Hochsensibilität und Beziehungen
Dieser Artikel zeigt auf, wie Hochsensible glückliche Beziehungen erreichen können. Ausgehend von einer qualitativen Befragung werden beziehungsrelevante Themen für Hochsensible benannt. Nachfolgend wird erläutert, wie Partnerwahl und Beziehungs-Gestaltung sich auf die Beziehungsqualität auswirken.
Die wesentlichen Ergebnisse und Empfehlungen werden im abschließenden Resümee zusammengefasst, zu dem Leser:innen, die es gerne knapp haben, auch sogleich springen können.
Hochsensibilität bei Gleichklang
Hochsensibilität ist eine besondere Empfindsamkeit von Wahrnehmung, Gefühlen, Gedanken und Handlungsweisen. Mithilfe des auf unserer Seite Gleichklang-Studien angebotenen Hochsensibilitäts-Test (HSP-Test) können Sie mit sehr hoher Präzision feststellen, ob bei Ihnen eine Hochsensibilität vorliegt.
Gleichklang unterstützt die Partnersuche und Beziehungssuche von Hochsensiblen, indem diesen vorrangig Personen vorgeschlagen werden, die selber hochsensibel sind, oder aber mindestens eine Wertschätzung, ein Verständnis und eine Aufgeschlossenheit gegenüber Personen mit hochsensiblen Verarbeitungsweisen zum Ausdruck bringen.
Dieses Vorgehen stützt sich nauf eine Befragung von hochsensiblen Personen durch Gleichklang über ihre partnerschaftlichen Beziehungen und ihre Beziehungszufriedenheit, in der sich zeigte, dass Hochsensible typischerweise gefühlvollere und intimere Beziehungen mit Hochsensiblen erleben als mit Nicht-Hochsensiblen.
Andererseits wurden aber auch glückliche Beziehungen mit nicht hochsensiblen Personen beschrieben, wenn diese Verständnis und Akzeptanz für Hochsensibilität hatten.
Die Unterstützung der Partnersuche für Hochsensible ist gleichzeitig eine Unterstützung der Partnersuche für unsere nicht hochsensiblen Mitglieder. Schließlich wünschen sich alle eine glückliche und stabile Beziehung, die besser erreicht werden kann, wenn grundlegende Merkmale des Erlebens, der Wahrnehmung und Haltung übereinstimmen. Hochsensibilität ist eines dieser Merkmale, wobei eine wechselseitige Aufgeschlossenheit und Akzeptanz für eine glückliche Beziehung miteinander erforderlich ist.
Auswirkungen von Hochsensibilität auf Beziehungen
Welche Auswirkungen hat Hochsensibilität auf zwischenmenschliche Beziehungen?
Diese Fragestellung wurde vor Kurzem von einen Wissenschaftler:innen-Team qualitativ untersucht. Ihre Ergebnisse sind im Fachjournal Journal of Clinical Medicine veröffentlicht.
Die Studie beschäftigt sich nicht nur mit Beziehungsfragen – in diesem Artikel schränke ich die Darstellung aber auf Beziehungsfragen ein.
Wenn Sie sich für die weiteren Befunde der Studie interessieren, können Sie eine Gesamtzusammenfassung in diesem Artikel auf hochsensible.eu nachlesen.
In der Studie wurden Hochsensible mithilfe eines halbstrukturierten Interviews befragt. Aus den Angaben der Befragten wurden im Rahmen einer qualitativen Analyse Themen und Unter-Themen identifiziert.
Eines der identifizierten Themen lautete:
- Beziehung zu anderen
Zu diesem Thema konnten die Autor:innen folgende fünf Unterthemen in den Schilderungen der Befragten erkennen:
- Spüren der Atmosphäre und des emotionalen Zustandes anderer: Die Befragten berichteten, unmittelbar atmosphärische Stimmungen wahrnehmen zu können. So seien sie sehr sensitiv gegenüber der Wahrnehmung von Meinungsverschiedenheiten. Wenn sie anderen Menschen begegneten, spürten sie in besonders hohem Ausmaß deren emotionale Verfassung.
- Achtsamkeit für die Bedürfnisse anderer: Bedürfnisse anderer werden durch Hochsensible offenbar nicht nur verstärkt wahrgenommen. Vielmehr gehört es nach den Schilderungen der Befragten mit zum Kernmerkmal der Hochsensibilität, dass mit Bedürfnissen anderer achtsam umgegangen wird. Hochsensible sind demnach verstärkt bemüht, einen Beitrag für das Wohlbefinden anderer zu leisten.
- Verstehen der Gefühle und Absichten anderer: Über die reine Wahrnehmung hinausgehend, gaben die Befragten an, dass sie die Gefühle und Absichten anderer Menschen auch besser verstehen könnten. Die Befragten schilderten, besonders gut dazu in der Lage zu sein, die Perspektive anderer annehmen und so zu einem hohen Verständnis der Erlebens- und Reaktionsweisen anderer zu gelangen.
- Tiefe emotional-geistige Verbundenheit mit anderen: Die Befragten schilderten das Erleben einer tiefen emotional-geistigen Verbundenheit mit anderen Menschen – eine Verbundenheit, die Familie, Freunde, Bekannte, aber auch ihnen nicht bekannte Menschen einschließe. Dies gehe einher mit dem aktiven Streben, mit anderen in Kontakt zu sein, Gefühle und Erlebensweisen miteinander zu teilen.
- Handeln auf der Basis von Wahrnehmen, Verstehen und Wohlwollen: Die Befragten machten deutlich, dass ihre Hochsensibilität über die rein innerliche Eben der Wahrnehmung, des Verstehens und des Wohlwollens hinausgehe. Ihre Hochsensibilität spiegele sich vielmehr auch in ihren konkreten Handlungen wider gegenüber anderen Personen. Dies geschehe auf einer Grundlage des Wohlwollens. Merkten sie, dass es anderen Personen schlecht gehe, gingen sie auf diese zu, um ihnen zu helfen.
Auswirkungen auf Liebes-Beziehungen
Der Vergleich dieser Schilderungen mit Merkmalen, die in psychologischen Modellen der Liebe benannt werden, ist aufschlussreich.
Ich führe diesen Vergleich hier am Beispiel der von Karandashev & Clapp (2016) herausgearbeiteten 33 Dimensionen der Liebe durch, die ich bereits ausführlich in einem vorherigen Blog-Artikel beschrieben habe:
Hochsensibilität weist unter Zugrundelegung der Schilderungen der Befragten insbesondere einen direkten Bezug zu den folgenden Dimensionen der Liebe auf:
- Einfühlungsvermögen: Der Wunsch und die Fähigkeit, die Gefühle der Person zu verstehen und zu teilen. Schmerz so fühlen, als ob es der eigene ist. Freude darüber, wenn Person glücklich ist. Wunsch, zu wissen, wie es der Person geht.
- Geteiltes Leben: Etwas Gemeinsames wahrzunehmen zwischen sich und Partner: in. Es geht weniger um konkrete Aktivitäten, sondern um das durchaus Gefühl der Verbunden-sein aufgrund dessen, das Leben miteinander geteilt werden soll.
- Intimität: Tiefe Gefühle von Verbundenheit und Vertrautheit gegenüber Partner: in. Keine Angst vor eigener Verletzlichkeit, Selbst-Offenlegung, Austausch aller privaten Informationen und Gefühle, Gefühl, man kenne sich auf tiefer Ebene.
- Kommunion: Teilen von Gedanken, Gefühlen, Besitztümern und Handlungen mit Partner: in, um sich zu vereinen. Der Wunsch, zusammen Lebenszeit zu verbringen, sich in einer Beziehung als neue Einheit zu erleben, ideelle und materielle Güter teilen. Es geht um einen symbiotischen, die Grenzen der einzelnen Personen erweiternden Bezug.
- Schützen wollen: Etwas tun, um das Wohlbefinden der Person zu erhalten. Verantwortung und Sorge bei allen körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen übernehmen. Sich kümmern und sich jeder Form von seelisch oder körperlich schädigender Handlung enthalten. Für das Wohlbefinden eintreten und keinen Schaden wünschen oder zufügen.
- Sorge für das Wohlergehen: Interesse am Schutz der Gesundheit und des Wohlergehens der Person. Sich Sorgen machen um das körperliche und seelische Wohlergehen der Person, besorgt sein, wenn Wohlergehen der Person beeinträchtigt ist, aufgebracht sein, wenn Person von anderen angegriffen oder bedroht wird.
- Trost und Stärkung: Gefühl von Minderung körperlicher und seelischer Beschwerden durch Partner: in. Zusammensein mindert Ängste, körperliche Nähe stärkt das Wohlbefinden, in den Armen werden Sorgen vergessen. Die Beziehung mindert aktuelles oder befürchtetes Leid.
- Verantwortungs-Übernahme: Eine Verantwortung, die man für Partner: in übernimmt. Möchte Rat geben, Probleme lösen, Wünsche erfüllen und Person unterstützten. Möchte Beitrag leisten, dass Person glücklich wird.
- Verstehen: Ein auf Sympathie und Wissen beruhendes emotional-geistiges und Alltagsverständnis der Person. Die Person wertschätzend kennen, ihre Wünsche und Bedürfnisse kennen, Stimmung und Gefühle erkennen zu können, die Bedeutung der Handlung und die Gedanken zu verstehen – sich auch wortlos verstehen können.
Auswirkungen auf Sexualität
Zusammenhänge bestehen aber auch zwischen Hochsensibilität und Sexualität, die wir in einer Befragung bei Gleichklang mithilfe des Sexualitäts-Erlebens-Test untersuchten. Die Ergebnisse werden in diesem vorherigen Artikel auf hochsensible.eu beschrieben.
Hier möchte ich zwei Ergebnisse herausgreifen und zitieren:
- Sexuelle Selbsterfahrung: Hochsensible weisen eine deutlich höhere Ausprägung auf dem Faktor sexuelle Selbsterfahrung auf. Für Hochsensible ist Sexualität stärker etwas tiefer greifendes als reine sexuelle Erregung oder Befriedigung. Hochsensible integrieren Sexualität mehr als nicht hochsensible Menschen in ihre Selbsterfahrung und Persönlichkeits-Entwicklung.
- Liebesbezug: Hochsensible weisen einen stärkeren Liebesbezug in ihrer Sexualität auf. Für Hochsensible ist Sexualität stärker in innere und tief greifende zwischenmenschliche Begegnungen mit wechselseitiger Emotionalität eingebunden.
Beide Befunde sind nicht überraschend und decken sich gut mit den Schilderungen der Befragten zu ihren Beziehungen mit anderen:
- Sexualität ist ein stimulationsreiches Erlebensfeld und ermöglicht ein vertieftes Kennenlernen der eigenen Person und der anderen Person im Sinne eines gemeinsamen emotionalen und geistigen Erlebens- und Lernprozesses. Dabei vertieft die Sexualität den Aufbau eines achtsamen Bezuges vor dem Hintergrund einer emotional-geistigen Verbundenheit.
Ressourcen und Belastungen
Hochsensibilität kann eine Ressource sein, sie kann aber – je nach Bewältigung – ebenfalls zur Belastung werden.
Hochsensibilität als Ressource
Die Ressourcen-Seite des Einflusses von Hochsensibilität auf partnerschaftliche Beziehungen lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
Hochsensible Personen …
- spüren Gefühle und Atmosphären stark und können dadurch relevante zwischenmenschliche Faktoren besser wahrnehmen und auf sie reagieren. So können beziehungsrelevante Faktoren schneller erkannt, angesprochen und angemessener mit ihnen umgegangen werden.
- achten stärker auf die Bedürfnisse anderer und orientieren sich an ihrem Wohlergehen, In Beziehungen übernehmen sie daher Verantwortung, tragen Sorge für das Wohlergehen von Beziehungspartner:innen und reagieren mit Trost und Stärkung auf Leid und Belastungen.
- verstehen Gefühle und Absichten anderer besonders und entwickeln daher in Beziehungen ein hohes Ausmaß an Einfühlungsvermögen, Verstehen und Perspektivenübernahme. Dadurch können gemeinsame Wege gefunden und destruktive Konflikte vermieden werden.
- erleben eine tiefe emotional-geistige Verbundenheit mit anderen, die zu einem Wunsch und einer Bereitschaft für ein geteiltes Leben und dem Teilen von Gedanken, Gefühlen, Besitztümern und Handlungen führt. Es entsteht in der Beziehung eine Intimität im Sinne einer Vertrautheit, wo die eigene Person sich authentisch so zeigen und so sein darf, wie sie ist.
- sehen Sexualität als Selbsterfahrung und Ausdruck von Liebe, sodass eine hohe Verbundenheit und gemeinsame Weiterentwicklung in den sexuellen Beziehungen erleichtert wird.
Hochsensibilität als Belastung
Wie immer im Leben, gibt es jedoch auch bei Hochsensibilität die zweite Seite:
- die Seite der Verletzlichkeit und Belastbarkeit, die in ungünstigen Konstellationen zu hoher innerpsychischer Belastung und Überforderung führen kann
Diese Belastungs-Seite lässt sich wiederum folgendermaßen charakterisieren:
Hochsensible Personen …
- spüren Gefühle und Atmosphären stark und können dadurch durch Spannungen, Dissonanzen oder Unklarheiten in erhöhtem Ausmaß belastet werden. Ohne einen ausreichenden Selbstschutz kann dies zu Verletzungen, Überforderung und emotionaler Labilität führen.
- achten stärker auf die Bedürfnisse andere und orientieren sich an ihrem Wohlergehen, was ausgenützt werden und zu einer Zurückstellung der eigenen Bedürfnisse führen kann. Hochsensible sind stärker gefährdet, ein sogenanntes Helfer-Syndrom zu entwickeln, bei dem sie sich im Einsatz für die Bedürfnisse anderer selbst verlieren.
- verstehen der Gefühle und Absichten anderer besonders gut und können durch ihr Verständnis daran gehindert werden, effektiv für den eigenen Selbstschutz zu handeln. Zudem mögen sie so stark auf die Wahrnehmung von Gefühle und Absichten anderer Personen ausgerichtet sein, dass es zu Überbewertungen kommt und der gemeinsame Alltag dadurch erschwert wird.
- erleben eine tiefe emotional-geistige Verbundenheit mit anderen, die es ihnen erschweren mag, sich abzugrenzen, wenn diese emotional-geistige Verbundenheit einseitig erlebt und nicht durch die andere Person geteilt wird. Das Streben nach Kontakt, Austausch von Gefühlen und Symbiose mag von Partner:innen, die größeren Wert auf Unabhängigkeit legen, als überfordernd erlebt wird.
- beziehen Sexualität auf Liebe, Verbundenheit und gemeinsame Weiterentwicklung und mögen irrtümlich davon ausgehen, dass andere Personen, denen es eher um ungebundene Sexualität geht, dies genau so erleben. So mögen Gefühle für andere Personen entstehen, die von diesen nicht geteilt werden.
Bipolarität von Ressourcen und Belastung
Auch in der diesem Artikel zugrundeliegenden qualitativen Studie wurde die Bipolarität zwischen Ressourcen und Belastungen in den Selbstäußerungen der Befragten erkennbar, wie die folgenden beiden (ins Deutsche übersetzten) Äußerungen von Befragten gut verdeutlichen:
- Wenn ich zum Beispiel mit Kollegen zusammenarbeite, weiß ich sehr schnell wie: dieser Kollege mag dies, dieser Kollege mag das. Also, mir wird oft gesagt, dass dass es schön ist, zusammenzuarbeiten, weil ich natürlich denke: Oh, das macht man gerne dass man die Dinge gerne so macht, und dass man die Dinge gerne so macht. Aber meistens ist es so, dass vergesse ich, an meine eigenen Interessen zu denken.
- Wenn ich mit jemandem wirklich gut befreundet bin, kann das ein wirklich tiefes Gefühl sein wissen Sie? Eine echte Verbindung, als wäre man eine Familie, denke ich. Also, wenn etwas etwas Negatives passiert oder es einmal einen Streit gibt oder so, dann trifft mich das irgendwie trifft es mich hart.
Die Ressourcen zeigen sich in der Fähigkeit zu Kooperation und in der tiefen emotionalen Bindung. Belastungen entstehen, wenn eigene Bedürfnisse zurückgestellt werden oder das Leid der anderen die eigene Person überflutet.
Partnerwahl und Beziehungsgestaltung
Hochsensibilität und Partnerwahl
Hochsensibilität beeinflusst die Vertrautheit, das Verstehen, die Kommunikation und die Bindung in partnerschaftlichen Beziehungen. Allerdings tut dies nicht die Hochsensibilität einer Person allein:
- Für die Qualität einer Beziehung maßgeblich ist das Verhältnis von Ressourcen zu Belastungen und die Interaktion mit Partnerwahl und Beziehungsgestaltung.
Trifft Hochsensibilität auf eine falsche Partnerwahl, mag die Beziehungsqualität durch die Hochsensibilität nicht nur nicht zunehmen, sondern die Situation kann sogar besonders schlimm werden:
- Eine hochgradig ungünstige Beziehung kann entstehen, wenn eine hochsensible Person, die sich wenig abgrenzen kann, auf eine nicht-hochsensible Person trifft, die zu Manipulation und toxischem Beziehungsverhalten greift.
- Entscheidend ist hier die Interaktion zwischen falscher Partnerwahl und der ungünstigen Bewältigung der Hochsensibilität (mangelnde Abgrenzung, ggf. Helfersymdrom), die in Konsequenz eine belastete oder toxische Beziehung begünstigen kann.
- Gelingt einer Person demgegenüber die Nutzbarmachung von Hochsensibilität als Ressource, wird die falsche Partnerwahl schnell erkannt werden und eine Trennung erfolgt, da ein ausreichendes Maß an Selbstfürsorge und Abgrenzungsfähigkeit vorhanden ist.
- Hochsensible Menschen, die sich vorwiegend durch Labilität, Verletzlichkeit und mangelnde Abgrenzung auszeichnen, sind insofern besonders gefährdet für eine falsche Partnerwahl und die nachfolgende Aufrechterhaltung einer dysfunktional oder gar toxischen Beziehung.
- Demgegenüber sind hochsensible Menschen, die ihre Hochsensibilität als Ressource mit ausreichender emotionaler Stabilität und Abgrenzungsfähigkeit umsetzen, nicht in erhöhtem Ausmaß gefährdet, in dysfunktionale Beziehungen zu geraten. Im Gegenteil, ist in diesem Fall sogar eher zu erwarten, dass Gefahrensignale rechtzeitig erkannt werden und Abgrenzung vollzogen wird.
Was aber ist eine richtige und was ist eine falsche Partnerwahl bei vorhandener Hochsensibilität?
Hierzu hatten wir in der oben bereits angesprochenen Umfrage bereits vor längerer Zeit 5142 Personen befragt mit den folgenden Ergebnissen:
- 74 % der Befragten, die eine eigene Hochsensibilität klar bejahten, wünschten sich hochsensible Beziehungspartner:innen.
- Nur 8 % der Befragten, die eine eigene Hochsensibilität klar verneinten, wünschten sich hochsensible Beziehungspartner:innen.
In der gleichen Umfrage berichteten die Befragten auch über ihre eigenen partnerschaftlichen Erfahrungen mit hochsensiblen oder nicht-hochsensiblen Partner:innen:
- Mit hochsensiblen Partner:innen schilderten 77 % der Hochsensiblen einen intensiven Austausch über Gefühle und 80 % gaben an, dass sie sich ohne Worte verstanden.
- Mit nicht-hochsensiblen Partner:innen gaben lediglich 27 % einen intensiven Austausch über Gefühle und 30 % ein Verständigung ohne Worte an.
Offenbar können Hochsensible also tatsächlich von einer Beziehung mit anderen Hochsensiblen profitieren. Allerdings gibt es – seltener – auch Beziehungen zwischen Hochsensiblen und Nicht-Hochsensiblen, die eine ebenso hohe emotional-kommunikative Intensität und ein ebenso gutes Verstehen ohne Worte erreichen können.
In der Umfrage wurde nicht die Möglichkeit erfragt, dass Partner:innen womöglich nicht hochsensibel sind, aber eine hohe Aufgeschlossenheit, Akzeptanz und Bereitschaft für eine Beziehung zu einem hochsensiblen Menschen aufweisen.
Bei Gleichklang können Hochsensible bei der Ausrichtung ihrer Suchkriterien zwischen einer Aufgeschlossenheit für hochsensible Partner:innen und einer Präferenz für hochsensible Partner:innen unterscheiden.
Innerhalb der Präferenz wird wiederum unterschieden zwischen einer Vorliebe und einer ausschließlichen Beschränkung der Partnersuche oder auch der Freundschaftssuche auf andere Hochsensible.
Es zeigen sich folgende Auswahlentscheidungen bei unseren hochsensiblen Mitgliedern:
- 87,46 % unserer hochsensiblen Mitglieder geben explizit an, für eine Beziehung mit einer hochsensiblen Person aufgeschlossen zu sein. 9,92 % unserer hochsensiblen Mitglieder geben hier ein unentschieden ein und lediglich 2,62 % lehnen eine Hochsensibilität bei Partner:innen ab.
- 67,39 % unserer hochsensiblen Mitglieder haben darüber hinaus eine dezidierte Vorliebe für eine hochsensible Person bei ihrer Partnersuche. 30,03 % geben hier ein unentschieden ein und lediglich 2,58 % verneinen eine Präferenz für hochsensible Personen.
- Allerdings wollen nur 12,07 % unserer hochsensiblen Mitglieder ihre Partnersuche komplett auf ebenfalls hochsensible Personen beschränken.
- Umgekehrt liegt bei den nicht-hochsensiblen Mitgliedern die Aufgeschlossenheit für eine hochsensible Person als Partner:in bei nur 29,73 %.
Damit ergibt sich folgendes Bild:
- In überwältigender Mehrheit sind hochsensible Gleichklang-Mitglieder aufgeschlossen für eine Beziehung mit einer hochsensiblen Person.
- Eine große Mehrheit von zwei von drei hochsensiblen Personen hat sogar eine dezidierte Vorliebe für Partner:innen, die ebenfalls hochsensibel sind.
- Lediglich eine von acht hochsensiblen Personen möchte aber jede nicht-hochsensible Person von vornherein aus der Partnerwahl ausschließen.
- Demgegenüber ist nur weniger als eine von drei nicht-hochsensiblen Personen für eine Partnerschaft mit einer hochsensiblen Person aufgeschlossen.
Was ist also die richtige Partnerwahl für hochsensible Personen?
Meistens werden hochsensible Personen in Partnerschaften mit ebenfalls hochsensiblen Personen glücklicher als in Beziehungen mit nicht-hochsensiblen Personen.
Allerdings können auch Beziehungen zwischen hochsensiblen und nicht-hochsensiblen Personen glücklich werden, wenn Akzeptanz, Bereitschaft und Aufgeschlossenheit vorhanden sind.
Die Empfehlung lautet daher, dass Hochsensible bei der Partnersuche gezielt nach Personen suchen, die ebenfalls hochsensibel sind oder eine hohe Aufgeschlossenheit haben für eine Beziehung mit hochsensiblen Personen.
Gleichklang unterstützt beide Suchoptionen.
Hochsensibilität und Beziehungsgestaltung
Die Zufriedenheit mit einer Beziehung entsteht .- wie bereits oben geschildert – nicht allein aus der Hochsensibilität an sich, sondern daraus, wie die Hochsensibilität in eine Beziehung eingebracht wird und und die Beziehung gestaltet wird.
Zwei Besonderheiten von Hochsensibilität können hier eine Rolle spielen:
Reizüberflutung und Rückzug
- Hochsensible Personen neigen zur Reizüberlastung und brauchen Rückzugsmöglichkeiten von Trubel, Stress und Lärm. Dies gilt grundsätzlich natürlich für alle Menschen, aber für Hochsensible eben in einem stärkeren Ausmaß.
- Werden solche Rückzugsmöglichkeiten in einer Beziehung nicht gewährt, wird die Zufriedenheit leiden. Gelingt es Partner:innen aber, die Situation miteinander zu klären und Rückzugsmöglichkeiten einzuplanen, wird die Beziehungszufriedenheit steigen.
- Dies mag leichter gelingen, wenn beide Personen hochsensibel sind. Aber auch bei nur einer hochsensiblen Person kann eine gute Lösung gefunden werden, wenn Akzeptanz und Verständnis vorhanden sind. Wichtig ist, miteinander ins Gespräch zu kommen, gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu finden und Vereinbarungen zu treffen.
- In Beziehungen zwischen Hochsensiblen und nicht Hochsensiblen ist die wechselseitige Akzeptanz und auch das Einräumen von Freiräumen wesentlich, damit beide Seiten ihre Bedürfnisse umsetzen und so ein hohes Ausmaß an Beziehungszufriedenheit erreichen können.
Sehr hilfreich können zudem Meditation und Yoga sein, wie mein vorheriger Artikel aufgrund psychologischer Forschungsbefunde darlegte:
Erlebnis-Offenheit und Meditation
Praktizierende von Meditation und Yoga berichten in psychologischen Studien eine Abnahme von Ärger und Angst und mehr Geduld und Gelassenheit. Sie schildern weniger Rigidität, bessere Perspektivenübernahme und mehr Akzeptanz von sich selbst und anderen. In Beziehungen erleben sie dadurch so mehr Verbundenheit als auch mehr Freiheit und berichten über eine Stärkung der Vertrautheit.
Besonders wirksam ist dabei nach vorliegenden Befunden gemeinsame Meditation, die zu einer verbesserten Kommunikation, einem Mehr an Akzeptanz und Mitgefühl, einer zufriedeneren Sexualität und einem verstärkten gemeinsamen Verstehen führt.
Hochsensible haben eine besonders hohe Affinität zu meditativen Praktiken und Yoga:
- Bei Gleichklang geben 76 % unserer hochsensiblen Mitglieder an, Meditation oder Yoga zu praktizieren. Aber auch 58 % unserer nicht hochsensiblen Mitglieder praktizieren Meditation oder Yoga.
Die Integration von gemeinsamer Meditation oder Yoga kann eine wirksame Strategie sein, um die Ressourcen in einer Beziehung zu fördern und zu einer gestärkten Verbundenheit zu gelangen. Dies wiederum erhöht die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) gegenüber Stressoren und Belastungen.
In Beziehungen zwischen Hochsensiblen und anderen Hochsensiblen, aber auch zwischen Hochsensiblen und Nicht-Hochsensiblen können gemeinsame Meditation oder Yoga so zu einem wichtigen Bindeglied und Ausgleich werden.
Zusammenfassung
Resümee und Empfehlungen
- Hochsensibilität wirkt sich auf Beziehungen und Partnerschaften insofern aus, als dass Hochsensible die Gefühle und Absichten anderer leichter verstehen, stärker auf die Bedürfnisse anderer achten, Stimmungen und Atmosphären sensitiver wahrnehmen, ihre interpersonellen Handlungen oft besonders wohlwollend gestalten und eine tiefe emotional-geistige Verbundenheit mit anderen erleben.
- Hochsensibilität als Ressource kann auf dieser Grundlage wichtige Komponenten des Liebesliebens fördern und vertiefen, wie Einfühlungsvermögen, geteiltes Leben und Kommunion, Intimität und Vertrautheit, Schutz, Sorge und Trost, Verantwortungsübernahme und Verstehen. So können besonders tiefe Beziehungen mit einem hohem Ausmaß an Verbundenheit, Akzeptanz und Wechselseitigkeit entstehen.
Bei unzureichenden Bewältigungs-Fertigkeiten kann Hochsensibilität aber auch zur Belastung werden:
- So können Hochsensible durch Spannungen, Dissonanzen oder Unklarheiten besonders stark belastet werden. Daraus mag Reizbarkeit und Rückzug in Beziehungen entstehen. Ohne ausreichenden Selbstschutz kann es zu Verletzungen und Überforderung, Zurückstellung eigener Bedürfnisse, Ausnutzung und Helfer-Sydrom, Überbewertung von temporären Schwankungen, Einseitigkeit in der Beziehungsgestaltung oder zu einem Mangel an Abgrenzung kommen. Auch mögen sich nicht-hochsensible Partner:innen hierdurch wiederum als überfordert erleben.
Die Ressourcen von Hochsensibilität in Beziehungen zeigen sich in der hohen Fähigkeit zur Kooperation und in der tiefen emotionalen Bindung. Belastungen entstehen vorrangig, wenn eigene Stressbewältigungs-Mechanismen unzureichend sind, eigene Bedürfnisse zurückgestellt werden oder es zu einer Überflutung mit dem Leid anderer kommt.
Eine hohe Beziehungszufriedenheit kann erreicht werden durch eine richtige Partnerwahl und durch effektive Strategien der Beziehungsgestaltung:
- Hochsensible Personen schildern mehrheitlich, in Beziehungen mit ebenfalls hochsensiblen Personen besonders glücklich zu werden. Allerdings sind auch glückliche Beziehungen mit nicht-hochsensiblen Personen möglich, wenn Akzeptanz und Wertschätzung für eine hochsensible Person bei der anderen Person von vornherein vorhanden ist.
- Die Empfehlung für partnersuchende Hochsensible lautet daher, gezielt nach anderen hochsensiblen Personen oder Personen mit einer Wertschätzung für Hochsensibilität zu suchen. Dies fördert das Verständnis und erleichtert das gemeinsame Zusammenleben. Gleichklang ermöglicht eine solche Suche.
- Effektive Strategien der Beziehungs-Gestaltung bestehen in der Vereinbarung von Rückzugsmöglichkeiten zum Schutz vor Reizüberlastung, dem (im besten Fall) gemeinsamen Praktizieren von Meditation oder Yoga, die die Verbundenheit fördern, Erholungsressourcen etablieren und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen erhöhen, sowie der fortwährenden Arbeit an wechselseitiger Akzeptanz und dem Einräumen von Freiräumen.
Durch eine richtige Partnerwahl und mithilfe von effektiven Strategien der Beziehungs-Gestaltung kommen die Bedürfnisse beider Seiten zum Tragen, wodurch es möglich wird, ein hohes Maß an Beziehungszufriedenheit zu erreichen. Hochsensible haben das Potential für besonders tiefe und stabile Beziehungen, wenn sie hierauf achten.