Dieser Artikel stellt eine Studie vor, die aufzeigt, wie ein optimaler Profiltext bei der Online-Partnersuche aussehen sollte. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Studie und einiger weiterer Überlegungen und Befunde gibt der Artikel Empfehlungen, worauf Partnersuchende bei ihrem Profiltext achten können.
Psychologie der Profil-Texte bei der Online-Partnersuche
Der freie Text beim Online-Dating ermöglicht eine kreative Selbstdarstellung. Wie aber wirkt sich dieser freie Text auf die Betrachter:innen aus?
Die Psycholog:innen van der Zanden und Kolleg:innen (2022) haben den Einfluss der Originalität eines freien Textes beim Online-Dating untersucht darauf, für wie attraktiv Leser:innen des Textes die jeweiligen Verfasser:innen halten und ob sie ein Interesse haben, diese zu treffen.
Sie untersuchten außerdem, ob sich die Originalität eines Textes darauf auswirkt, für wie intelligent, humorvoll oder auch seltsam die Verfasser:innen gehalten werden.
Dabei interessierten sie sich besonders dafür, ob die Effekte der Originalität auf die erlebte Attraktivität und das Dating-Interesse womöglich dadurch entstehen, dass Betrachter:innen von Profilen die Verfasser:innen von originellen Texten für intelligenter oder humorvoller halten oder dass Originalität in Texten umgekehrt dazu führen könnte, dass die Verfasser:innen als seltsam eingestuft werden.
In einer ersten Studie gaben die Verfasser:innen einer Stichprobe von Personen im Alter 50+, die Online nach Partnerschaft suchten, authentische Texte von Dating-Profilen vor. Die Teilnehmenden schätzten nach Lesen eines Textes Intelligenz, Humor, Seltsamkeit und Attraktivität der Verfasser:innen ein und sie gaben ebenfalls an, ob sie sich mit den betreffenden Personen gerne verabreden würden.
Die Autor:innen unterschieden dabei in der Datenerhebung und Auswertung zwischen drei Formen der Attraktivität:
- Körperliche Attraktivität
- Soziale Attraktivität
- Romantische Attraktivität
In einer zweiten Studie wurden die Texte im Hinblick auf formale Merkmale (z.B. Anzahl an Worten, seltenen Worten, Adjektiven, Adverbien) und inhaltliche Merkmale (z.B. Selbstschilderungen, konkretisierte Selbstschilderungen, Verwendung der Ich-Form, Schreiben über die eigene Person aus anderer Perspektive …) codiert, um herauszufinden, welche Besonderheiten einen Text als originell erscheinen lassen.
Im folgenden stelle ich die Ergebnisse dar:
Originalität, Attraktivität und Interesse an einem Kennenlernen
- Die durch Leser:innen von Dating-Texten eingeschätzte Originalität der Dating-Texte korrelierte signifikant mit dem Ausmaß, indem die Leser:innen den Verfasserinnen Intelligenz, Humor und Attraktivität zuschrieben. Dies galt für alle drei Maße der Attraktivität, also körperliche Attraktivität, soziale Attraktivität und romantische Attraktivität.
- Für je origineller die Leser:innen einen Dating-Text hielten, desto stärker waren sie ebenfalls daran interessiert, die Verfasser:innen kennenzulernen.
- Unerwarteterweise korrelierte die eingeschätzte Originalität negativ mit der eingestuften Seltsamkeit. Je origineller ein Text war, für desto weniger seltsam hielten die Leser:innen die Verfasser:innen.
- Humor und Intelligenz korrelierten positiv mit der wahrgenommenen Attraktivität und der Intention, die andere Person zu treffen. Die Teilnehmenden fanden also intelligente und humorvolle Menschen besonders attraktiv und hatte ein höheres Interesse, diese zu treffen.
- Seltsamkeit korrelierte negativ mit der wahrgenommenen Attraktivität und der Intention, die andere Person treffen zu wollen. Seltsame Personen wurden also als weniger attraktiv bewertet und das Interesse sank, diese zu treffen.
Lassen sich die positiven Auswirkungen der Originalität auf die wahrgenommene Attraktivität und die Intention, jemanden zu treffen, dadurch ausreichend erklären, dass Verfasser:innen von originellen Texte als besonders intelligent, humorvoll und weniger seltsam wahrgenommen werden?
Oder gibt es auch unabhängig von eingeschätzter Intelligenz, Humor und Seltsamkeit einen positiven Effekt der Originalität auf die eingeschätzte Attraktivität und die Interesse, eine Person zu treffen?
Um dies zu untersuchen, kontrollierten die Autor:innen statistisch für den Einfluss von Intelligenz, Humor und Seltsamkeit und prüften im Anschluss, ob danach Originalität weiterhin eine höhere Attraktivität und ein höheres Interesse vorhersagte, die andere Person zu treffen.
Es zeigten sich folgende Ergebnisse:
- Wenn die Autor:innen statistisch für Humor, Intelligenz und Seltsamkeit kontrollierten, gab es keinen Effekt der Originalität mehr auf die Attraktivitäts-Wahrnehmung. Dies bedeutet, dass Originalität zu einer erhöhten Einschätzung von Intelligenz und Humor, sowie einer erniedrigten Einschätzung von Seltsamkeit führte, woraus sich dann als Ergebnis dieser drei Merkmale eine erhöhte wahrgenommene Attraktivität ergab. Originalität wirkte also dadurch positiv, dass sie den Eindruck vermittelte, die Person sei humorvoll, intelligent und nicht-seltsam und dies allein erklärte, warum die Person als attraktiv erlebt wurde.
- Bezüglich der Intention, die andere Person zu treffen, ließ sich nur ein Teil des Effektes der Originalität auf Intelligenz, Humor und Seltsamkeit zurückführen. Originalität führte also zur Annahme, die Verfasser:innen seien intelligenter, humorvoller und weniger seltsam und dies erhöhte das Interesse, diese Personen zu treffen. Allerdings erhöhte Originalität auch jenseits von Intelligenz, Humor und Seltsamkeit direkt das Interesse, eine Person zu treffen. Es gibt also noch andere Gründe, warum Originalität das Interesse erhöht, jemanden beim Online-Dating kennenzulernen, die aber in dieser Studie nicht aufgeklärt werden konnten.
Was macht Dating-Texte originell?
Die Autor:innen berechneten, welche der von ihnen kodierten Textbesonderheiten die Originalitäts-Einstufung der Texte vorhersagen konnten.
Folgende Merkmale steigerten die Originalität von Dating-Texten:
- Die Anzahl der Worte (also längere Texte), die Anzahl der Selbstauskünfte, die Anzahl hochgradig konkreter Selbstauskünfte, die Anzahl von bekannten Metaphern, die Anzahl neuer Metaphern, sowie die Schilderung der eigenen Person aus einer dritten Perspektive.
Beim Online-Dating fallen demnach also Texte positiv auf, die länger sind, die eine bildreiche Sprache verwenden, sowie die möglichst konkret nachvollziehbare, erlebensnahe Selbstauskünfte geben. Positiv kommt aber auch an, wenn Sie über sich selbst aus Perspektive einer anderen Person schreiben.
Umgekehrt bedeutet dies, dass knappe, kurze Profiltexte, die keine Bildersprache verwenden und wenig über die eigene Person sagen, als wenig originell eingeschätzt werden und daher beim Online-Dating unbeliebt sind.
Einordnung und Schlussfolgerungen
Länge und Originalität von Profil-Texten
Die Profiltexte sind beim Online-Dating wichtig. In einer eigenen Auswertung stellten wir fest, dass Mitglieder mit längeren Texten bessere Vermittlungschancen haben. Als optimal ergab sich in unserer Auswertung eine Zeichenanzahl von 2000, aber auch bereits 1300 Zeichen näherten sich dem Optimum gut an. Alles was darunter lag, war jedoch als suboptimal. Was über 2000 Zeichen lag, schadete nach unseren Auswertungen nicht, brachte aber auch keinen darüber hinausgehenden Effekt mehr.
Die Studie von van der Zanden und Kolleg:innen bestätigt, dass längere Texte positiver bewertet werden als kürzere Texte. Darüber hinaus zeigt die Studie inhaltlich auf, dass als originell wahrgenommene Texte besonders gut ankommen.
Hierzu müssen Sie aber keine Schriftsteller:innen werden:
- Es genügt, möglichst konkrete und vielfältige Informationen über die eigene Person darzustellen und dies möglichst weniger in einer komplett trockenen, sondern gerne in einer bildreichen Sprache.
Beim Online-Dating spielen die Profilfotos eine hohe Rolle. Bei den Dating-Apps bestimmen sie sogar zum großen Teil, ob eine Person als attraktiv wahrgenommen wird oder nicht.
Bei anderen Formen des Online-Datings steht aber zusätzlich der freie Text stärker im Vordergrund. Dies ist auch bei Gleichklang der Fall:
- Profile, die keinen oder einen nur sehr kurzen freien Text haben, werden typischerweise eher negativ bewertet.
Es lohnt sich also, am eigenen freien Text zu arbeiten. Neben der Originalität kommt dabei auch der Authentizität ein entscheidendes Gewicht zukommen. Schließlich möchten wir eine Person finden, die uns so schätzt und liebt, wie wir sind. Wir sollten daher von fehlerhaften Darstellungen Abstand nehmen, jedenfalls dann, wenn es uns um das Finden einer dauerhaften Partnerschaft geht.
Bei manchen unserer Mitglieder lesen wir Sätze, wie „ist noch in Arbeit“ oder „kommt später“. Es ist wenig ratsam, mit solchen Sätzen die Partnersuche zu starten. Nehmen Sie sich stattdessen die Zeit und die Ruhe, um ihren freien Text zuvor fertigzustellen.
Sapiosexualität bei der Partnersuche
Ein weiterer sehr interessanter Befund der Untersuchung von Zanden und Kolleg:innen ist, dass es Sapiosexualität tatsächlich gibt:
- Sapiosexualität bezieht sich auf die Anziehung durch den Intellekt einer Person. Als sapiosexuell bezeichnen sich Personen, die bei sich wahrnehmen, dass ihre sexuell-romantischen Präferenzen sich stark an der Intellektualität oder Intelligenz der anderen Personen orientieren.
Sapiosexualität ist keine sexuelle Orientierung, der Begriff beschreibt aber eine tatsächliche sexuelle Präferenz. In der Untersuchung von van der Zanden führte die Einschätzung als „intelligent“ zu einer erhöhten körperlichen, sozialen und romantischen Attraktivitäts-Einschätzung.
Offensichtlich entfaltet Intelligenz also tatsächlich auf eine Reihe von Personen eine auch sexuell-romantische Anziehungskraft, die sich auf unsere Partnersuche auswirkt.
Im Grunde ist dies durchaus ein positives Ergebnis, denn es widerlegt die nicht selten geäußerte Ansicht, am Ende sei alles nur eine Frage des Aussehens.
Solche Äußerungen werden uns jedenfalls von einzelnen – meistens männlichen – Mitgliedern immer mal wieder rückgemeldet.
Dies ist jedoch eine vereinfachende Sicht, die der Komplexität unserer Präferenzen bei der Partnersuche eben doch nicht gerecht wird:
- Selbst die körperliche Attraktivität, die wir wahrnehmen, hängt nicht nur vom Aussehen der betreffenden Person ab, sondern wird u.a. auch durch ihren Intellekt beeinflusst.
Mehr als Intellekt
Glücklicherweise hängt aber auch nicht alles vom Intellekt ab:
- So wirkte sich in der Studie von van der Zanden auch der Humor positiv aus, der neben einer intellektuellen auch eine stark emotionale Komponente ab.
Ein weiterer Faktor ist das Mitgefühl:
- Eine Studie von Ferguson und Kolleg:innen (2019) zeigte, dass Männer sich in der Situation der Partnersuche beginnen, mitfühlender zu verhalten, und dass Frauen mitfühlende Männer als Partner vorziehen.
Auch dies Thema kann übrigens in einen freien Text gut einbezogen werde, beispielsweise wenn Sie sich mitmenschlich, politisch, ökologisch oder für den Tierschutz engagieren.
Empfehlung für Ihr Profil
Der Rat für Ihre Online-Partnersuche lautet daher, sich nicht das für die Partnerfindung schlechte Beispiel der Dating-Apps zum Vorbild zu nehmen, wo die Länge des maximal erlaubten freien Textes teilweise auf 500 Zeichen begrenzt ist. Nehmen Sie sich stattdessen die Zeit, um einen tatsächlich aussagekräftigen freien Text zu verfassen, der ihre Person so vorstellt, wie Sie sind.
Für Ihre Partnerfindung ist genau dies der erste Schritt. Ebenso kann es aber immer mal wieder sinnvoll sein, auf den eigenen Text zurückzukommen und ihn zu verändern, schon allein deshalb, weil auch wir uns selbst verändern und neue Ideen haben.
Bei Fragen zu Ihrem freien Text und der Bitte um eine Einschätzung können Sie sich als Gleichklang-Mitglied übrigens jederzeit mithilfe der internen Nachrichten-Funktion in Ihrem Teilnahme-Bereich oder über dieses Formular an uns wenden.
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