Der heutige Blog-Artikel zeigt auf der Grundlage psychologischer Untersuchungen, welche Beziehungs-Fertigkeiten zu einer glücklichen Partnerschaft führen und was bereits vor einer Partnerschaft getan werden kann, um diese zum Tragen zu bringen.
Welche Fertigkeiten machen eine Beziehung glücklich?
Psycholog:innen befragten 25.507 Personen aus 58 Ländern zu ihrer Beziehungszufriedenheit und zu ihren Beziehungsfertigkeiten. Die Befunde sind veröffentlicht im Journal of Couple and Relationship Therapy.
Es konnten in dieser Studie folgende vier Fertigkeiten identifiziert werden, die – sortiert nach ihrer Wichtigkeit – mit einer höheren aktuellen Beziehungszufriedenheit der Befragten einhergingen:
- Wissen über Partner:innen: Kenntnis der Interessen, Hoffnungen, Träume, Vorlieben und Abneigungen von Partner:innen.
- Kommunikation: eigene Gedanken und Gefühle ehrlich mitteilen, Zuhören, keine destruktive Kritik üben, nach Rückmeldung fragen.
- Lebenskompetenzen: Bewältigung der sozialen, wirtschaftlichen, psychischen und physischen Anforderungen des Alltags durch verantwortungsbewussten Umgang mit Geld, berufliche Entwicklung, Sport &, Fitness, Planung für die Zukunft.
- Konfliktlösung: Lösungsorient denken und handeln, sich auf ein Thema konzentrieren, nicht in die Vergangenheit abweichen bei anstehenden Klärungen, bereit sein, sich zu entschuldigen und zu vergeben.
Je stärker die Befragten über diese Fertigkeiten verfügten, desto höher war ihre aktuelle Beziehungszufriedenheit.
Verbesserung der Fertigkeiten
Die Untersuchung zeigte ebenfalls, dass diese Beziehungsfertigkeiten durch Beratung und Paartherapie offenbar beeinflusst werden können:
- Je mehr Beratung-Gespräche geführt wurden, desto stärker nahmen die Beziehungsfertigkeiten zu.
Außerdem nahmen die Fertigkeiten mit wachsender Beziehungsdauer zu, was freilich auch daran liegen mag, dass dysfunktionale Beziehungen sich auflösten.
Die Befunde zur Veränderung von Beziehungsfertigkeiten geben Anlass zum Optimismus:
- Menschen können etwas tun, um ihre Fertigkeiten zu verbessern.
Im Fall der vorliegenden Studie waren dies Paarberatung und Paartherapie, aber dies ist natürlich nur eine Möglichkeit.
Der vielversprechendste Weg ist es, bereits im Vorfeld mit dem Training dieser Fertigkeiten zu beginnen.
Bereiten Sie sich vor
Der heutige Artikel geht darum, was Sie zur Verbesserung der vier zentralen Beziehungstätigkeiten bereits tun können, wenn Sie noch Single sind:
Wissen über Partner:innen: Für eine zufriedene Beziehung ist es der beste Garant, Partner:innen zu kennen. Alles andere führt zur Enttäuschung. Offensichtlich können Sie über den Menschen, den Sie noch gar nicht kennengelernt haben, nichts wissen. Aber dennoch können Sie die Voraussetzungen bereits jetzt schaffen, dass Sie und Ihre künftigen Partner:innen sich wechselseitig gut kennen werden. Interesse am Leben von Partner:innen und Bereitschaft zum Verstehen sind nach Karandashev & Clapp zwei zentrale Dimensionen der Liebe. Machen Sie sich klar, wie wichtig es ist, einander wirklich zu verstehen und dass dies Wissen eben nicht automatisch kommt. Gehen Sie von vornherein an den anderen Menschen mit Offenheit und Neugier heran. Vereinbaren Sie miteinander dieser Offenheit und üben Sie beim Kennenlernen, Wissen übereinander zu erfragen und zu vermitteln.
Kommunikation: Kommunikation ist der Weg, um übereinander mehr zu erfahren und Gemeinsamkeiten zu finden. Oft fallen wir in alte kommunikative Muster zurück, selbst wenn diese schädlich sind. Es schadet, sich zurück zu ziehen und nichts zu sagen. Es schadet ebenso, zu drängen, Vorwürfe zu machen, zu schimpfen, zu drohen oder zu schreien. Vereinbaren und praktizieren Sie radikale Ehrlichkeit miteinander auf der Basis von Wohlwollen und Zuneigung. Üben Sie in der Kommunikation, nicht nur zu reden, sondern auch zuzuhören – oder umgekehrt nicht nur zuzuhören, sondern auch zu reden. Seien Sie bereit für einen Austausch, der Offenheit nicht durch Angst vor Vorwürfen blockiert.
Lebenskompetenzen: Es ist wichtig über gute Fertigkeiten zu verfügen, um das Leben zu meistern – und zwar in dem Sinne, dass wir glücklich werden. Das Glück kommt nicht als Geschenk, sondern als Ergebnis unserer Interaktion mit der Welt. Reflektieren Sie über Ihre aktuelle Lebenssituation, Ihre Lebensziele und Ihre eigenen Strategien, um Ihre Ziele zu erreichen. Werden Sie aktiv und bringen Sie in Ihre künftige Beziehung einen positiven Ziel- und Handlungsbezug gleich mit ein. Wichtige Ressourcen hierfür sind Selbstreflexion, positive Ziele, aktives Handeln, aber auch Erholung und Entspannung – so fördern Meditation und Yoga das Beziehungsglück. Sie sollten nicht auf eine Beziehung warten, sondern bereits jetzt an Ihrem Leben arbeiten.
Konfliktlösung: Selbst in der besten Beziehung werden Ziele und Bedürfnisse nicht immer miteinander harmonisieren. Schreien, Vorwürfe machen, brüllen oder drohen helfen hier ebenso wenig weiter wie schweigen, leugnen oder Liebesentzug. Der Stein der Weisen ist es, einen Konflikt zu akzeptieren und anzunehmen, um von dieser Basis aus am Thema dran zu bleiben, die eigenen Bedürfnisse auszusprechen, die Bedürfnisse der anderen Person ernstzunehmen und nach einer für beide Seiten guten Lösung zu suchen. Gelingt es beim Thema zu bleiben, einen konstruktiven, lösungsorientierten Fokus einzunehmen und von einem Standpunkt der Wertschätzung aus den Konflikt zu klären, wird eine Beziehung Konflikte bewältigen und an ihnen wachsen.
Ein lösungsorientierter Schwerpunkt bedeutet übrigens nicht, dass negative Gefühle nicht ausgedrückt werden dürften:
- Studien zeigen, dass es Situationen geben kann, wo Partner:innen nicht zuhören oder verstehen und wo ein starker Ausdruck negativer Emotionen als “Aufwecker” hilfreich sein kann. Das Entscheidende ist aber, dabei nicht stehen zu bleiben, sondern zur gemeinsamen Lösung zurückzufinden.
Aus der Vergangenheit lernen
Wir leben in der Gegenwart und setzen unsere Hoffnung auf die Zukunft. Bei Konflikten nützt es nichts, mit Vorwürfen in die Vergangenheit abzuschweifen. Der aktuelle Konflikt muss gelöst werden. Verharren und Verbitterung helfen nicht.
Doch dies sollte uns nicht dazu verleiten, die Vergangenheit gering zu schätzen:
- Aus der Vergangenheit können wir für die Gegenwart und die Zukunft lernen, und zwar dann, wenn wir uns der Vergangenheit stellen und ihre Lernpotentiale erschließen.
Gerade im partnerschaftlichen Bereich zeigen Studien, dass wir dazu neigen, in alte Muster zu fallen, selbst dann, wenn Beziehungen sich durch eine geringe Zufriedenheit, eine geringe Stabilität oder gar durch einen toxischen Charakter auszeichneten – siehe hierzu diesen vorherigen Blog-Artikel.
Sofern Sie in Ihren vergangenen Beziehungen nicht glücklich waren, sollten Sie es daher nicht auf eine Wiederholung ankommen lassen. Machen Sie sich stattdessen daran, die Faktoren zu erkennen und zu ändern, die für die damaligen Beziehungs-Schwierigkeiten verantwortlich waren.
Nach den Ergebnissen der hier vorgestellten Studien-Ergebnisse macht es insbesondere Sinn, zu untersuchen, wie es stand mit:
- wechselseitigem Verstehen: Konnten Sie Ihre Beziehungs-Partner:innen tatsächlich verstehen, ihre Gefühle, Gedanken und Handlungsweisen einordnen, nachvollziehen und vorhersagen? Galt dies wechselseitig?
- der Kommunikation miteinander: Kommunizierten Sie miteinander mit Ehrlichkeit, Offenheit und ohne Angst vor den Reaktionen des anderen? Redeten Sie beide und hörten Sie beide zu?
- den eigenen Lebenskompetenzen: Gelang es Ihnen, einen selbst-fürsorglichen Alltag zu gestalten und mit grundlegenden Anforderungen des Lebens so umzugehen, dass Sie sich als kompetent und zufrieden erlebten? Waren Sie sich Ihrer Ziele bewusst, waren diese Ziele erreichbar und hilfreich und waren Sie aktiv, um Veränderungen umzusetzen?
- der Klärung von Konflikten: Sprachen Sie Konflikte wechselseitig an, ohne Vorwürfe, Drohungen oder Beschimpfungen? Blieben Sie lösungsorientiert, themenbezogen, wertschätzend und berücksichtigten die wechselseitigen Bedürfnisse?
Beantworten Sie alle diese Fragen mit einem klaren JA, liegen bei Ihnen beste Beziehungsfertigkeiten vor, die Sie erhalten und weiterhin praktizieren sollten. Wenn Sie nicht eine komplett falsche Partnerwahl treffen, wird vermutlich auch Ihre neue Beziehung glücklich werden.
Beantworten Sie eine oder mehrere Fragen mit NEIN, kann Ihnen dies jetzt den Anlass und die Chance geben, eigene Anteil an Beziehungsproblemen zu erkennen, sich besser vorzubereiten und so in Ihrer künftigen Beziehung glücklicher zu werden.
Antworten, die weiterhelfen
Beantworten Sie sich selbst diese Fragen, um Defizite in Ihren Beziehungs-Kompetenzen zu erkennen und so korrigieren zu können:
- Zeigten Sie zu wenig Interesse oder Neugier, um Partner:innen zu verstehen?
- Kam es zu einem Muster, wo Sie immer weniger miteinander redeten und alles einfach so laufen ließen, wie es war?
- Begannen Sie, in Ihrer Beziehung Dinge zu verdecken, nicht mehr offen oder ehrlich zu reden?
- Oder beobachteten Sie dies bei Partner:innen und nahmen es einfach hin? Wollten Sie Dinge lieber gar nicht wissen?
- Trauten sich selbst nicht, Dinge auszusprechen?
- Trugen Sie dazu bei, dass Partner:innen Angst hatten, zu sagen, was Sie dachten oder fühlten?
- Vernachlässigten Sie die fortwährende Weiterentwicklung von Lebenskompetenzen?
- Legten Sie zu wenig Augenmerk auf die Entwicklung und Umsetzung von Zielen und Veränderungen?
- Machten Sie eher Vorwürfe, drohten oder schimpften, anstatt sich um die Klärung von Divergenzen und unterschiedlichen Zielen zu bemühen?
- Oder vermieden Sie Konflikte ganz und ließen Unklarheiten und Unzufriedenheiten einfach stehen?
Eigene Anteile und Beziehungs-Anteile
Zu einer Beziehung gehören immer zwei (oder sogar mehrere Menschen).
Aber auch als Einzelne haben wir entscheidenden Einfluss auf den Verlauf einer Beziehung:
- Wir können hilfreiche Beziehungs-Fertigkeiten selbst praktizieren.
- Wir können durch offenen Austausch und Anregung von Vereinbarungen dazu beitragen, dass auch die andere Person Beziehungs-Fertigkeiten praktiziert.
Erkennen wir die eigenen Defizite in der Vergangenheit, können wir uns alternative und hilfreiche Strategien präventiv zurechtlegen, diese in unserer Vorstellung einüben und mit ihrer Praktizierung beginnen, sobald eine Beziehung beginnt.
Partnerwahl als Beziehungsfertigkeit
Eine in der vorgestellten Studie nicht untersuchte Beziehungs-Fertigkeit ist die richtige Partnerwahl:
- Vieles, aber nicht alles lässt sich in einer Beziehung verändern und verbessern. Die richtige Partnerwahl erleichtert den Aufbau einer glücklichen Beziehung entscheidend.
Es es daher zu empfehlen, eine Beziehung mit einem Menschen gar nicht erst zu beginnen, wenn in dieser Beziehung die Grundvoraussetzungen für wechselseitiges Verstehen, offene Kommunikation, die Klärung von Konflikten und eine selbst-fürsorgliche gemeinsame Lebensgestaltung nicht gegeben sind.
Tiefgreifende Werteunterschiede, die Ablehnung des Lebensmodells der anderen Person oder umgekehrt oder mangelnde Authentizität und Offenheit einer Seite sind rote Flaggen, die gegen den Beginn einer Beziehung sprechen.
Eine Kenntnis der eigenen Wünsche und des eigenen Beziehungs-Modells ist wichtig, um sich nicht durch oberflächliche Merkmale täuschen und echte Passung erkennen zu können.
Hieraus sollte allerdings nicht gefolgert werden, dass in einer Kennenlern-Phase keinerlei Turbulenzen auftreten dürfen – das Gegenteil ist der Fall:
- Studien zeigen, dass in der Kennenlern-Phase mit erst wachsender Kenntnis der anderen Person typischerweise zunächst auch Überraschungen und Irritationen auftreten – lesen Sie hierzu auch diesen vorherigen Blog-Artikel zu Turbulenzen in der Kennenlern-Phase.
Verbergen sich hinter diesen Turbulenzen keine fundamentalen Widersprüche und wird eine Klärung erreicht, wächst die Vertrautheit und die werdende Beziehung wird gefestigt. Zu diesem Schluss gelangte auch Aline N. Nguyen in einer Befragungsstudie:
- die gemeinsame Überwindung von Hindernissen beim Online-Dating ermöglicht nicht nur das Zusammenkommen an sich, sondern fördert darüber hinaus den Aufbau einer glücklichen Beziehung mit beidseitiger Bindungsentscheidung.
Resümee
Erfolgt die Partnerwahl auf der Basis gemeinsamer Werte und einer Bereitschaft zum Einsatz für eine Beziehung, werden sich wechselseitiges Verstehen, Kommunikation, Lebensgestaltung und Konfliktklärung miteinander erarbeiten und entwickeln lassen.
Turbulenzen, Irritationen und Hindernisse dürfen auftreten und tun dies auch im Regelfall. Gelingt ihre gemeinsame Bewältigung können Beziehungen an ihnen wachsen.
Je besser Sie sich bereits vor dem ersten Kennenlernen mit Beziehungs-Fertigkeiten vertraut machen und sich vorbereiten, desto höher sind die Aussichten, dass Sie schädliche Muster vermeiden und eine ausgeglichene Beziehung begründen können.
Das Single-Dasein ist nicht nur etwas, was Sie beklagen sollten:
- Ihr aktuelles Single-Dasein gibt Ihnen die Chance, auf eine richtige Partnerwahl zu achten und in der entstehenden Partnerschaft Beziehungs-Fertigkeiten sofort zu praktizieren – dies ist oft leichter, als aus einer bereits bestehenden Sackgasse wieder herauszukommen.