
• Androsexualität (sexuelle Anziehung durch männliche Merkmale)
• Gynosexualität (sexuelle Anziehung durch weibliche Merkmale)
• Polypartnersexualität (sexuelle Befriedigung erfordert Sex mit mehr als einer Person)
• Monopartnersexualität (sexuelle Befriedigung kann auch dauerhaft bei Sex mit nur einer Person eintreten)
• Vegansexualität (vegane Lebensweise wird als sexuell anziehend erlebt).
Außerdem wurden zwei hoch interessante und komplexe Verwebungen von Geschlecht/Gender und sexueller Orientierung erhoben, die u.a. durch den Film Mimikry bekannter geworden sind; nämlich:
• schwule Frauen (Selbstbezeichnung Girlfag)
• lesbische Männer (Selbstbezeichnung Guydyke)
Bei schwulen Frauen handelt es sich um Frauen, die sich als Frauen sehen, aber gerne in der Rolle eines schwulen Mannes Sex mit einem schwulen Mann haben möchten. Umgekehrt handelt es sich entsprechend bei lesbischen Männer um Männer, die sich als Männer sehen, aber gerne in der Rolle der lesbischen Frau Sex mit Frauen haben wollen.
Übrigens gibt es auch das entsprechende Phänomen bei schwulen Männer, die gerne Sex mit heterosexuellen Männern haben wollen und sich dabei in die Rolle der heterosexuellen Frau fantasieren bzw. in dieser Rolle erleben.
Hintergrund dieser Phänomene ist, dass menschliches Erleben und sexuelles Erleben komplex und vielgestaltig ist und daher die verschiedensten Formen annehmen kann.
Es werden weitere Veröffentlichungen u.a. zu den genannten Bereichen erfolgen. Vorab kann bereits gesagt werden, dass bei Einbezug der entsprechenden Orientierungen/Phänomene es bei einer drei Cluster-Lösung bleibt, wobei Polypartnersexualität besonders stark beim queeren Spektrum vertreten ist, lesbische Männer und schwule Frauen ebenfalls statistisch ins queere Spektrum fallen, während Vegansexualität besonders oft präsent ist sowohl bei den nonkonformen Heterosexuellen als auch im queeren Spektrum.
Es wurde von einem sofortigen Einbezug dieser Befunde in die aktuelle Auswertung abgesehen, weil die Befunde so noch komplexer geworden und von daher auf begrenztem Raum noch schwerer erklärbar gewesen wären. Insofern werden die dargestellten Aspekte künftig jeweils separat in Veröffentlichungen dargestellt werden.
In der Umfrage wurden nicht nur sexuelle Orientierungen, sondern ebenfalls romantische Orientierungen erhoben. Hintergrund ist, dass zwischen sexuellem Begehren und romantischem Begehren noch einmal zu unterscheiden ist. Beides korreliert zwar miteinander, aber der Überlappungsbereich ist alles andere als komplett. So können Menschen z.B. heterosexuell und homoromantisch sein – entsprechende Beziehungen werden – aus verschiedenen Gründen – seit Menschengedenken geführt. Auch Asexualität und Aromantik brauchen keineswegs zusammengehen, wobei es sowohl aromatische Personen gibt, die sich Sex wünschen, als auch asexuelle Menschen, die sich eine Liebesbeziehung wünschen oder diese leben.
In weiteren Veröffentlichungen werden vor diesem Hintergrund auch die Beziehungen zwischen sexuellen und romantischen Orientierungen genauer aufgeschlüsselt werden.