In meinem heutigen Artikel setze ich mich mit dem Ideal und der Wirklichkeit in Beziehungen auseinander.
Aus der Übertragung einer psychologischen Studie zu dieser Thematik auf die Partnersuche leite ich eine Reihe von Empfehlungen für eine wirksame Partnersuche ab, die ich in diesem Artikel darstelle.
In den zusammenfassenden Empfehlungen kann alles noch einmal in knapper und stark komprimierter Form nachgelesen werden.
Wie wird in Beziehungen das Ideal zur Wirklichkeit?
Vannier und O’Sullivan (2018) untersuchten, wie sich Wunsch und Wirklichkeit auswirken auf
- die Beziehungszufriedenheit
- die Bereitschaft, in eine Beziehung zu investieren.
- die Entscheidung, in einer Beziehung zu verbleiben.
Dabei untersuchten sie zwei Arten von Diskrepanzen:
- Die Diskrepanz zwischen der aktuellen Beziehung und der Ideal-Beziehung
- Die Diskrepanz zischen der aktuellen Beziehung und einer möglichen Beziehung mit jemanden anderes.
Während sich die Autoren ausschließlich mit bereits bestehenden Dating-Beziehungen befassten, sagen die Befunde dennoch viel darüber aus, wie wir unsere Partnersuche angehen können, um unser Ziel einer zufriedenen und dauerhaften Beziehung zu erreichen.
Die Befunde weisen zudem auf eine Gefahr beim Online-Dating hin, nämlich dass der Fokus auf möglichen Alternativen bleibt, was das Entstehen einer Beziehung blockieren kann.
Im Anschluss an die Darstellung der Befunde der Autoren werden ich diese und weitere mögliche Konsequenzen für die Partnersuche näher erläutern.
Studie von Vannier und O’Sullivan
An der Studie beteiligten sich 296 Personen, die in einer Beziehung waren, unter ihnen 135 Männer, 155 Frauen und 6 Personen, die Transgender angaben.
Die Befragten füllten einen Fragebogen aus, der die Komponenten “Verbindung” (ich scheine zu wissen, was mein Partner:in denkt), “Leidenschaft” (die Chemie zwischen mir und Partner:in ist überwältigend), “Schicksal” (wir werden glücklich bis ans Ende unserer Tage leben) und “Unmittelbarkeit” (ich habe mich auf den ersten Blick verliebt) erhob.
Die Teilnehmenden füllten diesen Fragebogen nicht nur einmal aus, sondern dreimal; nämlich für ihre aktuelle Beziehung, ihre Ideal-Beziehung sowie für eine Beziehung, die sie mit einer anderen Person führen könnten.
Die Teilnehmenden wurden außerdem gebeten, anzugeben, wie hoch ihre Beziehungszufriedenheit aktuell ist, wie stark sie bereit sind, in die Beziehung zu investieren, wie hoch die Qualität möglicher Alternativen ist (wenn ich nicht mit meinem Partner zusammen wäre, würde es mir gut gehen – ich würde eine andere attraktive Person finden) und auch, wie sehr sie sich für die dauerhafte Fortführung der aktuellen Beziehung bereits entschieden haben (Bindungs-Entscheidung).
Es zeigten sich folgende Ergebnisse:
- Grundsätzlich schilderten die meisten Befragten eine gute Beziehungszufriedenheit.
- Die Angaben der Teilnehmenden zu ihrer aktuellen Beziehungen und zu ihrer Ideal-Beziehung wichen in einem moderaten Ausmaß voneinander ab, und zwar in dem Sinne, dass die aktuelle Beziehung im Durchschnitt nicht ganz die Ideal-Beziehung erreichte.
- Die Angaben der Teilnehmenden zu ihrer aktuellen Beziehung wichen in einem deutlichen Ausmaß von ihren Angaben zu einer möglichen Beziehung mit jemanden anderes ab; diesmal aber in dem Sinne, dass die aktuelle Beziehung die erwartete Beziehung mit jemanden anderes im Durchschnitt übertraf.
Besonders relevant sind aber folgende, von den Autoren in ihren Hypothesen erwartete Befunde:
- Je stärker die Diskrepanz zwischen der aktuellen und der Ideal-Beziehung war, desto geringer war die Beziehungszufriedenheit und die Bereitschaft in eine Beziehung zu investieren. Geringe Beziehungszufriedenheit und geringe Bereitschaft, in eine Beziehung zu investieren, führten zu einer schwachen Bindungsentscheidung.
- Je positiver eine mögliche Beziehung mit einer anderen Person im Vergleich zur aktuellen Beziehung bewertet wurde, desto geringer waren die Beziehungszufriedenheit und die Bereitschaft, in eine Beziehung zu investieren. Dies erhöhte die „Qualität der zur Verfügung stehender Alternativen“, die wiederum die Bereitschaft für eine Bindungsentscheidung senkte.
Etwas einfacher formuliert ist es also folgendermaßen:
- Wenn unsere vorhandenen Beziehungen von der durch uns erträumten Beziehungen abweichen, werden wir unzufrieden mit unseren Beziehungen, möchten nicht mehr in sie investieren und entwickeln Zweifel, ob wir dauerhaft mit Partner:innen zusammenbleiben wollen oder nicht.
- Wenn wir den Eindruck haben, unsere Erwartungen an eine Beziehung mit einer anderen Person eher erreichen zu können, werden wir ebenfalls unzufrieden mit unserer Beziehung, wollen weniger für sie tun und gehen davon aus, dass eine bessere Alternative für uns möglich ist. Deshalb wollen wir uns in diesem Fall weniger stark festlegen, mit Beziehungspartner:innen zusammen zu bleiben.
Wenn wir feststellen, dass unsere Beziehung nicht unserer Wunschbeziehung entspricht oder wenn wir zum Eindruck gelangen, dass eine Beziehung mit jemanden anderes glücklicher sein würde, sind dies also Warnsignale für unsere bestehende Beziehung:
- Es liegt an den Beziehungspartner:innen, durch Beziehungsarbeit diese Warnsignale in Veränderungsschritte zu transformieren, die Beziehung dadurch (wieder) stärker an die Wunsch-Beziehung anzunähern, Beziehungszufriedenheit und Bereitschaft zum Einsatz für die Beziehung wiederherzustellen und so die Partnerschaft zu erhalten.
Heute geht es mir aber um die Zeit davor; die Zeit der Partnersuche. Denn diese Thematik werden nicht erst relevant, wenn wir bereits eine Beziehung gefunden haben. Im Gegenteil, je früher wir uns mit dieser Dynamik auseinandersetzen, desto besser, weil wir so von Anfang an die Basis für eine glückliche und stabile Beziehung schaffen können.
Online-Dating und der Wert der Alternativen
Beim Online-Dating erhalten wir Zugriff auf Profile anderer Personen, die im besten Fall ebenfalls nach Beziehung suchen. Die Profile stellen insofern Kontakt-Optionen dar.
Bei den Dating-Apps ist die Anzahl der Profile und damit die Anzahl an Kontaktoptionen quasi unbegrenzt. Wird aus einem Kontakt nichts, stehen bereits mehrere andere Alternativen jederzeit zur Verfügung.
Wie aber wirkt sich dies nach den Befunden der Studie von Vannier und O’Sullivan wahrscheinlich aus auf
- unsere Bereitschaft, für einen Kontakt etwas zu investieren?
- unsere Zufriedenheit mit einem aktuellen Kontakt?
- unsere Bereitschaft, uns zu binden?
Das Online-Dating wird – nämlich dann, wenn oft oder sogar ständig Vorschläge erfolgen – den Eindruck erzeugen, dass grundsätzlich Alternativen zur Verfügung stehen oder in kurzer Zeit verfügbar sein werden.
Dieser Fokus auf die Alternativen zeigt sich innerpsychisch darin, dass neue Vorschläge gerne angeschaut werden und neue Vorschläge erwartet werden; und zwar meistens selbst dann, wenn noch nicht jede Beziehung-Option mit den bereits vorliegenden Vorschlägen ausgelotet worden ist.
Hiervon bleibt der Kontakt zu einer einzelnen Person nicht unberührt:
- Wir bewerten diesen Kontakt nämlich nicht nur in sich selbst, sondern wir vergleichen ihn mit den bereits vorliegenden und mit den noch erwarteten Alternativen.
- Gehen wir davon aus, dass Alternativen vorbeikommen werden, schwingt dabei die Erwartung oder Hoffnung mit, dass diese “besser” sein könnten.
Das Online-Dating und ganz besonders die Dating-Apps erhöhen damit aber den von Vannier und O’Sullivan untersuchten Faktor der Qualität der Alternativen. Indem das Online-Dating den Fokus auf mögliche Alternativen lenkt, trägt es also gleichzeitig dazu bei, dass jeder einzelne Kontakt im Licht aller möglichen, erwarteten oder erhofften Kontakte betrachtet wird. Dadurch sinkt jedoch im Durchschnitt die Zufriedenheit mit einem einzelnen Kontakt, die Bereitschaft, in diesen zu investieren, sowie die Bereitschaft, sich zu binden.
Die Anzahl (und Art) der aktuellen, erwarteten oder erhofften Alternativen beim Online-Dating kann insofern genau die Prozesse stören, die es uns überhaupt erst ermöglichen, eine Beziehung aufzubauen, nämlich die Bereitschaft:
- in einen Kontakt zu investieren.
- mit einen Kontakt zufrieden zu sein.
- uns für eine Beziehung mit dieser Person zu entscheiden.
Das Tückische ist, dass es sich hier nicht um uns vollständig bewusste Entscheidungsprozesse handelt, die unter unserer Kontrolle wären. Das Setting des Online-Dating und ganz besonders der Dating-Apps an sich konstituiert diese Reaktionsweisen an unserer direkten Kontrolle vorbei.
Wir bemerken natürlich, dass wir mit einem Kontakt nicht voll zufrieden sind, wir bemerken ebenfalls, dass wir in einen Kontakt nicht investieren wollen. Nicht bewusst ist uns aber, dass dies womöglich bei exakt der gleichen Person anders wäre, wenn wir nicht bei einer Dating-App wären und keine weiteren XY-Kontakte in kurzer Zeit zu erwarten wären.
Im Ergebnis kann durch das Online-Dating unsere Bindungsbereitschaft sinken, sodass aus Kontakten keine Beziehungen werden.
Wir empfehlen bei Gleichklang folgendes Vorgehen, um dem entgegenzuwirken:
- legen Sie den Fokus auf eine individuelle Person und nicht auf einen Vergleich der Profile untereinander. Versuchen Sie, im Kontakt mit der individuellen Person auszuloten, ob die Basis für eine Beziehung entstehen kann.
- setzen Sie neue Vorschläge aus, wenn sich ein Kontakt vertieft. Bereits bestehenden Kontakten können Sie freundlich mitteilen, dass Sie nicht mehrgleisig fahren möchten und sich dann wieder melden werden, falls ein laufender Kontakt doch nicht zu einer Beziehung führen sollte.
- hat sich noch kein Kontakt vertieft, ist es durchaus sinnvoll, mehrere Personen anzuschreiben, weil nicht alle antworten werden und weil einige auch absagen werden. Steht aber eine Verabredung bevor oder erfolgten sogar bereits Treffen, die fortgesetzt werden sollen, sollte der Fokus von den Alternativen abgewandt und auf die einzelne Person zugewandt werden.
- entscheiden Sie sich für oder gegen eine Beziehung allein aufgrund ihrer Interaktion mit der betreffenden Person und führen Sie keine Überlegungen durch, ob noch jemand “besseres” vorbei kommen wird oder nicht.
Die Struktur des Online-Dating kann eine Kontaktvertiefung, einen Beziehungsaufbau und die Entscheidung für eine Beziehung stören. Sie können dem jedoch entgegenwirken, indem Sie den Fokus klar und bewusst auf die einzelne Person legen und sich vor interferierenden Alternativen durch Aussetzen neuer Vorschläge schützen.
Online-Partnersuche und das Beziehungs-Ideal
Die Studie von Vannier und O’Sullivan zeigte, dass eine hohe Ähnlichkeit zwischen einer aktuellen Beziehung und dem eigenen Beziehungs-Ideal mit einem mehr an Beziehungszufriedenheit, einer höheren Bereitschaft zum Beziehungsinvestment und einer stabileren Bindung einherging.
Die Studie zeigte aber auch, dass typischerweise eine Beziehung das Beziehungs-Ideal nie ganz erreichte. Trotzdem waren die meisten Beziehungen glücklich.
Dies sind die Empfehlungen aus psychologischer Sicht, was Sie tun können, um eine passende Person zu finden:
- Es ist sinnvoll, eine Person zu suchen, die ein ähnliches Beziehungs-Ideal hat. Es muss keine Identität vorliegen. Aber bei den zentralen Merkmalen der Lebensphilosophie, der Lebensziele und der Vorstellungen von Beziehung sollte Übereinstimmungen bestehen.
Es geht bei der Partnersuche darum, das richtige Maß zu finden zwischen Übereinstimmung und Divergenz:
- Haben wir ein rigides Suchmodell, werden wir nicht fündig, weil es immer Divergenzen geben wird.
- Haben wir ein undifferenziertes Suchmodell, beginnen wir Beziehungen, die nicht tragfähig werden.
Bei der Partnersuche sollten wir also differenzieren zwischen dem, was uns wichtig ist, und dem, was uns weniger wichtig, nicht wichtig oder verzichtbar ist. Hierfür ist eine gute Kenntnis der eigenen Person und unseres Beziehungs-Ideals erforderlich. Sich hierüber im Klaren zu werden und zu bleiben, ist immer auch Selbstfindung und Persönlichkeits-Entwicklung.
Vier Beispiele sollen die Herausarbeitung der richtigen Suchstrategie verdeutlichen:
- Gemäß ihrer Lebensphilosophie möchten Sie sich einsetzen für eine vegane, pflanzenbasierte Gesellschaft. Ihre Ideal-Beziehung ist eine Beziehung, in der sie dies gemeinsam angehen können. Sie lieben außerdem das Bergwandern, können sich jedoch auch andere Tätigkeiten vorstellen. Für Ihre Partnersuche ist demnach der Veganismus wichtig, nicht aber das Bergwandern.
- Sie sind ein alleinerziehendes Elternteil. Außerdem nehmen Meditation und Yoga einen zentralen Anteil Ihres Alltags ein. Gerne würden Sie mit Beziehungspartner:innen eine Yoga und Meditationsschule gründen. Sie sind wenig mobil und wünschen sich eine Beziehung in Wohnortnähe. Für Ihre Partnersuche ist es zentral, dass Ihre Alleinerziehenden-Rolle angenommen wird und eine positive Haltung zu Yoga und Meditation besteht. Bezüglich des Wohnorts sollten Sie Abstriche machen. Denn selbst bei geringer Mobilität entwickeln sich bei echter Passung zwischen zwei Menschen meistens gute Lösungen. Lesen Sie auch hier unsere Dating-Tipps für alleinerziehende Singles.
- Sie sind eine eher extravertierte Person, interessieren sich für Kunst und Kultur und wünschen sich in ihrem Beziehungs-Ideal eine freie, sexuell offene und doch liebevolle und verbindliche Beziehung. Mit monogamen Beziehungen haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht und wollen diese nicht mehr wiederholen. Für die Partnersuche sollten sie nach einer Person suchen, die sich ebenfalls eine offene Beziehung wünscht und sich auch für Kultur und Kunst interessiert. Ob diese Person dann aber extravertiert oder introvertiert ist, können Sie gerne dem “Zufall” überlassen. Denn verschiedenartige Persönlichkeitszüge lassen sich gut miteinander integrieren, wenn die Grundbasis gegeben ist.
- Sie waren in Beziehungen selbst treu, wurden aber bereits mehrfach betrogen. Sie haben Angst, dass sich dies wiederholt. Sie selbst sind sich klar, dass für Sie eine offene oder polyamore Beziehung nicht infrage kommt. Sie sind konsumkritisch eingestellt und wollen eher minimalistisch und naturverträglich leben, können sich auch durchaus vorstellen, Ihren Lebensschwerpunkt zu verlagern oder auszuwandern. Sie sollten eine Beziehung nur eingehen mit einer Person, von der Sie den Eindruck haben, dass sie ebenfalls gerne monogam leben möchte. Suchen Sie das offene Gespräch und achten Sie auch auf die Beziehungsgeschichte. Ebenfalls sollte es sich um eine Person handeln, die eine positive Einstellung hat zu Naturverträglichkeit und Ressourcenschonung hat, egal, ob sie später einmal auswandern möchte oder nicht.
Eine weitere Empfehlung lautet, darauf zu achten, dass womöglich eine Diversität von Merkmalen bei einer anderen Person mit Ihrem Beziehungs-Ideal vereinbar sein kann:
- Wenn Sie vegan leben, brauchen Sie die Partnersuche nicht unbedingt auf Veganer:innen einzuschränken. Ebenso glücklich kann eine Beziehung mit einer Person werden, die positiv zur veganen Lebensweise eingestellt ist und gerne die Beziehung mit Ihnen zum Anlass nehmen würde, nunmehr selbst vegan zu werden.
Es geht hier nicht um aufgezwungene Veränderungen. Beziehungen, die wir beginnen, damit wir eine Person verändern oder erziehen, erreichen selten die Balance, die für Beziehungen notwendig ist.
Es geht vielmehr um die Identifikation einer bereits in einer Person angelegte Veränderungs-Option, für die eine Beziehung nur einen weiteren Anreiz oder eine Basis bildet, dass sie sich manifestieren kann – so wie ein Same keimt, wenn im richtigen Boden das Wasser hinzukommt.
In der gleichen Weise kann die Klärung des eigenen Beziehungs-Ideals natürlich auch den Anlass geben, eigene Veränderungs-Optionen zu erkennen, diese zu reaktivieren und so Wirklichkeit werden zu lassen.
Schließlich ist es ebenfalls wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass das eigene Beziehungs-Ideal ebenfalls eine hohe Diversität verschiedener Optionen enthalten kann:
- So können manche Menschen in einer monogamen Beziehung ebenso glücklich werden wie in einer offenen Beziehung. Entsprechend divers ist dann auch Ihr Beziehungs-Ideal, welches beide Möglichkeiten zulässt.
Es ist die Kunst der Partnerfindung, das eigene Beziehungs-Ideal zu kennen, es mit dem Beziehungs-Ideal der anderen Person zu vereinen und dabei bereits angelegte Veränderungs-Optionen auf beiden Seiten umzusetzen, ohne rigide tatsächlich passende Personen auszuschließen oder undifferenziert sich nur um der Beziehung willen auf eine unpassende Person einzulassen.
Einen kleinen Teil dieser Herausforderung können wir Ihnen durch unser Matching bei der Partnervermittlung abnehmen. Den größten Teil aber können nur Sie selbst übernehmen, wodurch sie gleichzeitig – und zwar unabhängig vom Ausgang ihrer Partnersuche – wachsen können.
Zusammenfassung
Einordnung und Empfehlungen
Vannier und O’Sullivan (2018) konnten in ihrer Studie belegen, dass die Beziehungszufriedenheit, das Investment in eine Beziehung und die Entscheidung, dauerhaft in einer Beziehung zu verbleiben, umso stärker sind, desto geringer die Diskrepanz ist zwischen der aktuellen Beziehung und dem eigenen Beziehungs-Ideal.
Ebenfalls beobachteten Vannier und O’Sullivan, dass eine Beziehung umso glücklicher, engagierter und stabiler ist, desto weniger die Beteiligten davon ausgehen, dass sie in einer Beziehung mit jemanden anderes ebenso glücklich oder sogar glücklicher werden würden.
Wenn unsere vorhandene Beziehung von der durch uns erträumten Beziehung abweicht, werden wir also unzufrieden. Ebenso werden wir unzufrieden mit unserer Beziehung, wenn wir den Eindruck haben, mit einer anderen Person glücklicher werden zu können.
Hieraus ergeben sich Implikationen für den besten Weg zur Partnerfindung:
Einfluss der Alternativen beim Online-Dating
Beim Online-Dating erhalten wir Zugriff auf Profile anderer Personen, die im besten Fall ebenfalls nach einer Beziehung suchen. Bei den Dating-Apps ist die Anzahl der Kontaktoptionen quasi unbegrenzt. Dadurch entsteht der Eindruck, dass immer Alternativen zur Verfügung stehen. Hierdurch kann die Bereitschaft sinken, sich auf einen Kontakt einzulassen. Auch die Zufriedenheit mit einem einzelnen Kontakt und die Bindungsbereitschaft kann allein dadurch abnehmen, dass es Alternativen gibt oder diese erwartet werden.
Die Anzahl (und Art) der aktuellen, erwarteten oder erhofften Alternativen beim Online-Dating kann also genau die Prozesse stören, die für eine Partnerfindung notwendig sind:
- die Bereitschaft, in den Kontakt mit einer Person zu investieren.
- die Fähigkeit, mit einer Person zufrieden zu sein.
- die Entscheidung, sich für eine Beziehung mit einer Person zu entscheiden.
Diese Prozesse laufen nicht voll bewusst ab. Zwar nehmen wir wahr, dass wir unzufrieden sind oder uns für eine Person nicht entscheiden wollen, nicht bewusst ist uns aber, dass dies mit der gleichen Person womöglich komplett anders wäre, wenn wir nicht bei einer Dating-App mit XY erwarteten weiteren Alternativen wären.
Aber Sie können gegensteuern:
- Manchen Sie sich diese Prozesse bewusst und steuern Sie gegen, indem Sie den Fokus auf eine individuelle Person und nicht auf einen Vergleich der Profile untereinander legen. Versuchen Sie mit dieser Person auszuloten, ob die Basis für eine Beziehung entstehen kann.
- Setzen Sie neue Vorschläge aus, sobald ein Kontakt sich vertieft. In dem Moment, wo eine Verabredung bevorsteht oder gar bereits Treffen außerhalb des Internet erfolgten, sollten Sie den Fokus von möglichen weiteren Alternativen abwenden.
- Machen Sie Ihre Beziehungs-Entscheidung nur von Ihrer Erfahrung mit der Person abhängig und treffen Sie keine Überlegungen dahingehend, ob noch jemand “besseres” vorbei kommen wird oder nicht.
Rolle des Beziehungs-Ideals für die Online-Partnersuche
Die Beziehungszufriedenheit ist umso größer, desto mehr eine aktuelle Beziehung dem Beziehungs-Ideal entspricht. Moderate Abweichungen bestehen aber typischerweise und sind mit einer guten Beziehungszufriedenheit ohne weiteres vereinbar.
Für die Partnersuche sollten Sie Ihr eigenes Beziehungs-Ideal klären und nach einer Person suchen, die ein vergleichbares Beziehungsideal aufweist. Dies bedeutet aber keine Identität zwischen Ihnen und potenziellen Beziehungspartner:innen. Es braucht nur in den zentralen Merkmalen der eigenen Lebensphilosophie, der Lebensziele und der Vorstellungen von Beziehungen eine gute Übereinstimmung vorhanden sein.
Wichtig ist es, das richtige Maß zu finden:
- Haben wir ein rigides Suchmodell, werden wir nicht fündig, weil es immer Divergenzen geben wird.
- Haben wir ein undifferenziertes Suchmodell, beginnen wir Beziehungen, die nicht tragfähig werden.
Bei der Partnersuche sollten wir also differenzieren zwischen dem, was uns wirklich wichtig ist, und dem, was uns weniger wichtig, nicht wichtig oder verzichtbar ist. Hierfür ist eine gute Kenntnis der eigenen Person und unseres Beziehungs-Ideals erforderlich.
Achten Sie auch darauf, dass es diverse Merkmale geben kann, die allesamt mit dem eigenen Beziehungs-Ideal vereinbar sind:
- So kann ein veganes Beziehungs-Ideal, um ein Beispiel zu nennen, nicht nur mit Veganer:innen erfüllt werden, sondern auch mit Personen, die positiv zur veganen Lebensweise eingestellt sind und gerne eine Beziehung zum Anlass nehmen möchten, nunmehr selbst vegan zu werden.
Es geht hier nicht aufgezwungene Veränderungen, sondern um eine bereits in einer Person angelegte Veränderungs-Option, für die eine Beziehung nur einen weiteren Anreiz bildet, dass sie sich manifestieren kann.
In der gleichen Weise kann die Klärung des eigenen Beziehungs-Ideals natürlich auch Anlass geben, Veränderungs-Optionen bei sich selbst zu erkennen und umzusetzen.
Schließlich kann ein Beziehungs-Ideal auch eine hohe Diversität im Sinne verschiedener gleichwertiger Möglichkeiten enthalten:
- So können manche Menschen in einer monogamen Beziehung ebenso glücklich werden wie in einer offenen Beziehung. Entsprechend divers kann dann auch ihr Beziehungs-Ideal beschrieben werden.
Resüme
Die Kunst der Partnerfindung besteht darin, das eigene Beziehungs-Ideal zu kennen, es mit dem Beziehungs-Ideal der anderen Person zu vereinen und dabei bereits angelegte Veränderungs-Optionen auf beiden Seiten wirksam werden zu lassen, ohne in rigider Art und Weise eine in Wirklichkeit passende Personen auszuschließen oder in undifferenzierter Art und Weise, sich nur um der Beziehung willen auf eine unpassende Person einzulassen.
Einen kleinen Teil dieser Herausforderung nehmen wir Ihnen bei Gleichklang durch unser psychologisches Matching ab, den größten Teil aber können nur Sie selbst übernehmen, wodurch Sie – unabhängig vom Ergebnis der Partnersuche – im Sinne einer Persönlichkeits-Entwicklung wachsen können.
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