Das Ziel der Online-Partnersuche ist die Partnerfindung. Nichts führt an einem ersten Treffen vorbei, um dies Ziel zu erreichen. Und doch gibt es eine Reihe an partnersuchenden Singles, denen dies Treffen unangenehm ist oder die es sogar ganz vermeiden.
Auf der Basis einer Umfrage unter Gleichklang-Mitgliedern beantwortet mein heutiger Artikel diese drei Fragen:
- Wie weit verbreitet ist die Furcht vor dem ersten Treffen?
- Aus welchen Gründen fürchten Partnersuchende das erste Treffen?
- Was lässt sich gegen die Furcht vor dem ersten Treffen tun?
Übrigens handelt es sich hier um ein Phänomen, was alle Partnersuchende im Internet und alle, die eine Online-Partnervermittlung nutzen, betrifft:
- diejenigen, denen das erste Treffen unangenehm ist, leiden hierunter und verpassen Kennenlern-Chancen
- diejenigen, denen das erste Treffen nicht unangenehm ist, verpassen ebenfalls Kennenlern-Chancen, wenn eine andere Person ein Treffen vermeidet.
- Irritationen und Missverständnisse können das Ergebnis auf allen Seiten sein.
Umso wichtiger ist es, Strategien zu finden, mit denen das Problem überwunden werden kann. Hierzu möchte ich in diesem Artikel beitragen.
Sie können auch direkt zu den zusammenfassenden Empfehlungen springen, wenn Sie keinen längeren Artikel lesen möchten und auf die genauen Herleitungen und Details verzichten.
Sehr verbunden wäre ich allen Leser:innen, wenn Sie sich die Zeit für diese neue Umfrage nehmen würden, mit der wir das Thema für einen Fortsetzungs-Artikel und eine Pressemitteilung noch vertiefter untersuchen möchten.
Umfrage
An der Umfrage beteiligten sich 1235 Mitglieder von Gleichklang, unter ihnen befanden sich 700 Frauen, 520 Männer und 15 Personen mit nicht-binärem Geschlecht. Das durchschnittliche Alter betrug 50,37 Jahre und schwankte zwischen minimal 18 bis maximal 84 Jahre.
Die Umfrage wurde Ende 2021 zusammen mit einer Umfrage zum Thema Ghosting durchgeführt, deren Ergebnisse bereits in einem vorherigen Artikel veröffentlicht wurden.
Die Teilnehmenden wurden gebeten, anzugeben, ob Ihnen die Vorstellung eines ersten Treffens unangenehm oder nicht unangenehm sei. Nachfolgend wurden diejenigen, die diese Frage bejahten, gebeten, ihre Gründe frei zu schildern.
Diese freien Texte wurden durch uns qualitativ ausgewertet mit dem Ziel, die wesentlichen Gründe hierfür zu identifizieren.
Ergebnisse
So oft wird das erste Treffen vorab als unangenehm erlebt
- 19,7 % der Befragten gaben an, dass ihnen die Vorstellung eines ersten Treffens unangenehm sei. Entsprechend verneinten 80,3 % diese Frage.
Frauen war die Vorstellung eines ersten Treffens signifikant häufiger unangenehm als Männern:
- 22,6 % der Frauen, aber nur 15,6 % der Männer gaben an, dass ihnen die Vorstellung eines ersten Treffens unangenehm sei. Bei nicht-binären Personen stieg dieser Prozentsatz auf 26,7 % an.
Im Resümee lässt sich sagen, das in dieser Umfrage ungefähr jede vierte Frau und jede vierte nicht-binäre Person, sowie jeder sechste Mann angaben, die Vorstellung eines ersten Treffens als unangenehm zu erleben.
Dies sind die Gründe
Die aus den Selbstschilderungen der Befragten identifizierten Gründe werden hier in absteigender Reihenfolge ihrer Häufigkeit dargestellt. Eine genauere Ermittlung der Häufigkeit der einzelnen Gründe wird aber erst in der laufenden Umfrage erfolgen.
Die zwei Top-Gründe
- Angst vor Bewertung und Ablehnung: Die Sorge, den Erwartungen der anderen Person nicht zu entsprechen und von dieser als nicht interessant oder nicht attraktiv bewertet zu werden. Mit 29,2 % in den spontanen Nennungen der Befragten war dies der häufigste Grund, warum die Teilnehmenden den Gedanken an ein erstes Treffen als unangenehm erlebten.
- Desillusionierung: Die Befürchtung, enttäuscht zu werden oder dass die andere Person ganz anders ist als erhofft. Mit 25,9 % wurde dieser Grund am zweithäufigsten von ungefähr einem von vier Teilnehmenden spontan benannt.
Fünf weitere Hauptgründe
- Selbstunsicherheit und geringer Selbstwert: Die allgemeine Einschätzung der eigenen Person als schüchtern, sozial ängstlich oder gehemmt – unabhängig vom Setting der Partnersuche. Hier geht es um über das Dating hinausgehende Zweifel an der eigenen Person, die sich in vielen sozialen Situationen auswirken können. Dieser Grund kam mit 17,0 % in den freien Nennungen an dritter Stelle.
- Sorge vor unbefriedigender Kommunikation: Die Befürchtung, dass die Kommunikation ins Stocken gerät, dass keine Worte oder Themen gefunden werden und dadurch eine gegebenenfalls peinliche oder unschöne Situation entsteht. Mit 12,3 % gab fast jede 12. Person entsprechende Befürchtungen an.
- Angst, andere abzulehnen: Die Angst davor, andere ablehnen zu müssen, sie zu enttäuschen oder zu verletzen. Mit mehr als 10,8 % in freier Nennung handelte es sich hier ebenfalls um einen recht oft angegebenen Grund.
- Aufregung und Nervosität: Die Vorstellung eines ersten Treffens aktiviert Nervosität, Aufregung und Anspannung. Die Anspannung wird als unangenehm erlebt. Mit 9,4 % wurde dieser Grund von fast jeder zehnten befragten Person spontan geschildert.
- Negative Erfahrungen: Negative Vorerfahrungen mit ersten Treffen führen dazu, dass die Vorstellung eines ersten Treffens als belastend erlebt wird. Es wird die Wiederholung negativer Erfahrungen befürchtet, wobei es sich um eine Vielfalt möglicher negativer Erfahrungen handeln kann. Auch dieser Grund wurde mit 9,4 % von fast jeder zehnten befragten Person spontan angegeben.
Zahlreiche weitere individuelle Gründe
Menschen sind sehr individuell und insofern ließen sich in der Befragung eine Reihe weiterer Gründe identifizieren, die von nur jeweils wenigen Personen benannt wurden, aber im Einzelfall eine entscheidende Rolle spielen können.
- Angst vor Beziehung und Verbindlichkeit: Die Angst vor der eigenen Courage, die Sorge, in einer Beziehung doch nicht glücklich zu werden, der Zweifel an dem eigenen Beziehungswunsch und Angst vor einer verbindlichen Entscheidung. Mit 6,1 % gab ungefähr jede 17. befragte Person an, Ängste oder Zweifel bei dem Gedanken an eine Beziehung zu erleben.
- Negatives Körperselbstbild: Die Überzeugung, körperlich hässlich oder unattraktiv zu sein, keine gute Figur zu haben, körperlich nicht gemocht werden zu können. Mit 4,7 % benannte eine von 21 Personen diese Befürchtung.
- Angst vor Übergriffigkeit: Die Sorge, in Situationen zu geraten, in denen eine ausreichende Abgrenzung nicht möglich ist, die Angst, sexuell, körperlich oder anderweitig bedrängt zu werden. 4,2 % der Befragten oder eine von 24 Personen gab diesen Grund an.
- Vorbehalte gegen künstliche Kennenlern-Situation: Das Gefühl, bei einer Dating-Verabredung eine künstliche Situation herbeizuführen. Der Wunsch, sich spontan, ungeplant und ohne Hintergedanken kennenzulernen. Mit ebenfalls 4,2 % benannte ungefähr eine von 24 Personen diesen Grund.
- Anstrengung: Planung und Umsetzung des ersten Treffens werden als hohe Anforderungen, Anstrengung oder Arbeit erlebt. Dieser Grund wurde von 3,8 % der Befragten spontan genannt – also von ungefähr einer von 26 Personen.
- Längeres Online-Kennenlernen erwünscht: Der Eindruck, dass die Online-Kommunikation noch nicht ausreichend tief gewesen ist, der Wunsch, die andere Person noch vollständiger online Kennenzulernen, bevor es zu einem ersten Treffen kommt. Dieser Grund wurde ebenfalls von 3,8 % der Befragten und insofern von ungefähr einer von 26 Personen benannt.
- Keine Vorerfahrungen mit ersten Treffen: Die Sorge, in eine neue und unvertraute Situation zu geraten, da keinerlei Vorerfahrungen bestehen. Das erste Mal wird als besonders angsteinflößend erlebt. 3,3 % der Befragten – ungefähr jede 30. Person – gaben diesen Grund an.
- Angst vor Kontakt-Verlust: Die Sorge, dass ein guter Online-Kontakt nach dem ersten Treffen endet, die Befürchtung, eine Person zu verlieren, die bereits als ein emotional wichtiger Kontakt erlebt wird. Mit 2,8 % benannte jede 36. Person diesen Grund.
- Entscheidungsschwäche: Die Befürchtung, sich auch nach einem ersten Treffen nicht entscheiden zu können. Weder Ja noch Nein sagen zu können, blockiert zu sein. 2,4 % der Befragten – ungefähr eine von 44 Personen – schilderte diesen Grund.
Nur von einer Person benannt
Zusätzlich gab es Gründe, die jeweils nur von einer einzigen Person der befragten Stichprobe angegeben wurden, die aber für die einzelnen Personen eine hohe Bedeutsamkeit hatten:
- Schuldgefühle wegen Fremdgehen: Die entsprechende Person suchte gar keine Beziehung, sondern gab dies nur vor und schilderte Schuldgefühle wegen des Fremdgehens, sodass sie erste Treffen als unangenehm erlebte.
- Angst vor Outing der eigenen Person: Die entsprechende Person gab an, eine Person des öffentlichen Lebens zu sein und zu befürchten, so in der Öffentlichkeit als jemand bekannt zu werden, der das Online-Dating nutzt.
Es gab ebenfalls einige wenige Personen, die nicht zu zuordnen waren, weil sie keine sinnvolle Aussage in ihrer Antwort machten.
Kombination von Gründen
Oft wurde mehr als ein Grund von den Befragten angegeben, weshalb sich die angegebenen Prozentwerte auch nicht zu 100 % addierten:
- 51,4 % der Befragten geben lediglich einen Grund an
- 35,8 % der Befragten gaben zwei Gründe an
- 9,0 % der Befragten gaben drei Gründe an
- 3,3 % der Befragten gaben vier Gründe an
- 0,5 % (ein Befragter) gab fünf Gründe an.
Es zeigten sich folgende weitere Verteilungen:
- 50 % der Befragten benannten mindestens einen beiden der Top-Gründe “Angst vor Ablehnung” oder “Angst vor Desillusionierung”.
- 48,6 % der Befragten benannten mindestens einen der fünf weiteren Hauptgründe “Selbstunsicherheit und geringer Selbstwert”, “Sorge vor unbefriedigender Kommunikation”, “Angst, andere abzulehnen”, “Aufregung und Nervosität”, sowie “Negative Erfahrungen”.
- 34 % der Befragten nannten aber auch mindestens einen der 15 weiteren selteneren oder sogar nur einmalig genannten Gründe “Angst vor Beziehung und Verbindlichkeit”, “Negatives Körperselbstbild”, “Angst vor Übergriffigkeit”, ” Vorbehalte gegenüber künstlicher Kennenlern-Situation”, “Anstrengung”, “Längeres Online-Kennenlernen erwünscht”, “Keine Vorerfahrungen mit ersten Treffen”, “Angst vor Verlust”, “Angst vor Entscheidungsschwäche”, “Schuldgefühle wegen eigenem Fremdgehen” , sowie “Angst vor Outing der eigenen Person”.
- 80,2 % der Befragten benannten mindestens entweder einen der beiden Top-Gründe oder einen der fünf weiteren Hauptgründe. 19,8 % der Befragten gaben gegenüber ausschließlich andere Gründe an, die also nicht durch die zwei Top-Gründe und fünf Haupt-Gründe abgebildet wurden.
Ein Großteil der Gründe dafür, dass manche Teilnehmende am Online-Dating die Vorstellung eines ersten Treffens als unangenehm erleben, liegt also in den hier identifizierten zwei Top-Gründen und sieben Hauptgründen:
- Angst vor Ablehnung
- Angst vor Desillusionierung
- Selbstunsicherheit und geringer Selbstwert
- Sorge vor unbefriedigender Kommunikation
- Angst, andere abzulehnen
- Aufregung und Nervosität
- Negative Erfahrungen
Dennoch genügen diese sieben Top- oder Hauptgründe nicht, da mehr als jede dritte befragte Person (nur oder auch) andere Gründe dafür benannte, warum sie die Vorstellung eines ersten Treffens beim Online-Dating als unangenehm erlebt. Tatsächlich gab fast jede fünfte Person keinen einzigen der Top-Gründe oder Hauptgründe an und benannte ausschließlich andere, seltener berichtete Gründe.
Was tun gegen das unangenehme Gefühl beim Online-Dating?
Im Folgenden gehe ich jeden einzelnen Grund durch, um Hinweise und Empfehlungen zu geben, wie dieser Grund neutralisiert werden kann, damit Sie die Vorstellung eines ersten Treffens beim Online-Dating nicht als unangenehm erleben zu brauchen.
Das gemeinsame Grundprinzip für die Beseitigung oder den Umgang mit allen Ursachen ist die Veränderung der Bewertung der Befürchtungen durch Sie selbst:
- weg von einer katastrophisierenden, negativen Bewertung hin zu einer gelasseneren, realistischen und gleichzeitig positiven sowie mehr akzeptierenden Bewertung
In der gleichen Situation führt eine gelassenere Bewertung zu weitaus weniger emotionaler Belastung als eine katastrophisierende Bewertung. So kann die Veränderung der gedanklichen Bewertung bereits zu einem Wegfall oder einer Reduktion der Gründe führen, warum das erste Treffen als unangenehm erlebt wird. Dies wiederum kann Vermeidungsverhalten reduzieren und dadurch die Aussichten der Partnersuche verbessern.
Ein weiteres gemeinsames Grundprinzip für die Beseitigung oder Minderung aller Ursachen liegt in dem Grundsatz “Übung macht Meister:innen”:
- Durch die Einübung des Umganges mit schwierigen Situationen werden verbesserte Bewältigungsstrategien erlernt, sodass der Schwierigkeits- und Belastungsgrad sinkt. Hierdurch wird ein effektiveres Dating-Verhalten möglich, wodurch ebenfalls die Aussichten auf eine erfolgreiche Partnerfindung steigen.
Nun aber einige Anmerkungen zum Umgang mit den einzelnen Gründen:
Angst vor Bewertung und Ablehnung
Zitat aus meinem vorherigen Artikel “Online-Partnersuche ist keine Bewerbung”
- “Besser geeignet als die Metapher von Online-Dating als Bewerbung ist das folgende Modell: Partnersuche ist ein ergebnisoffener, durch ein gemeinsames Interesse motivierter Begegnungs-Prozess, bei dem Sie und die andere Person nicht gegeneinander, sondern miteinander herausfinden wollen, ob sie voraussichtlich eine wechselseitig glückliche und erfüllende Beziehung miteinander führen können oder dies wenigstens beide versuchen wollen.”
Denken Sie also um:
- Sie brauchen keine Angst vor Ablehnung zu haben, weil es gar nicht in Ihrem Interesse liegt, mit jemanden eine Beziehung zu beginnen, der Sie ablehnt.
Eine Ablehnung ist also eine hilfreiche Information, die Sie vor einem ungünstigen Beziehungsbeginn schützt.
Angst vor Desillusionierung
Hier gilt das Gleiche:
- tritt eine Desillusionierung ein, dann ist dies zwar schade, aber wiederum viel besser, als wenn eine tatsächliche Desillusionierung verborgen bliebe und sich erst zeigen würde, wenn eine Beziehung bereits begonnen hätte.
Sie wollen herausfinden, ob jemand passt. Ist dies nicht der Fall, ist dies keine Katastrophe, sondern eine hilfreiche Information.
Die Internalisierung der Betrachtung von Partnersuche als ergebnisoffene Begegnung mit einem beidseitigem Interesse an einem realitätsgetreuem Ergebnis kann Ihnen helfen, eine Desillusionierung positiv annehmen zu können.
Übrigens treten Desillusionierungen seltener auf, wenn der vorherige Kontakt vertieft und vielfältig war (z.B. Online, Telefon, Video-Chat).
Selbstunsicherheit und geringer Selbstwert
Selbstunsicherheit und soziale Ängste sind mehr als eine spezifische Dating-Angst, sondern zeigen sich in vielen Situationen.
Glücklicherweise lassen sich soziale Ängste abtrainieren:
- Hilfreich sind eine gelassenere Grundeinstellung, mehr Akzeptanz gegenüber sozialer Kritik oder Ablehnung, sowie die konsequente Einübung von selbstsicherem Verhalten in sozialen Interaktionen (Nein-Sagen, eigene Bedürfnisse zum Ausdruck bringen, Komplimente machen etc. ).
- Wenn Sie sich als durch Selbstunsicherheit oder soziale Ängste stark beeinträchtigt erleben und Ihnen eine Bewältigung im Eigenmanagement nicht gelingt, werden Sie in der Regel von einer Verhaltenstherapie profitieren können, gerne auch als Gruppentraining.
Sorge vor unbefriedigender Kommunikation
Gesprächspausen sind kein Weltuntergang. Auch lassen sie sich meistens verhindern oder beenden, wenn Sie der anderen Person Fragen stellen über den Alltag, Lebenseinstellungen oder auch ihre Vorstellungen von Beziehungen. Ebenso wirksam ist es, einfach von sich zu erzählen.
Erste Begegnungen lassen sich sehr gut in der Vorstellung, im kognitiven Probehandeln oder auch vor dem Spiegel einüben. Natürlich lässt sich eine Situation nicht vorwegnehmen, aber Themen, einzelne Fragen sowie mögliche Reaktionen können Sie sich sehr wohl bereits vorab überlegen.
Zeigt sich demgegenüber, dass Sie wirklich nicht miteinander kommunizieren können, dann ist auch dies eine Erkenntnis, die Sie aus dem Treffen gewinnen konnten.
Angst, andere abzulehnen
Studien zeigen, dass indirekte Ablehnung, z.B durch Ignorieren, weitaus schmerzhafter ist als ein direktes, offenes Wort.
Natürlich sollen Sie Ihr Gegenüber weder beleidigen noch bewusst verletzen. Aber es ist völlig angemessen und oft sogar hilfreich, wenn Sie es ehrlich benennen, wenn eine Person nicht Ihr Typ ist und Sie auch an einem weiteren Kennenlernen nicht mehr interessiert sind.
Es gibt Dinge, die können wir als Menschen nicht ganz vermeiden und die können wir daher auch anderen Menschen nicht immer ersparen. Eine freundliche und zugewandte Absage gehört dazu. Auch hier gilt wiederum, dass Übung Meister:innen macht. In dem vorherigen Artikel “Vier Dating-Ängste, ihre Folgen und ihre Überwindung” finden Sie mehr zu diesem Thema.
Aufregung und Nervosität
Dass wir auf Neues und Ungewisses mit einer erhöhten Aktivierung reagieren, ist völlig normal. Sehen Sie es positiv:
- Studien zeigen, dass bei höherer Aktivierung auch eher Sympathie- und Liebesbeziehungen zum Laufen kommen. Die Aktivierung wird es Ihnen erleichtern, Attraktion und Liebesgefühle zu entwickeln, wenn die Begegnung die entsprechenden Signale gibt. Übrigens wirkt Aufregung auch auf andere durchaus sympathisch.
Haben Sie also keine Angst vor der Aufregung, sondern betrachten Sie sie als eine durchaus positive Begleiterin.
Negative Erfahrungen
Machen Sie aus negativen Erfahrungen keine sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung besteht darin, dass wir etwas erwarten und uns nun auch (mehr oder weniger bewusst) so verhalten, dass es tatsächlich eintritt.
Weil Sie in der Vergangenheit negative Dating-Erfahrungen hatten, bedeutet dies in keiner Weise, dass dies auch künftig immer weiter so sein muss oder wird. Tatsächlich braucht bei der Online-Partnersuche letztlich nur eine positive Erfahrung resultieren, die von Dauer ist. Negative Erfahrungen aus der Vergangenheit reduzieren die Wahrscheinlichkeit dieser positiven Erfahrung in der Zukunft nicht.
Sie können aber auch etwas tun, um negative Erfahrungen beim ersten Treffen zu vermeiden:
- Tauschen Sie sich ausreichend online aus, telefonieren Sie oder treffen Sie sich im Video-Chat, bevor Sie sich verabreden. Kennen Sie den Menschen bereits besser, sinkt nämlich die Wahrscheinlichkeit einer negativen Erfahrung.
- Treffen Sie klare Verabredungen zum ersten Treffen, wo und wie es stattfindet. Sie können auch offen von Ihren Befürchtungen sprechen, worauf empathische Personen positiv eingehen werden.
Letztlich geht es auch darum, sich ein wenig zu immunisieren:
- In sozialen Kennenlernprozessen lassen sich negative Erfahrungen nicht immer vermeiden. Wir sollten ihre Möglichkeit von Anfang an mit einkalkulieren und uns dadurch nicht hindern lassen, weiterhin optimistisch und offen auf andere Menschen zuzugehen.
Angst vor Beziehung und Verbindlichkeit
Nehmen Sie es als einen wichtigen Hinweis, wenn Sie bei sich Angst vor Beziehung und Verbindlichkeit verspüren. Es macht keinen Sinn, eine Beziehung zu beginnen, wenn Sie es eigentlich nicht wünschen:
- Hören Sie in sich selbst hinein und achten Sie darauf, ob dort eine Sehnsucht oder ein Wunsch nach Beziehung vorhanden ist oder nicht. Nehmen Sie diesen Wunsch nicht wahr, stellen Sie Ihre Partnersuche zunächst zurück. Eine Partnerschaft ist nicht zwingende Voraussetzung für das Lebensglück. Auch Singles können sich einen in Sinn eingebetteten Alltag gestalten.
- Nehmen Sie aber den Wunsch oder Sehnsucht doch deutlich wahr, sollten Sie sich ihren Beziehungsängsten stellen und gegebenenfalls einiges umstrukturieren. Beziehung ist immer auch mit Veränderung verbunden. Stellen Sie sich darauf ein, dass mit dem Gewinn einer Beziehung auch immer ein Verlust an Routine verbunden ist.
Oder möchten Sie dem klassischen Beziehungsmodell einer Zweierbeziehung mit sexueller Treue und gemeinsamer Wohnung nicht entsprechen?
- Überlegen Sie Alternativen, wie Fernbeziehungen, Beziehungen mit getrennten Wohnungen am gleichen Ort, Wochenendbeziehungen, Urlaubsbeziehungen. Denken Sie auch über die Möglichkeit einer konsensuellen Nicht-Monogamie im Rahmen einer offenen Beziehung oder einer polyamoren Beziehung nach.
Alle diese Beziehungsformen können zu einer tragfähigen und ausgeglichenen Partnerschaft führen, wenn authentisch und offen mit ihnen umgegangen wird.
Negatives Körperselbstbild
Zwei Dinge sollten Sie sich bewusst machen:
- Schönheit liegt immer im Auge der Betrachter:innen.
- Schauen Sie sich einmal um und Sie werden feststellen, dass Menschen mit den unterschiedlichsten Körpertypen Partnerschaft finden können.
Die Partnerwahl hängt auch von der wahrgenommenen körperlichen Attraktivität ab. Im weiteren Verlauf der Beziehung spielt aber die körperliche Attraktivität nach Befunden von McNulty et al. (2008) nur noch eine untergeordnete Rolle.
Schönheitsvorstellungen sind auch kulturell geprägt:
- So beobachteten Zhhan et al. (2021) dass Westeuropäer:innen und Ostasiat:innen die Schönheit von Gesichtern unterschiedlich beurteilen.
- Glasser et al (2009) gelangten zu dem Schluss, dass in den USA weiße Männer schlanke Frauen, Afroamerikaner und Latinos aber fülligere Frauen bevorzugten.
- Eine Studie von Boothhrough et al. (2020) beobachtete, dass in Nicaragua mit mehr Fernsehkonsum zunehmend eine Präferenz für schlanke Formen entstand, wobei bei einer anderen Stichprobe die Präsentation entsprechender Bilder ebenfalls zu einer vergleichbaren Präferenz führte.
Weil also möglicherweise einige Personen oder sogar die Mehrheit derzeit in einem Kulturraum eine bestimmte Schönheitsvorstellung haben, bedeutet dies noch lange nicht, dass es alle so sehen würden. Es gibt – in jeder Kultur – genug Menschen mit einem anderem Schönheitsideal und so kann glücklicherweise jeder Körpertyp eine Beziehung finden.
Seien Sie offen und transparent in ihrer Selbstvorstellung und mit ihren Fotos und warten Sie ab, bis die passende Person vorbeikommt, die sie so mag, wie Sie sind.
Trotzdem können Sie natürlich etwas ändern, wenn Sie dies möchten oder es auch aus gesundheitlichen Gründen empfehlenswert wäre. Machen Sie in diesem Fall Ihre Partnersuche gleichzeitig zu einer Phase der Veränderung, wobei Veränderung besonders gut in Gruppen mit Gleichgesinnten gelingt.
Angst vor Übergriffigkeit
Machen Sie sich selbst Ihre Grenzen bewusst, bringen Sie diese zum Ausdruck und halten Sie sie ein, solange Sie diese Grenzen weiterhin als richtig und wichtig erleben.
Die erste Begegnung sollte immer an einem öffentlichen Ort stattfinden. Sinnvoll ist es zudem, von vornherein deutlich zu machen, wenn bestimmte Dinge, z.B. Sexualität beim ersten Treffen, für Sie nicht infrage kommen.
Vorbehalte gegenüber künstlicher Kennenlern-Situation
Im sozialen Leben werden wir immer wieder auf geplante Begegnungen treffen. In gewisser Weise gehört es zur Natur des Menschen, dass wir Begegnungen planen und verabreden können.
- In diesem Sinne sind erste Treffen beim Online-Dating durchaus ein ganz natürlicher Prozess.
Sie befinden sich beim Online-Dating im Vorteil, dass Sie mehr übereinander wissen als Menschen, die sich quasi zufällig begegnen, wo es tatsächlich dann oft nur um körperliche Anziehung oder Attraktivität geht.
Wenn Sie nicht von der Bewerbungs-Metapher, sondern von Partnersuche als einem ergebnisoffenen Kennenlernprozess als Chance ausgehen, ist es möglich, erste Begegnungen beim Online-Dating ohne Druck anzugehen und die Kommunikation ganz natürlich zu den Themen zu gestalten, die eine Rolle spielen.
Anstrengung
Alles, was wir tun, ist mit einer gewissen Anstrengung verbunden. Schauen Sie sich noch einmal Ihre Prioritäten an. Vielleicht können Sie Ihren Alltag ein wenig umstrukturieren und sich in anderen Aspekte entlasten, damit Sie das Online-Kennenlernen als weniger anstrengend erleben.
Hilfreich kann es auch sein, dass erste Treffen an Örtlichkeiten stattfinden zu lassen, die Ihnen gefallen, sodass der Anstrengung positive Anreize gegenüberstehen.
Schließlich hängt erneut vieles mit dem inneren Druck zusammen, den Sie sich machen, wenn Sie glauben, dass Sie sich optimal präsentieren müssen oder dass das Ergebnis des Treffens unbedingt eine Beziehung sein sollte.
Gehen Sie das Online-Kennenlernen ruhiger, gelassener und ergebnisoffener an, um sich von diesem Druck zu entlasten und so Ihre Anstrengung zu reduzieren.
Längeres Online-Kennenlernen erwünscht
Es ist sinnvoll, sich online gut kennenzulernen und vor einem ersten Treffen sich auch telefonisch oder im Video-Chat zu treffen. Vermitteln Sie Ihrem Gegenüber, dass Ihnen an einem tieferen vorherigen Kennenlernen liegt.
Aber verwechseln Sie ein gründliches Kennenlernen nicht mit dem endlosen Aufschieben eines Treffens:
- Durch Online-Austausch, Telefon und Video-Chat können Sie sich innerhalb relativ kurzer Zeit bereits durchaus gründlich kennenlernen, sodass das die weitere Verzögerung eines Treffens keinen Sinn macht.
Tatsächlich besteht die Gefahr, dass bei zu lang verschobenen Treffen Kontakte einschlafen oder die Verzögerung eines Treffens als Desinteresse interpretiert wird. Die Empfehlung lautet daher, auf ein gründliches Kennenlernen zu achten, aber dann auch bald, sofern möglich, zu einer ersten Begegnung überzugehen.
Keine Vorerfahrungen mit ersten Treffen
Es ist völlig normal, dass wir vor allem ein wenig Angst haben, was uns neu oder unvertraut ist. Wichtig ist, dass wir dieser Angst nicht mit Vermeidung begegnen. Denn so würde sie aufrechterhalten bleiben, weil wir die korrigierenden Erfahrungen gar nicht machen können.
Sehen Sie es daher umso mehr als Anreiz, ein erstes Treffen tatsächlich anzugehen, wenn Sie bisher noch keine Treffen beim Online-Dating hatten.
Angst vor Kontakt-Verlust
Online-Kontakte können einen hohen Grad an Tiefe erreichen und so wichtige soziale Kontakte darstellen. Dies kann im Einzelfall sogar bis hin zu Online-Beziehungen gehen.
Ihre Angst vor Verlust ist daher gut verständlich. Aber wenn Sie es nicht dauerhaft beide auf die Online-Ebene beschränken wollen, müssen Sie dies Risiko in Kauf nehmen.
Immerhin können Sie durch eine gute Vorbereitung einiges tun, um das Risiko zu mindern:
- Wenn Sie sich bereits vertieft online ausgetauscht, miteinander telefoniert und sich im Video-Chat mehrfach begegnet sind, sinkt die Wahrscheinlichkeit beträchtlich, dass durch das erste Treffen der Kontakt enden wird.
- Ebenso gibt es nicht wenige Fälle, wo nach dem ersten Treffen zwar tatsächlich keine Partnerschaft entsteht, aber eine wertvolle Freundschaft.
Entscheidungsschwäche
Das Aufschieben von Entscheidungen wird oft als sehr quälender Prozess erlebt. Nach der Entscheidung sieht es dann meistens besser aus.
Wichtig ist, dass Sie die Kriterien kennen, nach denen Sie die Entscheidung treffen:
- Auswertungen der Beziehungszufriedenheit von Gleichklang-Paaren haben gezeigt, dass Beziehungen dann glücklich werden, wenn die Beziehungs-Partner:innen zum Zeitpunkt der Entscheidung gemeinsame Lebensziele, wechselseitige Veränderungsbereitschaft und eine vorhandene Bindungsbereitschaft erkennen konnten.
- Spüren Sie also eine emotionale Zuneigung und geht diese mit diesen drei Faktoren einher, ist es Zeit, dass Sie nicht mehr länger abwägen, sondern sich für eine Beziehung entscheiden.
Schuldgefühle wegen Fremdgehen
Ihre Schuldgefühle sind berechtigt. Schließlich tun Sie zweierlei:
- Sie bringen Unehrlichkeit und Geheimnisse in Ihre vorhandene Beziehung.
- Sie machen anderen Menschen unberechtigt Hoffnungen, sofern diese nicht wissen, dass Sie in einer Beziehung sind.
Wenn wir andere Menschen verletzen, geben uns darüber u.a. unsere Schuldgefühle Auskunft und wir können Sie als Hinweis dafür nehmen, dass wir unser Verhalten ändern sollten.
Überdenken Sie Ihr Beziehungsmodell und entscheiden Sie sich entweder für die Fortsetzung einer monogamen Beziehung ohne Fremdgehen oder treffen Sie eine Vereinbarung für eine konsensuelle Nicht-Monogamie im Sinne einer offenen Beziehung, einer Swinger-Beziehung oder einer polyamorösen Beziehung.
Angst vor Outing der eigenen Person
Die Angst ist verständlich, aber letztlich ist sie objektiv unbegründet. Online-Partnersuche ist nichts, was den Normen der heutigen Gesellschaft mehr widersprechen würde, vor allem aber haben Sie sich selbst nichts vorzuwerfen.
Der beste Weg, um mit dieser Angst umzugehen, ist es, die Online-Partnersuche offen zu handhaben und darüber durchaus auch zu erzählen, wenn es angebracht ist. So wird die Online-Partnersuche zu einem natürlichen Teil ihres gegenwärtigen Alltags, mit dem Sie entspannt umgehen können, ohne sich dafür zu schämen.
Hinweise für diejenigen, denen das erste Treffen nicht unangenehm ist
Immerhin ungefähr 80 % der Befragten in unserer Umfrage war das erste Treffen in der Vorstellung nicht unangenehm.
Trotzdem werden auch diese von dem Problem betroffen, weil ein Teil der ihnen vorgeschlagenen Personen ggf. Treffen verzögern, aufschieben, absagen oder vermeiden wird. Dies wiederum kann zu Irritationen führen oder auch dem Eindruck, dass die andere Person es nicht ernst meine. So können Kontakte blockiert werden.
Dies ist bedauerlich, weil aus einem Teil dieser Kontakte tatsächlich Beziehungen entstanden wären, wenn das erste Treffen zustande gekommen wäre.
Wie hiermit umgehen?
- Der erste Schritt besteht darin, zu wissen, dass womöglich die andere Person interessiert ist, aber ein Problem mit dem ersten Treffen hat. Dies – und nicht mangelndes Interesse – mag der Grund dafür sein, dass die andere Person keine Initiative für ein Treffen zeigt, zögerlich oder ablehnend reagiert.
- Der zweite, entscheidende Schritt ist, das mögliche Problem offen anzusprechen und den ergebnisoffenen Begegnungs-Charakter des ersten Treffens zu betonen. Es geht darum, in der Kommunikation den Druck aus dem ersten Treffen herauszunehmen. Hierzu kann auch die Bereitschaft gehören, noch eine Weile online, über Telefon oder Video-Chat zu kommunizieren, bevor das erste Treffen stattfindet. Ein verständnisvoller, zugewandter und lockerer Umgangsstil ist hilfreich, zu dem es dann aber auch im Verlauf ebenfalls gehört, eine Vereinbarung über den Zeitpunkt des ersten Treffens zu schließen.
Die Empfehlung lautet insofern, zögerliche Reaktionen des Gegenübers nicht sofort als Ausdruck von Desinteresse zu interpretieren, sondern im Rahmen eines zugewandten und empathischen Austausches über mögliche Barrieren zu sprechen und so mit dazu beizutragen, Ängste zu reduzieren und eine Begegnung zu ermöglichen.
Zusammenfassung
Resümee und psychologische Empfehlungen
Manche Teilnehmenden beim Online-Dating und bei Partnervermittlungen erleben den Übergang von der Online-Ebene zum ersten Treffen als unangenehm und mit vielen Befürchtungen und Sorgen assoziiert.
Einige dieser Personen werden deshalb bei Verabredungen zögern, diese aufschieben oder absagen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Personen nicht interessiert wären oder eine Beziehung mit ihnen ausgeschlossen wäre. Vielmehr kann in einer Reihe von Fällen eine Beziehung erreicht werden, wenn die Barrieren, die dem ersten Treffen entgegenstehen, überwunden werden können.
Die beiden Top-Ursachen für unangenehme Gefühle bezüglich des ersten Treffen sind eine Angst vor Bewertung und Ablehnung sowie eine Befürchtung, dass Enttäuschung und Desillusionierung eintreten könnten.
- Den Betroffenen kann es helfen, wenn sie sich klar machen, dass Partnersuche kein Bewerbungsprozess, sondern ein ergebnisoffener Begegungs-Prozess ist, bei dem auf beiden Seiten das gleiche Interesse besteht, nämlich herauszufinden, ob die betreffenden Personen miteinander glücklich werden können.
Sie brauchen daher keine Angst vor Ablehnung zu haben, weil auch Ablehnung eine hilfreiche Informationen sein kann, die Sie vor einem ungünstigen Beziehungsbeginn schützt.
Das gleiche gilt für die Desillusionierung:
- Sie wollen herausfinden, ob jemand passt. Ist dies nicht der Fall, ist dies keine Katastrophe, sondern gut zu wissen. Sie können dabei die Wahrscheinlichkeit von Desillusionierungen mindern durch die vorherige Vertiefung des Online-Austausches und den Einbezug von Telefon und Video-Chat.
Der dritthäufigste Grund dafür, dass Partnersuchenden das erste Treffen unangenehm ist, liegt in einer Selbstunsicherheit, sozialen Ängsten oder Selbstwertdefiziten. Hier geht es also nicht nur um die Partnersuche, sondern diese Probleme treten in vielen sozialen Situationen auf.
- Bei Selbstunsicherheit oder sozialen Ängsten ist es neben einer höheren Akzeptanz gegenüber sozialer Kritik oder Ablehnung vor allem hilfreich, selbstsicheres Verhalten einzuüben, was auch im Rahmen von verhaltenstherapeutischen Gruppentrainings stattfinden kann, wenn es alleine nicht gelingt.
Die vierthäufigste Ursache ist die Befürchtung, dass die Kommunikation stockt, keine Worte gefunden werden, kein echtes Gespräch zustande kommt.
- Machen Sie sich in diesem Fall bewusst, dass Gesprächspausen kein Weltuntergang sind. Sie können sich aber auch zu Hause vorbereiten, indem Sie sich Fragen überlegen oder darüber nachdenken, was Sie über sich erzählen möchten. Zeigt sich aber, dass Sie wirklich nicht miteinander kommunizieren können, ist auch dies eine wichtige Erkenntnis.
Drei weitere Hauptursachen für unangenehme Gefühle bezüglich des ersten Treffens sind die Angst davor, jemanden abzulehnen, Aufregung und Nervosität vor dem Treffen, sowie negative Vorerfahrungen mit ersten Treffen.
- Zur Beseitigung oder Minderung dieser Ursachen ist es hilfreich, zu wissen, dass Ignorieren oder implizite Ablehnung schmerzhafter sind als eine direkte, freundliche Absage. Es gibt Dinge, die können wir als Menschen nicht ganz vermeiden und die können wir daher auch anderen Menschen nicht immer ersparen. Eine freundliche und zugewandte Absage gehört dazu.
- Zudem gilt, dass es völlig normal ist, dass wir auf Neues und Ungewisses mit einer erhöhten Aktivierung reagieren. Diese kann sogar Prozesse der Sympathiebildung und Attraktion fördern. Haben Sie daher keine Furcht vor der Aufregung, sondern betrachten Sie sie als eine durchaus normale und manchmal sogar hilfreiche Begleiterin. Sie wird von anderen eher als sympathisch erlebt.
- Machen Sie sich ebenfalls bewusst, dass negative Dating-Erfahrungen in der Vergangenheit nicht bedeuten, dass dies auch künftig immer weiter so sein muss oder sein wird. Tatsächlich braucht bei der Online-Partnersuche letztlich nur eine positive Erfahrung resultieren, die von Dauer ist. Zudem können Sie durch ausreichenden Online- Austausch, Telefonieren oder Verabredungen im Video-Chat vor dem ersten Treffen die Wahrscheinlichkeit von negativen ersten Treffen senken.
Neben diesen sieben Hauptursachen für unangenehme Gefühle bezüglich des ersten Treffens gibt es viele weitere, sehr individuelle und seltenere Gründe, wie “Angst vor Beziehung und Verbindlichkeit”, “Negatives Körperselbstbild”, “Angst vor Übergriffigkeit”, ” Vorbehalte gegenüber künstlicher Kennenlern-Situation”, “Anstrengung”, “Längeres Online-Kennenlernen erwünscht”, “Keine Vorerfahrungen mit ersten Treffen”, “Angst vor Verlust”, “Angst vor Entscheidungsschwäche”, “Schuldgefühle wegen eigenem Fremdgehen” , sowie “Angst vor Outing der eigenen Person”.
Seien Sie sich der bei Ihnen vorliegenden Gründe bewusst, denn dies kann Ihnen helfen gegenzusteuern:
- Nehmen Sie es als einen wichtigen Hinweis, wenn Sie bei sich Angst vor Beziehung und Verbindlichkeit verspüren. Hören Sie in sich selbst hinein und achten Sie darauf, ob dort eine Sehnsucht oder ein Wunsch nach Beziehung vorhanden ist oder nicht. Nehmen Sie diesen Wunsch nicht wahr, stellen Sie Ihre Partnersuche zunächst zurück. Nehmen Sie aber den Wunsch oder Sehnsucht doch deutlich wahr, sollten Sie sich Ihren Beziehungsängsten stellen. Beziehung ist immer auch mit Veränderung verbunden. Prüfen Sie auch, ob für Sie womöglich alternative Beziehungsmodelle, wie Fernbeziehungen, Beziehungen mit getrennten Wohnungen am gleichen Ort, Wochenendbeziehungen, Urlaubsbeziehungen oder nicht-monogame offene oder polyamore Beziehungen infrage kommen.
- Bei einem negativen Körperselbstbild ist es wichtig, sich klarzumachen, dass Schönheit immer im Auge der Betrachter:innen liegt und zudem Menschen mit den unterschiedlichsten Körpertypen Partnerschaft finden können und dies auch ständig tun. Seien Sie offen und transparent in ihrer Selbstvorstellung und mit ihren Fotos und warten Sie ab, bis die passende Person vorbeikommt, die sie so mag, wie Sie sind.
- Bei Ängste vor Übergriffen ist es hilfreich, sich selbst die eigenen Grenzen bewusst zu machen und diese klar zum Ausdruck zu bringen. Sinnvoll ist es, von vornherein deutlich zu machen, wenn bestimmte Dinge, z.B. Sexualität beim ersten Treffen, für Sie nicht infrage kommen. Die erste Begegnung sollte immer an einem öffentlichen Ort stattfinden.
- Dass wir soziale Begegnungen auch planen und verabreden, gehört zur Natur des Menschen, es ist nicht künstlich. Wenn Sie nicht von der Bewerbungs-Metapher, sondern von Partnersuche als einem ergebnisoffenen Kennenlernprozess als Chance ausgehen, ist es leichter möglich, der ersten Begegnung beim Online-Dating den Druck zu nehmen und die Kommunikation natürlich zu gestalten.
- Alles, was wir tun, ist mit einer gewissen Anstrengung verbunden. Schauen Sie sich noch einmal Ihre Prioritäten an. Vielleicht können Sie Ihren Alltag ein wenig umstrukturieren und sich in anderen Aspekte entlasten. Hilfreich kann es auch sein, dass erste Treffen an Örtlichkeiten stattfinden zu lassen, die Ihnen gefallen, sodass der Anstrengung positive Anreize gegenüberstehen.
- Es ist sinnvoll, sich online gut kennenzulernen und vor einem ersten Treffen sich auch telefonisch oder im Video-Chat zu treffen. Aber verwechseln Sie ein gründliches Kennenlernen nicht mit dem endlosen Aufschieben eines Treffens. Durch Online-Austausch, Telefon und Video-Chat können Sie sich innerhalb relativ kurzer Zeit bereits durchaus gründlich kennenlernen, sodass eine erstes Treffen bald stattfinden kann.
- Es ist normal, dass wir vor allem mindestens ein wenig Angst haben, was neu für uns ist. Wichtig ist, dass wir dieser Angst nicht mit Vermeidung begegnen. Wenn Sie noch keine Erfahrungen mit Verabredungen haben, können Sie dies als Anreiz nehmen, ein erstes Treffen anzugehen.
- Online-Kontakte können einen hohen Grad an Tiefe erreichen und so wichtige soziale Kontakte darstellen. Ihre Angst vor Verlust ist daher gut verständlich. Aber wenn Sie es nicht dauerhaft beide auf die Online-Ebene beschränken wollen, müssen Sie dies Risiko eingehen. Wenn Sie sich bereits vertieft online ausgetauscht, miteinander telefoniert und sich im Video-Chat mehrfach begegnet sind, sinkt zudem die Wahrscheinlichkeit, dass durch das erste Treffen der Kontakt enden wird. Manchmal wird es keine Partnerschaft, aber eine gute Freundschaft.
- Das Aufschieben von Entscheidungen wird oft als quälender Prozess erlebt. Nach der Entscheidung sieht es dann meistens besser aus. Treffen Sie eine positive Entscheidung, wenn Sie eine emotionale Zuneigung verspüren und diese einhergeht mit gemeinsamen Lebenszielen, Veränderungsbereitschaft und Bindungsbereitschaft.
- Wenn Sie Online-Partnersuche zum Fremdgehen nutzen, sind Ihre Schuldgefühle berechtigt. Sie bringen Unehrlichkeit in Ihre vorhandene Beziehung und Sie machen anderen Menschen unberechtigt Hoffnungen, sofern diese nicht wissen, dass Sie in einer Beziehung sind. Überdenken Sie Ihr Beziehungsmodell und entscheiden Sie sich entweder für die Fortsetzung einer monogamen Beziehung ohne Fremdgehen oder treffen Sie eine Vereinbarung für eine konsensuelle Nicht-Monogamie im Sinne einer offenen Beziehung, einer Swinger-Beziehung oder einer polyamorösen Beziehung.
- Die Angst, dass bekannt wird, dass Sie auf einer Online-Dating-Plattform aktiv sind, ist verständlich, aber objektiv unbegründet. Online-Partnersuche ist nichts, wofür Sie sich schämen müssen. Gehen Sie offen mit Ihrer Online-Partnersuche um und erzählen Sie dort darüber, wo es angebracht ist.
Sie haben keine unangenehmen Gefühle vor ersten Begegnungen?
Gratulation, aber dennoch sind Sie betroffen, weil ihnen vorgeschlagenen Personen ggf. Treffen verzögern, aufschieben, absagen oder vermeiden werden:
- Machen Sie sich bewusst, dass Verzögerung nicht Desinteresse bedeuten muss. Sprechen Sie mögliche Hemmnisse für ein erstes Treffen offen mit der anderen Person an und versuchen Sie, den Druck aus dem Kennenlernen zu nehmen. Schlagen Sie das erste Treffen als ergebnisoffene Begegnung vor, vor der beide keine Angst zu haben brauchen. Ein verständnisvoller, zugewandter und lockerer Umgangsstil ist hilfreich, zu dem es dann aber auch im Verlauf gehört, eine Vereinbarung über den Zeitpunkt des ersten Treffens zu schließen.
Durch einen zugewandten und empathischen Austausch lassen sich Barrieren oft überwinden und dadurch Begegnungen ermöglichen, aus denen schließlich partnerschaft liche Beziehungen entstehen. Auf diesem Weg wünschen wir Ihnen viel Glück und Erfolg.