Bei Gleichklang unterstützen wir gezielt Menschen mit ADHS bei ihrer Partnersuche und Freundschaftssuche. Zielstellung ist es, den von ADHS Betroffenen eine ebenso effektive Online-Partnersuche und Freundschaftssuche zu ermöglichen wie anderen auch.
Dieser Artikel beschreibt die Grundlage unseres Vorgehens bei der Partnervermittlung und Freundschaftsvermittlung für ADHS´ler:innen. Bei wenig Zeit können Sie auch sofort zur Kurzzusammenfassung am Ende des Artikels springen.
Was ist ADHS?
ADHS steht für „Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung“, Dies ist eine Störung, die laut der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-19) der WHO vor dem siebten Lebensjahr beginnt und zu den Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend gerechnet wird. Sie kennzeichnet sich durch ein sehr hohes, nicht mehr normalpsychologisch erklärbares und situationsübergreifendes Muster aus Unaufmerksamkeit, Überaktivität und Impulsivität.
Neben der einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung kann eine ADHS auch zusammen mit einer Störung des Sozialverhaltens auftreten. In diesem Fall wird von einer hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens gesprochen.
Die Symptome einer ADHS beginnen in der Kindheit und werden typischerweise bis zum Erwachsenenalter schwächer. Trotzdem können ADHS Symptome auch im Erwachsenenalter anhalten:
Die Betreffenden haben oft Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, zeigen Defizite im Alltags-Management, einschließlich Arbeit und Privatleben, und fallen auch oft durch eine hohe Impulsivität auf. So können sie in der sozialen Interaktion dazu neigen, andere zu unterbrechen oder auch schnell ärgerlich zu werden. Häufig zeigt sich auch ein Muster aus Inkonstanz mit Wechseln der Arbeitsstellen oder schnellen Beendigungen von Beziehungen. Stresstoleranz und Frustrationstoleranz können reduziert sein.
All dies kann die Handlungsplanung und die Selbststeuerung beeinträchtigen. Es können sich daher Probleme in vielfachen Bereichen zeigen, einschließlich Termin- und Zeitmanagement, Arbeit und Beruf, freundschaftliche und partnerschaftliche Beziehungen, Familie und Kindererziehung.
ADHS, Partnersuche und Beziehungen
Befragung von Gleichklang-Mitgliedern
39 partnersuchende Singles mit ADHS, die Mitglied bei Gleichklang sind, beantworteten in einem freien Text die folgende Frage:
- Wirkt sich die ADHS auf Beziehungen und Ihre Partnersuche aus? Bitte schildern Sie Ihre Erfahrungen mit vorherigen Beziehungen (wenn es diese gab), sowie mit ihrer aktuellen Partnersuche. Gehen Sie bitte auch darauf ein, ob und wenn ja, wie, sich die ADHS darauf auswirkt, welche Person für Sie für eine Beziehung infrage kommt.
Diese 39 Texte haben wir nachfolgend qualitative ausgewertet.
Ergebnisse
Alle Befragten berichteten von deutlichen Auswirkungen ihrer ADHS auf Partnersuche und Beziehungen.
So werden Probleme in der Kommunikation und mögliche Missverständnisse beschrieben:
- “Ja ich ecke oft an und bin zu vorlaut und mache einen falschen Eindruck”.
Teilnehmende schildern, dass ein Unverständnis von ADHS den Aufbau von Freundschaften und Partnerschaften behindern könne:
- “Unverständnis für AD(H)S-typische Probleme erschwert Aufbau/Fortbestand (freundsch.) Beziehungen“, “Fehlende “Tiefe” beim Ggü., Fehlendes Verständnis für die “Besonderheiten” von ADHS. Eingeschränkte Fähigkeiten auf kommunikativer Ebene”.
Mit der ADHS einhergehende Symptome können die eigenen Partnersuche erheblich erschweren:
- “Kann mich nicht auf die Partnersuche konzentrieren. “
- “Partnersuche wird durch Prokrastination u. ä. Verunmöglicht, “
- “Ich kann mich nicht auf die Partnersuche konzentrieren. Es fällt mir schwer, ein Profil ausführlich anzusehen.”.
Es werden ebenfalls Defizite in den eigenen Beziehungsfertigkeiten beschrieben, die mit der ADHS in Verbindung gebracht werden:
- “Viele Partnerwechsel Langeweile mit nur einer Person Schwierigkeiten, toxische Menschen zu erkennen Gutgläubigkeit Zu schnellere Einlassen auf Sexualität Zu schnelles Beziehungsdenken Dann schmerzhafte Trennungen, weil zu früh gebunden, obwohl es nicht passt, Probleme, die eigenen Bedürfnisse zu spüren.”
Einige Betreffende äußern grundlegende Zweifel an ihrer eigenen Beziehungsfähigkeit:
- “Durch Schwierigkeiten beim Aufrechterhalten von sozialen Kontakten weiß ich nicht ob ich das nötige Durchhaltevermögen für das kennenlernen von neuen Menschen mitbringen kann. Ich vergesse oft auf Nachrichten zu antworten und befürchte dass neue Menschen in meinem Leben dadurch eher abgeschreckt werden können. Außerdem befürchte ich, dass ein potenzieller Partner mit meiner durch und durch chaotischen Lebensweise nicht klar kommen kann. Ich halte mich eigentlich wegen der ADS bedingten Defizite nicht wirklich für gut genug”.
Im Ergebnis kann dies bis zu einer generalisierte Ablehnungs-Erwartung gehen:
- “Die wollen mich alle nicht!!”
Es werden aber nicht nur Schwächen und Probleme, sondern auch Stärken mit einer AFHS assoziiert, wobei hierfür die Rolle der passenden Partnerwahl betont wird – Stärken können zum Ausdruck kommen, wenn die Partner:innen zueinander passen:
- “Impulsivität kann problematisch sein, weil man den (potentiellen) Partner damit verschreckt. Chaos in allen Lebenslagen ebenfalls. Riesige Probleme mit Zeitmanagement (v.a. in Verbindung mit sehr zeitaufwendigem Beruf) hat dafür gesorgt, dass ich kaum Zeit und Energie hatte für Dating und Beziehungspflege. Social skills weniger ausgeprägt, starke Unsicherheit, u.a. auch dadurch, dass man als adhsler so häufig negatives Feedback bekommt und oft derjenige ist, der “irgendwie anders”, was sich durch eine fehlende Diagnose dann nochmal negativer auswirkt. Ich kann mir auch vorstellen, dass es manchen adhslern schwerer fällt, die Partnerschaft aufrecht zu halten, weil wir permanent etwas Neues suchen, neuen Input brauchen. Zumindest geht es mir so. Positiv: Meine ausgeprägte Begeisterungsfähigkeit kommt gut an. Interesse am partner: Er muss mit meinen ganzen Macken klarkommen, das ist sehr anstrengend! Er darf keinesfalls “langweilig” sein, zu vorhersehbar, lieber ein bisschen “geheimnisvoll”! Ich persönlich stehe auf dominante Männer (ich glaube, BDSM tritt als Neigung auch öfters auf bei adhs, sensation seeking, aber bin da nicht sicher). Im Idealfall ist er sehr selbstsicher, strukturiert und hilft mir dabei, meine Vorsätze umzusetzen und ein bisschen Ordnung in mein Chaos zu bringen. Das ist widersprüchlich, weil ich es ja “unvorhersehbar” mag, aber gleichzeitig ein chaotischer Mensch mir definitiv nicht gut tun würde und ich mich nach einem sehr klaren, strukturierten Mann sehne.”
Ausgeführt wird aber auch, dass es nicht leicht sei, Partner:innen zu finden, die mit der ADHS umgehen können:
- “Ich bin spontan kreativ chaotisch oft überfordert und sehr sensibel Da kommt nicht jeder mit klar”.
Wichtig sei eine Toleranz von Partner:innen gegenüber der ADHS, was auch mit negativen Erfahrungen in der Vergangenheit mit nicht ADHS toleranten Partner:innen begründet wird:
- “Meine ADHS Störung hat meinen ehemaligen Partner oft gestört, weil ich oft dazwischen redete oder auch weil ich mich nicht so gut ausdrücken konnte. Darum würde ich gerne einen Partner haben der tolerant ist gegenüber lebendigen Menschen und selber etwas lockerer oder lustiger ist”,
- “Ich bin der klassische Träumer und es wirkt sich so aus, dass ich mir vieles nicht merken kann. Manchmal wirkt es so, als würde ich mit Absicht über Dinge hinweg gehen. Ein toleranter Partner wäre toll.”.
Für eine erfolgreiche Partnerschaft sei Verständnis von Partner:innen unbedingt erforderlich:
- “Partnerin müsste Verständnis für abschweifende Themenwechsel, oftmals vorschnell geäußerte unpassende Bemerkungen und eine gewisse Ungelenkheit in der Konversation haben“.
- “Ein potenzieller Partner muss auf jeden Fall mit meinem geringen Selbstwertgefühl und mit dem Chaos in meinem Haushalt umgehen können”.
- “Die in Frage kommende Partnerin sollte Kenntnisse über die Störung haben und Verständnis für die damit verbundenen Schwierigkeiten aufbringen (können). ADS-Leugnerinnen kommen nicht in Frage!”
Partner:innen von Personen mit ADHS müssten über besondere Fähigkeiten verfügen:
- “ADHS-Partner sollten geduldiger (wegen Chaosneigung, Unpuenktlichkeit, Sprunghaftigkeit) sein, friedfertiger (statt aggressiv, wenn es schwierig wird), intelligenter (um bei Geschwindigkeit, Kreativitaet, Gedankensprenge mitzukommen). Normalos neigen zu Kritik, Erziehung, Dominanz“.
- ” ADS macht sensibler, impulsiver und vielseitiger. Wird nur von Partnern vertragen, die selber reflektiert sind und offen kommunizieren können.”
Gelassenheit und Humor könnten helfen, in einer Beziehung miteinander klar zu kommen:
- “In der jetzigen Beziehung hilft die Diagnose, in der jeweiligen Situation zu verstehen, was einfach nur Symptome sind und etwas Gelassenheit und Humor im Umgang damit zu entwickeln und Verhalten nicht misszuverstehen.”
Manche wünschen sich eher strukturierte, nicht an ADHS leidenden Partner:innen:
- „Ich glaube als Partnerin suche ich eine Person, die sehr geerdet ist. 2x ADHS, bringt viel Verständnis, aber endet im absoluten Chaos :=)”.
Mindestens sollten Partner:innen mit ADHS nicht die gleichen Schwächen haben:
- “ADHSler duerften nicht auf gleiche Gebiete Schwaechen haben”.
Umgekehrt werden aber auch positive Erfahrungen mit Partner:innen mit ADHS beschrieben und die Ähnlichkeit kann als verbindend erlebt werden:
- “Ich bin der klassische Träumer und habe eine Ausprägung dahingehend, dass meine Merkfähigkeit stark eingeschränkt ist. In früheren Beziehungen war es, dass “normale” Partner mit der ständigen Sucherei nach verlegten Dingen bzw. der Bitte alles an einen festen Platz zu legen schwer taten. Auch brauch ich eine feste Struktur um energiesparend durch den Tag zu kommen und nicht völlig kopflos umherzulaufen. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass einige meiner Ex Partner eventuell auch Adhs haben könnten und es das Merkmal ist was uns eint. Zur Zeit bin ich in einer Kennenlernphase mit jemanden der um sein Adhs weiß und hyperaktiv ist. Da wir gleiche neurologische Voraussetzungen haben (divergentes Denken, große Neugier, extravertiertheit im Sinne von ständig Reize und darüber Stimulation zu suchen) und andere Dinge die ich sehr an mir und an ihm schätze, bringt es für uns beide eine große Leichtigkeit mit. Wir haben in den Punkten Gleichheit und aber auch Unterschiede wie wir damit umgehen und verstehen uns trotzdem im Wesen.”
Einzelfallstudie von Jordyn Mc Cain
Eine qualitative Einzelfallstudie mit drei Frauen von Jordyn Mc Cain gelangte zu sehr ähnlichen Erkenntnissen wie unsere eigene Befragung.
Auch die Ergebnisse der qualitativen Analyse von Mc Cain weisen darauf hin, dass romantische Beziehungen für Frauen mit ADHS mit Schwierigkeiten und Herausforderungen verbunden sind:
- Die Betroffenen schilderten, sich als anders als andere Menschen zu erleben, was sich auf ihre Beziehungen auswirke. So kämen beispielsweise manche Personen für sie wegen ihrer ADHS nicht in Frage.
- Alle drei Frauen schilderten zudem kommunikative Probleme in Beziehungen, die aus einem Unverständnis der Partner:innen bezüglich ihrer ADHS entstehen würden.
- Eine Frau schilderte ein hohes Ausmaß an erlebter emotionaler Verbundenheit und Unterstützung dadurch, dass der Partner selber eine ADHS hatte.
- Angstfreie Kommunikation, Unterstützung und Verbundenheit konnten auch in Beziehungen, in denen Partner keine ADHS hatten, zur Stabilität tragen.
- Die Frauen berichteten, dass die Symptome ihrer ADHS, wie Impulsivität, sich auf ihre Beziehungen auswirken könnten:
- Eine der Betroffenen schilderte, sie habe Anfangs noch ihre Symptome verbergen können, dies aber im Verlauf nicht durchhaltbar sei.
- Es wurden verschiedenartige und komplexe Auswirkungen einer medikamentösen Behandlung geschildert:
- Eine der Betroffenen war glücklicher ohne Medikamente, konnte sich aber, wenn sie keine Medikamente nahm, weniger Partnern zuwenden. Eine andere der Befragten nahm wegen der Nebenwirkungen keine Medikamente.
Alle drei Befragte griffen auch zu Management-Strategien abseits von medikamentöser Behandlung:
- Als hilfreich wurden Terminplaner und Zeitplanung beschrieben. Eine der Befragten widmete sich ausschließlich im Urlaub dem Online-Dating, da es ihr ansonsten zu viel werden würde. Eine dritte Befragte schilderte, dass sie Partnern explizit mitteile, wenn sie sich nicht auf sie fokussieren können, um in keine Überforderung zu gelangen.
Wer passt zu ADHS´ler:innen?
Knies und Kolleg:innen untersuchten die Beziehungszufriedenheit und das Konfliktverhalten von Partner:innen von Personen mit ADHS in Abhängigkeit von der Symptomstärke der ADHS und eigenen Tendenzen zu ängstlicher Bindung oder vermeidender Bindung. Bei der ängstlichen Bindungen dominieren Verlustängste, Klammern und Eifersucht.
Aufgrund der daraus entstehenden Belastungen in Beziehungen können Partnerschaften scheitern. Bei der vermeidenden Bindung dominiert demgegenüber ein hohes Ausmaß an Unabhängigkeit und Rückzug. Typischerweise wirkt sich dies eher negativ auf Beziehungen aus. Die Befunde von Knies et al zeigen aber nun interessanterweise, dass dies in Beziehungen mit Personen mit ADHS offenbar genau umgekehrt ist, während sich die ängstliche Bindung – wie auch in anderen Beziehungen – negativ auswirkt.
Die ängstliche Bindung ging in der Untersuchung mit einem aggressiveren Konfliktverhalten, mehr Dominanz, Unterwerfung, stärker wahrgenommener Vernachlässigung, weniger Kompromissbereitschaft und geringerer Beziehungszufriedenheit einher.
Die vermeidende Bindung ging aber demgegenüber bemerkenswerterweise mit einer höheren Zufriedenheit, weniger Aggressivität, einer geringeren wahrgenommenen Bedrohung durch Partner:innen und einer erhöhten Kompromissbereitschaft einher.
Zwischenresümee
Deutlich wird, dass eine ADHS erhebliche Bewältigungsanforderungen im Kontext von Partnerschaft und Partnersuche stellen kann.
Die Symptomatik, das Kommunikationsverhalten und das Copingverhalten benötigt sicherlich Verständnis zeigende Partner:innen, die hiermit umgehen können, ohne dies als Belastung zu erleben.
Hieraus wird wiederum deutlich, dass für Singles mit ADHS eine gute Partnerwahl von entscheidender Bedeutung ist, um Belastungen in Beziehungen, Konflikte, Scheitern von Beziehungen zu vermeiden und stützende und stabile Beziehungen möglich zu machen.
Da Verständnis und Akzeptanz durch Partner:innen notwendig ist, ist es notwendig, die ADHS bei der Partnersuche zu berücksichtigen. Für Online-Dating Plattformen ergibt sich insofern die entsprechende Herausforderung und Anforderungen, Singles mit ADHS gezielt bei ihrer Partnersuche zu unterstützen, indem sie passenden Personen vorgestellt werden.
Diese Befunde von Knies und Kolleg:innen validieren zusätzlich die Aussagen der von ADHS Betroffenen, dass für einen Umgang mit ADHS besondere Voraussetzungen erforderlich sind. Personen mit ängstlicher Bindung kommen dabei offenbar weniger für Personen mit ADHS als Beziehungspartner:innen in Frage.
Dies ist konsistent mit der Aussage von ADHS Betroffenen, dass sie Auszeiten, Rückzug etc. benötigten und dem Sachverhalt, dass sie sich aufgrund ihrer Symptome nicht immer ausdauernd auf Partner:innen fokussieren können. Personen mit ängstlicher Bindung haben hiermit offenbar erheblich mehr Schwierigkeiten als Personen mit vermeidender Bindung, die sich auf Auszeiten besser einstellen können und in geringerem Ausmaß konstante und andauernde Fokussierung und Aufmerksamkeitszuwendung erwarten.
Für die Partnersuche legen die Befunde also nahe, dass besondere Voraussetzungen für eine stabile Beziehung mit Personen mit ADHS bestehen. Während ängstlich-klammerndes und stark aufmerksamkeitssuchendes Verhalten eher abträglich ist, kann eine stärker auf Unabhängigkeit, Abgrenzung setzendes Beziehungsverhalten auch im Sinne des vermeidenden Bindungsstiles hilfreich sein. Oft wird der vermeidende Bindungsstil vorwiegend als Defizit diskutiert. Die Befunde zur ADHS machen deutlich, dass er auch für Beziehungen bei entsprechenden personalen Konstellationen eine Ressource sein kann.
Matchingalgorithmus für ADHS
Mithilfe unseres psychologischen Matching-Algorithmus schlagen wir Personen einander vor, die grundsätzlich bereits eine Basis mitbringen, um miteinander eine tragfähige Beziehung aufzubauen.
Dieser Matching-Algorithmus unterscheidet uns von Dating-Apps, wo die Vermittlung nicht nach Merkmalen der psychischen Passung erfolgt, sondern sich Personen vorwiegend aufgrund von Fotoattraktivität und Wohnortnähe für ein gemeinsames Kennenlernen entscheiden. Singles mit ADHS, die auf Partnersuche sind, werden hier entsprechend mit ihren besonderen Bedürfnissen wenig oder nicht zur Kenntnis genommen.
Neben unserem allgemeinen Matching-Algorithmus verwenden wir ebenfalls spezifische ADHS-Fragen, die wir beim Akzeptanz-Matching zugrundelegen. Im Ergebnis schlagen wir bei der Partnervermittlung und Freundschaftsvermittlung Mitgliedern mit ADHS solche Personen vor, die von sich aus sagen, dass sie gut mit einer ADHS bei Partner:innen umgehen können. Diese Personen können, aber müssen nicht selbst eine ADHS haben.
Wir haben mit diesem Akzeptanz-Prinzip bereits seit vielen Jahre sehr gute Erfahrungen gemacht für andere Personengruppen, wie Hochsensible, Personen mit Behinderungen, Rollstuhlfahrer:innen, Personen mit chronischen körperlichen Erkrankungen, anderen seelischen Erkrankungen, HIV oder sexuellen Funktionsstörungen. Vor Kurzem haben wir dies Prinzip nun auf die Bereiche Partnersuche für Autistinnen und Autisten sowie Partnersuche für ADHS´ler:innen erweitert. Ebenso unterstützen wir die Partnersuche für andere neurodiverse oder neurodivergente Personen.
Mithilfe des Akzeptanz-Prinzips sinkt die Wahrscheinlichkeit von Ablehnungen aufgrund von ADHS und es steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen zueinander finden, die tatsächlich eine glückliche und tragfähige Liebesbeziehung oder Freundschaft miteinander aufbauen können.
Ebenfalls können wir durch dieses Akzeptanz-Matching verhindern, dass Personen einander vorgeschlagen werden, bei denen von vornherein eine wechselseitige Überforderung bezüglich einer gemeinsamen Beziehung besteht. Dadurch sinkt die Gefahr von Konflikten, Trennungen, On-Off-Beziehungen und toxischen Beziehungen
Behandlung und Partnersuche
Allerdings können Beeinträchtigungen von Beziehung und Beziehungsfähigkeit durch ausgeprägte ADHS-Symptome so schwerwiegend sein, dass eine reine Ausrichtung auf Partnersuche und Partnervermittlung passender Personen nicht mehr ausreichend ist:
- Schütte und Petermann stellten in einer Online-Studie erhebliche negative Auswirkungen einer ADHS-Symptomatik auf Beziehungen vor, die mit der Stärke der Symptomatik zunahmen.Es treten allgemeine Schwierigkeiten im sozialen Umgang auf, aber es wird auch spezifisch die Partnerschaftszufriedenheit beeinträchtigt. Es können demnach bei ADHS gerade diejenigen Fähigkeiten reduziert sein, die für das Führen von zwischenmenschlichen und partnerschaftlichen Beziehungen wichtig sind. Die Autoren identifizieren als Problembereiche Desorganisiertheit, Impulsivität, Ich-Bezogenheit und mangelnde Kommunikationsfähigkeiten. Negativ beeinflusst würden durch ADHS Symptome auch die Fertigkeiten zu Stressverarbeitung, Kommunikation und Problemlösung
- Wymbos und Kolleg:innen kommen in einem neuen Überblicksartikel zu sehr ähnlichen Schlussfolgerungen. Sie schildern einen gut belegten und replizierten negativen Zusammenhang zwischen ADHS und Beziehungszufriedenheit, einschließlich Konflikte und Trennungen.Es sei von zentraler Bedeutsamkeit, von ADHS Betroffenen Informationen und Hilfestellungen zur Verfügung zu stellen, solche negative Beziehungsfolgen und Verletzungen zu vermeiden.
Im Fall erheblicher Probleme ist es für die Betroffene sinnvoll, je nach Stärke der Symptomatik vor oder begleitend zu einer Online-Partnersuche, sich in eine verhaltenstherapeutische Behandlung zu begeben. Solche verhaltenstherapeutischen Behandlungen können nach wissenschaftlichen Befunden durch Training von Problemlösung, Selbststeuerung, Reduktion von Ablenkbarkeit und Impulsivität, Training sozialer Fertigkeiten und Abbau von Prokrastination zu erheblichen Verbesserungen in der Alltagsbewältigung und der Beziehungsgestaltung von Personen mit ADHS führen.
Während bei leichter und mittlerer Symptomatik Behandlung und Partnersuche gleichzeitig stattfinden können, kann es bei einer schweren Symptomatik sinnvoller sein, erst einmal Behandlungsfortschritte abzuwarten und das Thema der Partnersuche auch mit den Therapeut:innen zu besprechen.
Zusammenfassung
- Unsere gezielte Unterstützung von Singles mit ADHS bei ihrer Partnersuche und allgemeine von Personen mit ADHS bei ihrer Beziehungssuche beruht auf unserem Grundansatz der Bejahung von Diversität und Inklusion.
- Wir möchten alle unsere Mitglieder bei ihrer Partnersuche und Freundschaftssuche so wirksam wie möglich unterstützen. Haben bestimmte Personengruppen typischerweise größere Schwierigkeiten beim Online-Dating, versuchen wir dies durch eine besondere Unterstützung auszugleichen.
- Zielstellung ist, dass tragfähige und glückliche Beziehungen entstehen, sowie – damit zusammenhängend – dass Konflikte, Trennungen und toxische Beziehungen vermieden werden können.
- Personen mit ADHS schildern teilweise erhebliche Herausforderungen und Schwierigkeiten, die sich bei ihrer Partnersuche, Freundschaftssuche und ihrer Beziehungsgestaltung ergeben können. Die Symptome der ADHS können die Partnersuche aufgrund von geringe Konzentration, Neigung zur Prokrastination oder Impulsivität erschweren. Zudem können in Beziehungen bei mangelndem Verständnis durch die Partner:innen Konflikte und Unzufriedenheit auftreten.
- Für Menschen mit ADHS ist eine geeignete Partnerwahl von großer Bedeutsamkeit. Wichtig ist, dass Menschen in einer Beziehung zueinander finden, die nicht per se durcheinander überfordert sind und die füreinander Verständnis und Zuwendung aufbringen. Verständnis und Toleranz gegenüber der ADHS, Geduld und Humor können mögliche negative Auswirkungen von ADHS auf Beziehungen mindern und die Beziehungsqualität stärken. Auch kann es für Menschen mit ADHS sinnvoll sein, bei der Partnerwahl darauf zu achten, dass Partner:innen gerne auch eine gewissen Unabhängigkeit in einer Beziehung schätzen und daher mit temporären Rückzugszeiten gut umgehen können.
- Bei Gleichklang erfolgt die Partnervermittlung und Freundschaftsvermittlung für Menschen mit ADHS nach dem Prinzip der Akzeptanz. Es werden ihnen also Personen vorgeschlagen, die selber davon ausgehen, mit einer ADHS bei Partner:innen gut umgehen zu können. Zusätzlich geben alle Mitglieder auch ein, wie nah oder unabhängig eine Beziehung sein soll, sodass auch hier bei der Vermittlung ein Ausgleich erfolgt. Je mehr temporären Abstand Sie brauchen, desto stärker sollten sie “Unabähngigkeit” als Partnersuchkriterium betonen.
- Auch wenn eine passende Partnerwahl für Menschen mit ADHS – wie überhaupt für alle partnersuchenden Singles – von großer Bedeutsamkeit ist, kann die Partnerwahl nicht immer für alle möglichen Probleme ausgleichen. Bei stärkerer Symptomatik ist es daher für die Betroffenen ratsam, mithilfe einer Verhaltenstherapie ihre Fertigkeiten in den Bereichen, Problemlösung, Impulskontrolle und Kommunikation zu verbessern, was sich positiv auf Partnersuche und Beziehungen auswirken kann.
Bei Ihrer Beziehungssuche stehen wir Ihnen jederzeit mit Tat und Rat zur Seite:
Mehr hören?
Sie möchten noch klarer verstehen, was bei der Online-Partnersuche falsch laufen kann und wie Sie es richtig machen können?
Schauen und hören Sie in meinen ▶ neuen Video-Podcast bei YouTube hinein. Gefällt er Ihnen, würde ich mich über ein Like und auch ein Abonnement des Kanals freuen!
Mehr lesen?
In meinem Buch “A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht” werden viele weitere Aspekte von Partnersuche und Beziehungsaufbau umfassend erörtert und es werden zahlreiche Anregungen und Empfehlungen gegeben. In das E-Book können Sie auch hier ein wenig reinschauen, bevor Sie sich zum Kauf entschließen.