Vor einigen Tagen besuchten Seksan Ammawat (unser Geschäftsführer), eine gute Freundin und ich hier in Phnom Penh (Kambodscha) Hundefleisch-Restaurants.
Hintergrund war, dass der Hund der Freundin abhandengekommen war. Hoffnung war, ihn rechtzeitig vor einer möglichen Schlachtung zu finden.
Mir machte dieser Besuch einiges über Liebe und Liebslosigkeit klar – und dass wir zu beidem als Menschen fähig sind. Dies ist der Grund für diesen Artikel.
Ankunft mit unerwarteter Begegnung
Unmittelbar nach unserer Ankunft in einem der Restaurants, welches auch selbst schlachtet, sahen wir uns mit der Anlieferung eines Hundes für den nächsten Verkaufstag konfrontiert.
Der Hund wurde per Tuk Tuk von einer Gruppe von jungen Männern, die offenbar drogenabhängig waren, angeliefert. Wir kauften Ihnen für 20 $ frei und brachten ihn in eine Tierklinik.
Nach zwei Tagen stationärer Behandlung ist er noch krank, aber auf dem Weg der Besserung. Wir haben ihn Lucky genannt.
Das Paar, welches das Restaurant betreibt, hat übrigens auch selbst Hunde. Diese besitzen ein Halsband und können sich in diesem Gebiet, in dem sich mehrere Hundefleisch-Restaurants, Schlachthöfe, Sammel- und Weiterverkaufsstellen befinden, gefahrlos bewegen.
Seksan erinnerte diese Situation an die Äußerung einer früheren Klavierschülerin von ihm in Hildesheim, die ihm damals sagte, ihre Familie habe zwei Arten von Kaninchen:
- Kaninchen zum Liebhaben und Kaninchen zum Essen
Liebe und Liebslosigkeit
Ich möchte nicht verhehlen, dass uns alle drei und entsprechend auch mich dies Erlebnis erschütterte.
Wir sahen keine Alternative zur Rettung des vor unseren Augen zur Schlachtung angelieferten Hundes, obgleich wir genau wussten, dass weitere Hunde auf diesem bitteren Weg an dieser Stelle folgen werden.
Die Anlieferung eines verängstigten Hundes zur Schlachtung dürfte eine nur kleine Minderheit in Deutschland oder Westeuropa für akzeptabel bewerten. Die meisten werden mit Mitgefühl, viele mit Empörung reagieren.
Auch mir wurde noch einmal unmittelbar in diesem Moment das Ausmaß der Lieblosigkeit bewusst, zu dem wir Menschen fähig sind.
Ausdrücklich möchte ich sagen, dass es hier keinerlei Anlass für westliche Arroganz oder Überlegenheitsgefühle gibt:
- die westlichen Industriestaaten müssen für sich Praktiken verbuchen, wie Erfindung und weltweiten Export der Massentierhaltung, Zerschreddern von Küken, erzeugte Erstickungs-Krämpfe im Co2-Gas, Stopfleberproduktion, aber auch sadistische Volksbelustigungen, wie den Fischertag in Memmingen, den Stierkampf in Spanien, die Rattlesnake Roundups in den USA
- zu erinnern ist ebenfalls an das Kochen oder Frittieren von lebendigen Hummern oder die gigantischen Lebendverschiffungen von Schafen und Rindern aus Australien
Hundefleisch ist Fleisch
Die Besitzer der Hundefleisch-Restaurants gehören meistens zur ärmeren Bevölkerungsgruppe in Kambodscha. Sie erleben beim Töten keinen Thrill und kein Abenteuer, sie sind keine Sadisten.
Sie haben keinen Spaß am Töten, aber meistens eben auch keine Skrupel. Es geht ihnen um das Ergebnis und nicht den Prozess des Tötens. Es geht ihnen um das Fleisch, was sie verkaufen möchten.
Ein ehemaliger Betreiber eines solchen Restaurants hatte mir früher einmal geschildert, dass er vor Eröffnung eine Kochschule besucht habe. Da ging es zwar nicht um Hundefleisch, aber er konnte alles verwenden, denn die Kochmethoden sind gleich.
Die Tötung soll schnell, effizient, einfach, arbeits- und kraftsparend und sicher sein. Dies bedeutet meistens erschlagen oder in einfachst gebauten Anlagen ertränken. Viele Restaurants lassen sich beliefern, andere schlachten selbst, wieder andere tun meistens das eine, ohne das andere bei Gelegenheit zu unterlassen.
Die Konsumenten des Fleisches sind ebenfalls keine Sadisten. Sie wollen einfach nur Fleisch essen. Das Fleisch schmeckt ihnen und sie glauben zudem, es sei gesund und gebe Kraft. Frische wird besonders geschätzt.
Die servierten Gerichte (gegrilltes Fleisch, Gulasch oder Suppe) stammen daher meistens von Hunden, die soeben erst geschlachtet wurden.
Hundefleisch wird nicht in Massen verzehrt, sondern ausgewählt und oft an besonderen Tagen. Es ist bei Männern beliebter als bei Frauen, die mehr Fisch essen. Gerne wird zum gegrillten Stück vom Hund ein Bier getrunken.
Die Fleischkonsumenten wollen die Hunde nicht quälen, sondern sie nur essen. Fleisch wächst aber nun einmal nicht an Bäumen, kann nicht ohne Blut gepflückt werden, kann nur gegen den Widerstand der um ihr Leben kämpfenden Tiere erzeugt werden. Dies zeigte uns auch Lucky.
Fleischgewinnung ist immer die endgültige, nicht mehr umkehrbare Beendigung des Lebens eines leidensfähigen Tieres, welches am Leben bleiben möchte und dessen Wille für immer gebrochen wird, um sein Fleisch zu essen.
Das gilt für die bäuerliche Landwirtschaft genauso wie für die Massentierhaltung. Es gilt ebenso für Hundefleisch wie für Hühnchen, Rind oder Fisch.
Fleisch ist das Gegenteil von Liebe
Das ganze Szenario während unseres Besuches, die Anlieferung der zur Schlachtung vorgesehenen Lucky, die Beobachtung der hier ihrem Beruf nachgehenden Menschen, all dies machte mir gleichzeitig noch einmal und nach meinem Empfinden nicht zu leugnen klar, dass Fleisch bzw. seine Herstellung und sein Konsum wirklich das Gegenteil von Liebe sind.
Ich bin jedenfalls nicht in der Lage, den Begriff der Liebe nicht als Gegenteil dessen zu erleben, was wir ansahen und ansehen mussten.
Ich glaube deshalb, dass wir mit der Gleichklang-Community auf dem richtigen Weg sind. Immerhin sagen mehr als 50 % unserer Mitglieder, dass sie bereits jetzt kein Fleisch mehr essen oder künftig ihren Fleischkonsum aufgeben möchten.
Über die Jahre habe ich von vielen Mitgliedern gehört, dass sie ihren Wunsch tatsächlich in die Tat umsetzten.
Wir sind eine Dating-Community. Es geht uns um die Liebe. Es erscheint mir daher sachlogisch, dass wir uns deshalb auch für eine Lebensweise ohne Tötung und ohne Fleischkonsum einsetzen.
Gelegentliches Missverständnis
Uns erreichen manchmal Zuschriften nach dem Motto, wir sollten uns doch bitte auf unsere Kerntätigkeit, die Partnervermittlung, beschränken und uns ansonsten jedweder gesellschaftlichen und politischen Äußerungen enthalten.
Solche Äußerungen missverstehen jedoch den Charakter der Gleichklang-Kennenlernen-Community:
Wir sind keine typische Partnervermittlung, sondern wir sind eine Community sozial und ökologisch sensitiven Menschen, die einander kennenlernen und gemeinsam eine liebevollere Welt aufbauen wollen.
Insofern verkennen diese Äußerungen nicht nur den Charakter unserer Community, sondern auch den Charakter der Liebe, um die es hier geht.
Ich bin überzeugt, dass Fleischverzicht nicht nur den Tieren hilft, sondern auch uns selbst. Ich glaube nämlich, dass derjenige mehr lieben und mehr geliebt werden kann, der sich auch außerhalb seiner Beziehung Lieblosigkeit enthält.
Wie es weiterging?
Meine asiatische Freundin hat ihren entlaufenen Hund nicht wiedergefunden. Auch nicht in den Schlachthäusern, die sie an den Folgetagen aufsuchte. Die Hunde von den Vortagen waren bereits ausverkauft. Die anderen Hunde dort konnte sie nicht retten.
Sie hatte einstmals ihren entlaufenden Hund selbst aus so einem Hundeschlachthof befreit. Er ist ein ängstliches Tier, so wie Lucky, der Glückliche.