Kommunikations-Strategien in Beziehungen
In diesem Artikel geht es darum, wie emotionale Erpressung alle Phasen von Beziehungen schädigt:
- von der Partnersuche, über den Beziehungsaufbau bis hin zur Beziehungserhaltung
Der Artikel zeigt, wie wir dies durch eine direkte und offene Kommunikation ändern können.
Wichtig ist, seine eigenen Muster zu erkennen, um aus dem Teufelskreis der Wiederholung auszusteigen. Hiefür soll dieser Artikel eine Hilfe sein.
Aber auch, wenn Sie sich selbst emotional erpresst fühlen, kann der Artikel Ihnen Anregung geben, wie Sie richtig und wirksam reagieren können.
Dadurch kann es gelingen, eine womöglich ansonsten durchaus tragsfähige, gerade entstehende oder bereits bestehende Beziehung zu entwickeln, zu erhalten und zu verbessern.
Indirekte Suche nach Unterstützung
Indirektes Suchen nach Unterstützung in einer Beziehung beinhaltet das Schmollen, Jammern oder das Zeigen von Traurigkeit, Unzufriedenheit, Wut oder Ärger, um Zuwendung durch den Partner zu erhalten – dies aber ohne offen die eigene psychische Situation, die Gründe, die eigenen Gedanken und Gefühle mit dem Partner zu besprechen.
Ein Beispiel für eine indirekte Strategie ist es, schweigend die eigene Beleidigung oder Kränkung zu zeigen und auf Nachfragen nicht oder nicht nachvollziehbar zu reagieren. Aber auch reine Beschimpfungen, Verlassen des Hauses oder Trennungsdrohungen mögen Ausdruck eines indirekten Versuches sein, Unterstützung zu erhalten.
Eine aktuelle psychologische Untersuchung hat übrigens festgestellt, dass solch ein indirektes Suchen nach Unterstützung gerade bei Menschen mit Tendenzen zu Selbstunsicherheit, geringem Selbstwert oder mangelnden Konfliktklärungsfertigkeiten recht oft auftritt. Grundsätzlich kann aber jeder betroffen sein.
Studien zeigen zudem, dass das Ergebnis von einer indirekten Suche nach Unterstützung in der Regel das Gegenteil des Erhofften ist:
- Beziehungs-Partner reagieren nicht mit vermehrter, sondern mit verminderter emotionaler Unterstützung
- anstatt positive Zuwendung, Bekräftigung und Hilfe zu erhalten, resultieren Unverständnis, Kritik oder Abwendung
- mögliche Lösungsstrategien werden so nicht gefunden
- Folge ist eine verminderte Beziehungszufriedenheit auf beiden Seiten
- Zerwürfnis und Trennung können am Ende stehen
Direkte Suche nach Unterstützung
Ganz anders sieht es übrigens aus, wenn wir direkt nach Unterstützung durch den Beziehungs-Partner suchen. Dies können wir tun, indem wir über unsere Befindlichkeit sprechen, unsere eigenen Gedanken darlegen, und mit dem Partner klären, was wir gemeinsam verändern können:
- direkte Suche nach Unterstützung ist mit mehr emotionaler Zuwendung, Aufmerksamkeit, Verständnis und Veränderungsbereitschaft verbunden
- direkt bedeutet übrigens nicht unfreundlich oder rüde, sondern offen und geradeaus
- direktes Kommunizieren hilft, eine stabile Beziehung aufzubauen und zu erhalten
Denkfehler beim indirekten Agieren
Indirektes Agieren mag anfangs noch – aber nur sehr kurzzeitig – scheinbar wirken, führt aber letztlich zu Belastungen der Beziehung und wird als emotionale Erpressung durch den betroffenen Beziehungs-Partner erlebt.
Wenn wir indirekt agieren, neigen wir dazu, zu überschätzen, was der andere eigentlich wirklich über unsere Gedanken und Gefühle weiß.
In Wirklichkeit sind wir mit unseren Gedanken und Gefühlen zunächst einmal mit uns allein. Gesellschaft erhalten wir nur dann, wenn wir sie kommunizieren. Dies muss nicht immer sprachlich sein, aber die Sprache hat fraglos einen wichtigen Platz.
Kann indirektes Agieren wirken?
Indirektes Suchen nach Unterstützung könnte nur dann die gewünschte Wirksamkeit entfalten, wenn folgende Voraussetzungen beim Beziehungs-Partner bestehen:
- Beziehungs-Partner wissen wirklich, worum es innerpsychisch bei dem Partner oder der Partnerin geht
- Beziehungs-Partner reagieren auf das Schmollen, den Rückzug etc. nicht mit Gefühlen von Ärger, Reizbarkeit, Ungerechtigkeitserleben oder Hilflosigkeit
Meistens sind beide Voraussetzungen nicht gegeben und schon gar nicht dauerhaft. Wenn es sich also bei der indirekten Suche nach Unterstützung um ein wiederkehrendes Muster handelt, welches durch verschiedenste Situationen, Wahrnehmungen, Verhaltensweisen oder Stimmungen ausgelöst wird, wird positive emotionale Zuwendung nahezu nie erreicht.
Oft werden beide Seiten unglücklich:
- indirekt nach Unterstützung Suchende schaffen es nicht, aus dem eigenen Gefängnis der mangelnden Kommunikation auszubrechen, erhalten dadurch nicht die gewünschte positive Aufmerksamkeit, sondern vermehrt negative Aufmerksamkeit, was wiederum ihre Stimmung weiter verschlechtert (und zu noch mehr indirektem Agieren führen kann) …
- Empfänger der indirekten Kommunikation werden irritiert, verärgert oder hilflos. Sie erleben das Verhalten der Beziehungs-Partner als unerklärlich oder ungerecht und mögen sich als Opfer emotionaler Erpressung verstehen
Indirekte Suche nach Unterstützung durch Schmollen oder Rückzug in Konfliktsituationen führt zu keiner Konfliktklärung, sondern es handelt sich um einen passiv-aggressiven Versuch, den Beziehungs-Partner zu dominieren, indem keine nachvollziehbaren Wünsche oder Forderungen gestellt werden, sondern nur auf der negativen Stimmungsebene agiert wird.
Was wir durch eine solche dysfunktionale Strategie letztlich zurückerhalten, ist noch mehr schlechte Stimmung und das Fortbestehen des Konflikts.
Selbst wenn die Beziehungs-Partner genau wissen, worum es geht, und um des lieben Friedens willens nachgeben, wird der Erfolg in der Regel nur kurzfristig sein. Denn wer sich erpresst fühlt, reagiert selbst mit Reaktanz und Ärger und wird mit der Beziehung früher oder später unzufrieden.
Wie indirektes Agieren bereits die Partnersuche blockieren kann
Indirektes Suchen nach Unterstützung im Sinne der beschriebenen passiv-aggressiven Verhaltensweisen kann nicht nur bereits bestehende Beziehungen gefährden, sondern kann bereits in die Phase der Partnersuche negativ eingreifen.
Es gibt viele Gründe, warum wir bereits während des reinen Online-Kontaktes im Prozess der Partnersuche über einen anderen Menschen enttäuscht oder verärgert sein mögen. Dies mag berechtigt oder unberechtigt sein. Oft sind Missverständnisse die Ursache.
Auch kann es zeitliche Verschiebungen geben bei der Enstehung und Vertiefung von Sympathie und Interesse aneinander. Der frühere Part mag mit Enttäuschung reagieren und sich frustriert zurückziehen.
All dies kann auch bei den ersten Begegnungen außerhalb des Internets und in der Phase des Beziehungsaufbaus eintreten.
Ein Teil der Kontakte endet aufgrund solcher Entwicklungen. Dies ist bei einigen Kontakten verfrüht und unnötig, wenn die Beendigung auf Missverständnissen, unterschiedlichen Geschwindigkeiten oder korrigierbaren Kleinigkeiten beruht, die nur deshalb nicht aufklärbar sind, weil eine Kommunikation nicht stattfindet.
Natürlich gehen die meisten Kommunikationsprozesse zwischen unseren Mitgliedern an uns vorbei, was ja auch gut ist. Aber es gibt doch genug Fälle, wo sich Mitglieder bei uns melden aufgrund für sie nicht nachvollziehbarer plötzlicher Kontaktabbrüche oder inhaltlich nicht verständlicher Vorwürfe.
Was tun bei merkwürdigen Kontaktabbrüchen?
Wir raten, wenn es möglich ist, den Kontakt noch einmal aufzunehmen und ohne Vorwürfe, Beleidigkeitsein oder Ärger nach den Gründen und dem Erleben des anderen Mitglieds zu fragen.
Ist eine Löschung des Profils durch das andere Mitglied erfolgt, fragen wir auf Wunsch bei dem Mitglied nach, ob wir das Profil hierfür wiederherstellen dürfen oder nicht.
Wir sehen, dass sich solch ein Zugang lohnt. Immer wieder erhalten wir in einzelnen Fällen Rückmeldung, dass es nur Missverständnisse waren, die jetzt geklärt werden konnten.
Plötzliche Kontaktabbrüche oder nicht auf konkrete Inhalte ausgerichtete Vorwürflichkeit mögen also – sogar noch im Online-Stadium – Ausdruck einer indirekten Suche nach Unterstützung sein.
Dies ist allerdings gerade im Prozess des Kennenlernens besonders ungünstig, weil der Kommunikations-Partner dies meistens überhaupt nicht verstehen und einordnen kann.
Je geringer die wechselseitige Kenntnis der jeweiligen Person, desto negativer wirkt sich indirekte Suchen nach Unterstützung nämlich aus.
Gelingt es jedoch zur direkten Kommunikation zurückzufinden, mag ein Kontakt doch noch gerettet werden und dies mag wiederum eine wichtige Lernerfahrung für beide Seiten sein.
Indirektes Agieren durchbrechen – Konflikte klären
In vielen Fällen lassen sich bestehende Probleme durch einfaches direktes Verbalisieren klären und so kann beiden Seiten der Druck genommen werden.
Dies gilt auch, wenn ein tatsächlicher Konflikt besteht (siehe hier auch den vorherigen Artikel zu “Wie umgehen mit Konflikten in Beziehungen?”):
Meistens ist bei bestehenden Konflikten die für das eigene Wohlbefinden und die wechselseitige Beziehungszufriedenheit beste Strategie, den Konflikt zu klären und zu integrieren.
Dies bedeutet, den Konflikt zu thematisieren, die wechselseitigen Perspektiven zu analysieren, sowie nach Möglichkeiten zu suchen und diese zu finden, wie beiden Positionen in einer neuen Position berücksichtigt werden können.
Konflikte zu klären und zu integrieren ist diejenige Strategie, die im Allgemeinen zu der höchsten Beziehungszufriedenheit führt und die positive Weiterentwicklung beider Beziehungs-Partner und ihrer Beziehung ermöglicht.
Es gibt nicht nur schwarz und weiß:
Wir alle mögen in der einen oder anderen Situation gelegentlich Strategien des indirekten emotionalen Drucks anwenden. Nimmt dies überhand, kann es aber jede Beziehung gefährden und hemmt zudem unsere eigene personale Entwicklung.
Wichtig ist, dass wir dies erkennen, die Auslöser identifizieren und offene Ansprache und Klärung an die Stelle des indirekten passiv-aggressiven Agierens setzen.
Je mehr wir dies üben, desto mehr wird unsere Konflikt- und Auseinandersetzungsfähigkeit wachsen und desto stärker werden sich auch unser Selbstbewusstsein und unser Selbstwert positiv entwickeln.
Wir tun mit dem Erlernen offener und selbstverständlich wertschätzender Kommunikation also uns selbst, unseren Beziehungs-Partnern und unserer Beziehung etwas Gutes.
Eigene Muster erkennen und korrigieren
Wir alle neigen dazu, Verhaltensweisen aus der Vergangenheit in der Gegenwart und in der Zukunft fortzusetzen. Zum Problem wird dies, wenn diese Verhaltensweisen uns letztlich in der Gesamtbetrachtung schädigen. Leider ist dies in den Bereichen Partnersuche und Beziehungsgestaltung nicht selten der Fall.
- wir suchen uns immer wieder den gleichen Partner-Typus, mit dem wir nicht glücklich werden
- wir setzen eigenes dysfunktionales Beziehungsverhalten fort, obwohl dies die Beziehungs-Qualität beeinträchtigt
Für Ihre Partnersuche, den Beziehungsaufbau und die Aufrechterhaltung einer positiven Beziehungs-Qualität kann es hilfreich sein, wenn Sie noch einmal über Ihre vergangenen Muster nachdenken:
- neigen Sie zu indirekter Suche nach Unterstützung und emotionaler Erpressung, womöglich aus eigener Hilflosigkeit?
- haben Sie dadurch auch früher schon womöglich Beziehungen letztlich geschädigt oder blockieren Sie dadurch aktuell die Phase Ihrer Partnersuche?
Oder umgekehrt:
- haben Beziehungs-Partner früher gegenüber Ihnen mit emotionaler Erpressung agiert?
- haben Sie ausreichend aktiv das klärende Gespräch gesucht, anstatt nur gereizt zu reagieren, sich zurückzuziehen oder gegen Ihre Überzeugung nachzugeben?
Manchmal sind wir uns unserer Muster durchaus bewusst und fallen trotzdem immer wieder in sie zurück. Wir wollen aus dem Muster aussteigen und sind doch schon wieder am Schmollen. Wie herauskommen?
Selbststeuerungstechniken können helfen:
- machen Sie sich vorab einen Plan, wie Sie sich in einer erneuten Problemsituation konstruktiv verhalten wollen
- überlegen Sie sich verschiedene mögliche Auslösesituationen und Probleme
- spielen Sie Ihren Plan in der Vorstellung durch (kognitives Probehandeln)
- verstärken Sie die Bindewirkung, indem Sie (wenn möglich) diesen Plan mit Freunden, Bekannten oder (falls sie bereits in einer Beziehung sind) mit dem Partner oder der Partnerin besprechen
- legen Sie sich Selbstinstruktionen zurecht, mit denen Sie sich im Auslösefall selbst zu konstruktivem Verhalten ermuntern und anleiten wollen
- falls sie dennoch bereits in indirektes Agieren zurückgefallen sind, sagen Sie sich selbst “Stopp” und tun Sie nun den ersten Schritt, um konstruktiv miteinander ins Gespräch zu kommen
Das alles muss keineswegs immer so detailliert sein, wie hier idealtypisch beschrieben. Aber je schwerer es Ihnen fällt, aus dem indirekten Agieren auszusteigen, desto hilfreicher kann es sein, sich an diesen Strategien zu orientieren.
Es ist wichtig, sich über seine eigenen Muster bewusst zu werden. Wenn wir uns unserer Muster bewusst werden, können wir diese leichter ändern und im Beziehungs-Bereich zu einer konstruktiven und klärenden Kommunikation gelangen. Dadurch verbessern sich unsere Chancen in allen Phasen: von der Partnersuche bis zum Beziehungserhalt.
Es gibt keinen Grund, zu resignieren:
Gerade wenn Sie bei sich tatsächlich dysfunktionale Muster aus der Vergangenheit feststellen, haben Sie bereits den ersten Schritt getan, dies zu ändern.