Kommentare (3)

  1. Uwe Kurzbein says:

    Hallo Guido, ich habe vor einigen Jahren einen Aufsatz geschrieben. Vielleicht hast Du Lust, ihn zu lesen:
    Über Männer und Frauen,

    Jede Nacht, die wir ein Kopfkissen nutzten, sagte meine Freundin: „Du bist in Meike verliebt“. „Nein, das bin ich nicht“. Jede Nacht kam der Satz:“ Du bist Meike verliebt“.
    Nach einem Nachtgebet sagte ich: Also wenn Du es unbedingt willst, dann bin
    ich in Meike verliebt. „Siehste, habe ich doch gesagt“.
    Am nächsten Tag saßen alle 18 Lutteranerxinnen am Tisch. Da sagte meine Geliebte: „Damit ihr wisst, warum ich so deprimiert bin, ist, dass Uwe sich in Meike verliebt hat“. Alle ließen Messer und Gabel fallen und als der Hahn in diesem Moment krähte, sprangen alle ans Fenster.

    Das Fazit meines langen Lebens ist, dass ich die Frauen, die sich mit mir eingelassen habe, nicht verstehen kann. Umgekehrt wird den Frauen das Verstehen der Männer wahrscheinlich leichter.
    (Das, was Frauen den Männern voraus haben: Sie sind dem Lebendigen näher. Alleine schon wegen der Möglichkeit, in sich Leben heranwachsen zu fühlen und zu gebären.)
    Ich vermute, dass Männer wieder zurück wollen in den Raum, in dem sie so sein können, wie sie sind, nicht kontrolliert, sich behaupten zu müssen, sie sind einfach. Und das ist Mutters Bauch. Zurück in Mutters Bauch. Einerseits. In einer Rebirthing Übung ist mir etwas Sonderbares passiert. Ich habe die Geburt noch einmal nachvollzogen. Ich lag auf dem Boden, die Beine angewinkelt an die Wand gedrückt und Theo legte die Hände so an meinen Kopf, dass ich dagegen drücken konnte. Ich weiß nicht, wie lange ich so lag. Ich fing an, gegen die Hände zu drücken und bekam Asthma. Ich ließ wieder nach und konnte wieder atmen. Ich machte dasselbe einige Male und jedes Mal bekam ich keine Luft, wenn ich gegen die Hände drückte. Ich drückte stärker und dann kam den Moment: Das ist der Punkt, an dem ich nicht mehr zurück kann. Als ich geboren war, durchdrang mich der Impuls: Ich bin falsch gelandet.

    Ich nehme an, dass die Geburtserlebnisse nachhaltig im Unbewussten weitertragen und viele Entscheidungen und Verhaltensweisen beeinflussen.

    Es ist inzwischen bekannt, dass das Verliebtsein viel mit den Projektionen zu Mutter und Vater zu tun haben. Das Drama des Verliebstseins ist, dass Erwartungen an die Geliebte transportier werden, die eigentlich zur Mutter gehen. Natürlich kann die Geliebte diese nicht erfüllen.

    Das ist die eine Seite.
    Die andere ist, dass ich in einer Gesellschaft aufwachse, in der einmal Hierarchie und Eigentum die zentralen Inhalte sind. Auch wenn sich die Lage zur Zeit etwas ändern mag, aber immer noch gehört die Frau dem Mann und umgekehrt. Natürlich gilt das auch für die Kinder.
    Also in der patriarchalen Welt läuft die Hierarchie und Gewaltlinie von oben nach unten: Mein Chef, meine Firma, meine Frau, meine Kinder. Mein Einfamilienhaus, mein Auto usw.

    Mittlerweile leben aber einige von uns nicht mehr in dieser „bürgerlichen Inszenierung“, sondern in Klein Hundorf oder auf dem Olgashof. Und auch dort scheint das Eigentum, oder mindestens der Besitz noch vorhanden zu sein.
    Die zentrale Frage, die zu beantworten wäre: Was will ich von meiner Partnerin, was will ich von meinem Mann? Warum sind wir zusammen?
    Die Antworten dürften bei den Männern und den Frauen grundverschieden sein.
    Die Antworten werden deutlich: Was ist für mich eine Beziehung, was eine Freundschaft?

    „Uwe, du bist mein bester Freund“ (der beste Freund des Menschen ist der Hund).

    Habe ich eine Beziehung, wenn ich Sex habe? Wenn ich keinen Sex mehr habe, habe ich dann keine Beziehung mehr? (Sind wir dann kein Paar mehr).

    Ich vermute, dass der Sex bei den Männern das ausschlaggebende Moment ist. Ich könnte also sagen: Alle Männer wollen Sex, es sei denn, sie werden sexuell vollgepumpt, so dass sie genug haben.
    Da aber – nehme ich an- alle Männer zu wenig Sex bekommen, es sei denn, sie leben im ZEGG, sind also permanent auf der Suche. Natürlich nicht wie die Jäger des Mittelalters.
    Was sehe ich zuerst als Mann, wenn ich eine Frau sehe? In dieser Gesellschaft, mit dieser Prägung und: Übrigens auch mit der Prüderie, die zusätzlich das Verlangen beflügelt, sehe ich die Reize der Frau, verhüllt oder unverhüllt.

    Eifersucht hat sicherlich hier die Wurzeln. Wenn ich nicht befürchten muss, nicht mehr geliebt zu werden, wenn meine Geliebte mit einem anderen ins Bett geht, muss ich nicht eifersüchtig sein, sondern kann das Spiel genießen.

    Wie Frauen das jedoch empfinden, weiß ich einfach nicht und meine Fragen an meine Geliebten haben gar nichts ergeben. Sex scheint jedenfalls nicht das zentrale Ereignis zu sein.
    Warum sind Frauen mit mir zusammen und warum verlassen sie mich?

    Ich nehme nicht an, dass diese Fragen therapeutisch ehrlich beantwortet werden.
    Bei der Gemengelage in klein Hundorf, aber natürlich auch auf dem Olgashof, wäre eine Möglichkeit, dass die Frauen sich zusammensetzen und den Fall beraten. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich emotional und rational einigen, wann wer mit wem ins Bett geht-und wie die persönlichen Begierden liegen.
    Das könnte gelingen, weil alle zusammen eine Liebesgemeinschaft sind. Niemand nimmt der anderen irgendetwas weg.
    Dahinter steht das Bild, dass Männer immer wollen und nur Sex im Kopf haben.

    Wenn ich mich betrachte, mit 78 Jahren, dann steht für mich immer noch Sex im Interesse,. Warum bin ich mit meiner Frau zusammen und wie sieht dann die Beziehung aus. Unter Alten.
    Bei ausgewachsenen Individuen sind die Interessen auch nicht stets dieselben. Sie überschneiden sich kaum. Warum also? Aus Gewohnheit? Oder weil die eine den anderen bis in den Tod pflegen will.

    Wo setzt jetzt Aufdringlichkeit ein?
    Klar ist, dass wenn eine Frau sich belästigt fühlt und das auch äußert, ist damit sofort aufzuhören. Ein: ich will nicht, heißt auch so. Es kann jedoch auch sein, dass Männer das nicht begreifen.
    Ich sah einmal in Lutter aus dem Fenster und sah, wie Schnöder, ein Rüde die Sarah, eine Hündin immer anmachte. Sie schubste ihn weg, aber er ließ nicht los, da hat sie ihn laut und wütend angekläfft und nach ihm geschnappt. Da hat er es begriffen.
    Also Deutlichkeiten sind wichtig: Eine Frau sagte einmal zu mir: Uwe ich werde mit Dir keinen Sex haben: Klar: wir konnten dennoch im selben Bett schlafen und alles war OK.

    Deutliche Symbole und Zeichen sind immanent wichtig.

    Das ist die eine Seite. Die andere mag die sein, dass Frauen von diesen begierigen Blicken und Anmachen genug haben und in dieser Hinsicht einfach nicht belästigt werden wollen.
    Das Problem ist, dass wir uns hier nicht auf einer intellektuellen, sondern auf einer biologisch- gesellschaftlichen Ebene befinden.

    Im ZEGG haben die Frauen es ausprobiert, den sexuellen, erotischen Signalen zu folgen und sie auszuleben. Ich kann mir gut vorstellen, dass das irgendwann auch für die Männer reicht.
    Aber ich kenne keinen.

    Was mir völlig (dieses Thema mag in einem anderen Aufsatz untersucht werden).
    unvorstellbar ist, dass es Gewalt gegen Frauen gibt und die oft über Sex ausgeübt wird.

    Müssen wir mehr voneinander wissen?
    Ich bin zweimal in einer Schwitzhütte gewesen, mit Frauen zusammen. Von meiner einstigen Geliebten wurde das Zeremoniell durchgeführt. Ich habe beschlossen, nicht mehr in einer gemischten Hütte zu sein, weil ich dort den Eindruck hatte, dass es Frauenthemen gibt, zu denen ich nicht gehöre. Ich bin dort fehl am Platze.
    So habe ich auch in machen unsere Kommunikationstrainings empfunden. Wir haben dann die Gruppen getrennt. Die Frauen haben für sich weiter gemacht, die Männer auch.

    Ich kann mir gut vorstellen, einiges in dieser Hinsicht vom ZEGG zu lernen.
    Ich habe mal in der Anstalt (glaube ich- es könnte auch im ZEGG gewesen sein) Folgendes erlebt:
    In der Anstalt (Psychosomatischen Klinik)war aller erlaubt, nur kein Sex. Also keine Beischlaf. Erotik, aber keine Bettgeschichten.
    Das war die offene Tür für alle Insassen, alles ausprobieren zu können. Das hat sich bewährt. Das andere war, dass wir alle nackend in einem Raum lagen und die Leiterin warmes Öl über unsere Körper geträufelt hat und wir glitschig übereinander gerutscht sind. Erfahrungen, die mit tiefen Empfindungen zu tun haben, aber keine Begierden auslösen. In der Sauna mag das ähnlich sein.
    Die Frage ist also, ob das Loslassen der Prüderie hilft. Also: Wir sitzen nicht angezogen in der Runde, sondern nackend. Dein hängender Busen törnt mich dann nicht mehr an, und mein hängender schlaffer Penis bringt Dich zum Lachen.
    So liebe Dana, meine Überlegungen, noch unsortiert und für mich mehr eine Grundlage, mehr nicht. Schon gar keine Philosophie.

    Es gibt natürlich noch eine andere Seite, die ich bisher ausgespart habe. Und das ist die, dass das Miteinander ins Bett gehen ja nicht nur der kopulierenden Akt bedeutet, sondern zwischen den Beiden viel mehr abläuft. Zuerst ist es natürlich eine sehr intensive Nähe, dann eine Vertrautheit- ich lasse Dich in mich hinein, ich nehme Dich auf und ich komme zu Dir herein. Das ist ein tiefer spiritueller Akt. Und ich kann Dich auch wieder loslassen- die absolute Verbindung wird gelöst und beide können sich aus dieser Nähe wieder ein Stück lösen. Das ist wichtig, weil beide wieder in der „normalen“ täglichen Welt ankommen müssen. Auf dieser Ebene nimmt das sexuelle Miteinander eine ganz andere Bedeutung an. Die Verschmelzung, die Symbiose ist das Ziel, nicht allein zu sein, sondern zu verschmelzen. Beim Tantra sind das wesentliche Inhalte. Dabei ist das Eindringen und Aufnehmen des Penis nicht der zentrale Inhalt, sondern die Verschmelzung, beginnend mit den Energien. Aber zur Verschmelzung gehört auch das Trennen wieder, das Entschmelzen.

    Uwe, den 30. 8. 2020

      1. Andreas says:

        Hallo Uwe, schöner Aufsatz 🙂

        Als Mann (45) würde ich aber der These widersprechen, dass Sex für Männer derart zentral sein muss. Klar, das Verlangen ist da, aber mir war z.B. seit meiner Jugend das Gefühl der Verbundenheit viel wichtiger (weil das zu meinen Eltern immer fehlte und ich sehr isoliert war).

        Beziehungen sind zentral für unser Wohlbefinden. Der Mensch ist nun mal ein soziales Tier. Deshalb wollen wir gerne mit Menschen zusammen sein, denen wir uns verbunden fühlen.

        Ich habe momentan nur 2 solcher Beziehungen, und zwar mit den Kindern meiner Exfreundin, für die ich noch immer Wunschpapa bin. Und die geben mir tatsächlich mehr Nähe, als nahezu jede erwachsene Frau in meinem bisherigen Leben 🙂

      2. Daggi says:

        Wieder alles sehr ergiebig! Vielen Dank, Herr Gebauer. Ihre Untersuchungen eröffnen mir Woche für Woche neue Erkenntnisse. (Die einzige Sache, die mich etwas stört, wirklich nur eine Kleinigkeit, ist, dass Sie bisweilen einen angelsächsischen Jargon verwenden, wo es doch im Deutschen, der Muttersprache der Psychologie, ein entsprechendes Vokabular gibt. Was sind “Absolute Beginner” wenn nicht blutige Anfänger? Oder “rote Flaggen” nichts anderes als Warnsignale?) Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag, Herr Gebauer. Hier schneit es.

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        Guido F. Gebauer

        Geschrieben von

        Guido F. Gebauer studierte Psychologie an den Universitäten, Trier, Humboldt-Universität zu Berlin und Cambridge (Großbritannien). Promotion an der Universität Cambridge bei Prof. N. J. Mackintosh zu den Zusammenhängen zwischen unbewusstem Lernen und Intelligenz. Im Anschluss rechtspsychologische Ausbildung, Tätigkeit in der forensischen Psychiatrie und 10-jährige Tätigkeit als Gerichtsgutachter. Gründung der psychologischen Kennenlern-Plattform Gleichklang 2006. Schreibt für diesen Blog und für vegan.eu und Hochsensible,.eu. Buchveröffentlichung "A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht" im Mai 2022 im Edigo Verlag. Gebauer lebt und arbeitet in Kambodscha, wohin er Ende 2015 gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Gleichklang Seksan Ammawat ausgewandert ist. Termine für ein ⇒ COACHING (Telefon, Video-Chat) können vereinbart werden. Direkter Kontakt für Anmerkungen zu Artikeln hier: gebauer@gleichklang.de