Eine aktuelle Umfrage der psychologischen Online-Partnervermittlung www.Gleichklang.de zeigt, dass Menschen umso negativer gegenüber Flüchtlingen eingestellt sind, desto verbitterter sie selbst in der Liebe sind. Wer demgegenüber über positive Liebeserfahrungen verfügt und auch für die Zukunft im Hinblick auf die Liebe optimistisch ist, tritt Flüchtlingen im Regelfall mit Verständnis und Hilfsbereitschaft gegenüber.
Die eigenen Liebeserfahrungen bestimmen nach der Gleichklang-Umfrage auch maßgeblich, welcher politischer Umgang mit Flüchtlingen eingefordert wird:
Je stärker die Umfrage-Teilnehmer selbst von der Liebe enttäuscht waren und nicht mehr an die Liebe glaubten, desto überzeugter waren sie, dass es sich bei der aktuellen Fluchtbewegung um Asylmissbrauch handele und mehr Flüchtlinge abgeschoben werden sollten. Die in der Liebe frustrierten Befragten bekundeten zudem eine sehr viel stärkere Unterstützung für die Politik der Bundesregierung, die Flüchtlingsanzahl zu begrenzen und das eigene Land gegenüber den Flüchtlingen abzuschotten.
Demgegenüber gaben Personen, die nicht über ihr Liebesleben frustriert waren, häufiger an, sich für die Abschottungspolitik ihrer eigenen Regierung gegenüber den Flüchtlingen zu schämen und forderten ebenfalls häufiger als die Liebesfrustrierten, dass Nächstenliebe ein Maßstab für das politische Handeln sein sollte.
Gleichklang-Psychologe Dr. Guido F. Gebauer findet diese Befunde vollauf plausibel. Es sei bekannt, dass Menschen mit tiefgreifender Verbitterung oftmals Schwierigkeiten hätten, anderen Menschen gegenüber positiv zu begegnen. Wer nicht lieben könne, sei empfänglicher für die Entwicklung von Vorurteilen und sei oft weniger hilfsbereit gegenüber seinen Mitmenschen. Die Ergebnisse der Umfrage machten deutlich, dass diejenigen, die für eine Politik der Abschottung gegenüber Flüchtlingen plädierten, vorallem ein Problem mit sich selbst hätten, aber die Flüchtlinge zum Sündenbock für ihre eigene Frustration machten. Wer in Anbetracht eskalierender Kriege heute gegen Flüchtlinge demonstriere, Asylbewerberheime anzünde, aber auch öffentlich von massenhaftem Asylmissbrauch spreche oder für die verstärkte Abschiebung von Flüchtlingen eintrete, zeige damit, dass es ihm an der grundlegenden menschlichen Fähigkeit zur Liebe fehle, an die im Übrigen auch das Konzept der Nächstenliebe anknüpfe.
Gleichklang befragte 1000 Mitglieder nach ihren eigenen Erfahrungen und Einstellungen zur Liebe und ihren Ansichten zur Flüchtlingspolitik. An der Umfrage beteiligten sich 577 weibliche und 423 männliche Gleichklang-Mitglieder im Alter von 19 bis 82 Jahren.
Weitere Informationen
Vorgehensweise
Wir baten Gleichklang-Mitglieder per Email, sich an der Online-Umfrage zu beteiligen. Den Mitgliedern wurden Fragen zu ihren eigenen Erfahrungen und Einstellungen zur Liebe sowie zu ihren Einstellungen zu Flüchtlingen und ihrer Meinung, wie mit diesen umgegangen werden sollte, gestellt. Ebenfalls wurde die Mitglieder befragt, inwiefern sie denken, dass Nächstenliebe die Politik prägen sollte.
Alle Beantwortungen erfolgten auf einer sechstudigen Skala mit den Stufen absolut falsch, falsch, eher falsch, eher richtig, richtig, absolut richtig.
Frage zur Liebe
– Wie sehr entspricht folgende Aussagen zur Liebe und dem Leben ihrem eigenen Erleben?: “In Wirklichkeit ist Liebe immer nur Egoismus”, “Ich bin in der Liebe meistens verarscht worden”, “An die Liebe glaube ich nicht mehr”, “Jeder ist sowieso sich selbst der Nächste”, “Die wahre Liebe ist eine Illusion”, “Man muss immer aufpassen, sich nicht ausnutzen zu lassen”, “Wenn ich auf mein Liebesleben zurückschaue, bin ich eher frustriert und/oder verbittert”
Fragen zum Umgang mit Flüchtlingen
– Wie bewerten Sie Aussagen zur aktuellen Diskussion um die Flüchtlinge, dass es sich hier um massenhaften Asylmissbrauch handele, wir die Leute in Deutschland nicht aufnehmen können, die Grenzen gegen Flüchtlinge besser abgesichert werden sollten und mehr Asylbewerber abgeschoben werden sollten? (Negative Einstellungen zu Flüchtlingen)
– Inwiefern trifft dies auf Sie zu?:
Ich schäme mich für die Kaltherzigkeit, mit der die Regierung in meinem Land mit den Flüchtlingen umgeht (Ablehnung der Regierungspolitik)
Ich begrüße es, dass die Regierung meines Landes sich um Abschottung der Grenzen gegenüber den Flüchtlingen bemüht (Zustimmung zur Regierungspolitik)
Nächstenliebe sollte das politische Handeln bestimmen (Nächstenliebe)
Ergebnisse
Ausgewertet wurden die Zusammenhänge zwischen negativen Liebeseinstellungen mit positiven/hilfsbereiten und negativen/restriktiven Einstellungen zu Flüchtlingen, der Ablehnung oder Zustimmung zur Regierungspolitik, sowie der Frage nach der Nächstenliebe.
Es zeigten sich durchgängig hochsignifikante Zusammenhänge dahingehend, das negative Liebeseinstellungen mit negativen Einstellungen zu Flüchtlingen, einer Unterstützung der Regierungspolitik sowie einer geringeren gewünschten Rolle für Nächstenliebe einhergingen. Die Rangkorrelationen (Spearman) der über die Umfrageteilnehmer für die unterschiedlichen Stufen der Liebeseinstellung gemittelten Einschätzungen betrug für jeden dieser Zusammenhänge deutlich über 0.90 (sehr starker Zusammenhang).
Die Zusammenhänge werden auch sehr deutlich, wenn die Antworten zwischen Personen, die die negativen Liebeseinstellungenen als absolut richtig oder richtig bewerteten (550 Personen), und Personen, die diese als absolut falsch oder falsch bewerteten (54 Personen), verglichen werden:
– 37% der Personen mit eindeutig negativer Liebeseinstellung bejahten die Aussage (absolut richtig, richtig oder eher richtig), dass es sich um massenhaften Asylmissbrauch handele, wir die Leute in Deutschland nicht aufnehmen können, die Grenzen gegen Flüchtlinge besser abgesichert werden sollten und mehr Asylbewerber abgeschoben werden sollten. Demgegenüber glaubten dies nur 10% derjenigen Personen, die die negativen Liebeseinstellungen als absolut falsch oder falsch bezeichneten.
– 66% der Personen mit negativer Liebeseinstellung gaben an, sich für die kaltherzige Politik der Bundesregierung im Umgang mit Flüchtlingen zu schämen (absolut richtig, richtig oder eher richtig). Erneut auf 94% stieg dieser Prozentsatz aber bei den Personen an, die die negativen Liebeseinstellungen verneinten.
– 38% der Personen mit negativer Liebeseinstellung unterstützen die Abschottungspolitik der Bundesregierung gegenüber Flüchtlingen (absolut richtig, richtig oder eher richtig). Dieser Prozentsatz sank drastisch auf 12% bei denjenigen ab, die die negativen Liebeseinstellungen verneinten.
– 74% der Personen mit negativer Liebeseinstellung vertraten die Auffassung, dass Nächstenliebe für die Politik maßgeblich sein sollte (absolut richtig, richtig oder eher richtig). Dieser Prozentsatz stieg auf 92% bei den Personen an, die die negativen Liebeseinstellungen verneint hatten.
Gesamtbewertung
Insgesamt äußerte die bei weitem überwiegende Mehrheit der Gleichklang-Mitglieder positive Einstellungen zu Flüchtlingen, forderte Hilfsbereitschaft, verurteilte die Abschottungspolitik der Bundesregierung und forderte, dass Nächstenliebe die Politik leiten sollte. Ebenso verneinte die bei weitem überwiegende Mehrheit unserer Mitglieder negative Einstellungen zur Liebe.
Diese Befunde sind nicht überraschend vor dem Hintergrund, dass es sich bei Gleichklang um eine besondere Community mehrheitlich sozial orientierter Menschen handelt, denen Mitmenschlichkeit am Herzen liegt. Die positiven Einstellungen der Gleichklang-Mitglieder zur Liebe generalisieren auf einen solidarischen und mitfühlenden Umgang mit den Flüchtlingen.
Auch wenn die Umfrage insofern sicherlich nicht repräsentativ ist, bleibt der Befund gültig, dass mit zunehmend negativen Einstellungen zur Liebe fremdenfeindliche Denkweisen ebenfalls zunehmen. Dies stützt die Annahme, dass die eigene Frustration und Verbitterung auf Flüchtlinge übertragen wird, die als Sündenböcke benutzt werden. Fremdenfeindlichkeit weist insofern nach diesen Befunden auf ein personales Defizit in der Fähigkeit zu lieben hin. Negative Erfahrung mit der Liebe und dadurch bedingte Verbitterung können also Fremdenfeindlichkeit fördern und sind insofern als ein Risikofaktor zu betrachten, wobei die Daten aber ebenfalls aufzeigen, dass dieser Zusammenhang nicht zwingend ist. Denn selbst die Personen mit negativen Liebeseinstellungen haben in der Umfrage mehrheitlich negative Einstellungen zu Flüchtlingen und restriktive Abschottungskonzepte verneint. Trotz aller Verbitterung über eigene Enttäuschungen kann es Menschen demnach gelingen, sich ihre Mitmenschlichkeit zu bewahren und Flüchtlingen mit Anteilnahme und Hilfsbereitschaft entgegenzutreten.
Was Gleichklang betrifft, bestätigen die Umfrageergebnisse den Anspruch unserer Community, sich von einem Mainstream, der oftmals zur zwischenmenschlichen Anteilnahme nicht mehr bereit und fähig ist, zu unterscheiden.