Definition von Ghosting
Ghosting ist ein Phänomen beim Online-Dating, welches darin besteht, dass Personen, mit denen bereits ein Online-Kontakt oder sogar ein Offline-Kontakt besteht, plötzlich und ohne jede Vorankündigung oder Begründung den Kontakt abbrechen und von da an nicht mehr erreichbar sind.
Bei Betroffenen können unterschiedliche Reaktionen auftreten:
- manche reagieren mit Verunsicherung, Verwirrung, Selbstzweifeln bis hin zu Trauerprozessen oder Schock.
- andere haken Ghosting-Erfahrungen leichter ab und sehen sie als ärgerliches, aber schwer vermeidbares Phänomen.
Umfrage zu Ghosting
Wir haben unsere Mitglieder befragt, ob sie bereits Ghosting bei Gleichklang erlebt haben. Ebenfalls fragten wir die Mitglieder, ob sie selbst einen Kontakt bei Gleichklang durch Ghosting beendet haben. Wurde diese Frage bejaht, baten wir um eine freie schriftliche Schilderung der Gründe. Diese Texte haben wir ausgewertet und die genannten Gründe verschiedenen Kategorien zugewiesen.
An der Untersuchung beteiligten sich 1138 Mitglieder, unter ihnen 642 Frauen, 481 Männer und 15 non-binäre Personen im Alter von 18 bis 84 Jahren. Das Durchschnittsalter lag bei 50,56 Jahren.
Dieser Artikel untersucht die Häufigkeit und die Gründe für Ghosting. Der Artikel schließt mit Empfehlungen zum Umgang mit Ghosting und vermittelt denjenigen umsetzbare und lernbare Alternativen, die bisher ihre Kontakte durch Ghosting beendeten.
Erfahrungen mit erlebtem Ghosting
- 349 Mitglieder oder 30,7% der Befragten gaben an, es mindestens einmal erlebt zu haben, dass sie einen intensiven Online-Kontakt mit einer Person bei Gleichklang hatten, die plötzlich und ohne Angabe von Gründen verschwunden sei, nicht mehr geantwortet oder den Account gelöscht habe.
- 120 Mitglieder oder 10,5% der Befragten gaben an, dass eine andere Person nach dem ersten Treffen komplett unerreichbar gewesen sei, ohne dass eine Beendigung des Kontaktes besprochen worden sei.
- 75 Mitglieder oder 6,6 % der Befragten gaben an, dass eine Person mitten aus einem intensiven Kontakt heraus mit bereits mehreren Begegnungen komplett verschwunden und danach unerreichbar gewesen sei.
- 416 Mitglieder oder 36,6 % der Befragten haben mindestens eines der drei Phänomene erlebt: Ghosting nach Online-Kontakt, Ghosting nach erstem Treffen, Ghosting nach mehreren Treffen. 21 Mitglieder oder 1,8% der Befragten haben alle drei Arten des Ghostings erlebt.
Zusammenfassend hat also etwas mehr als jedes dritte befragte Mitglied bereits mindestens einmal Ghosting bei Gleichklang erlebt.
Eigenes Ghosting
- 202 Mitglieder oder 17,8% der Befragten gaben an, mindestens einmal Ghosting betrieben zu haben.
- Allerdings zeigte die nachfolgende Analyse der 202 Texte, dass bei 9 Personen gar kein Ghosting vorlag, sondern ein durch das Mitglied begründeter Kontaktabbruch oder ein beidseitiger Kontaktabbruch erfolgte oder das Mitglied weiterhin erreichbar war, aber die andere Person sich nicht meldete.
- Zudem gaben 5 Personen eine unverständliche Antwort, so dass auch hier womöglich kein Ghosting vorlag, womit sich die Häufigkeit eigenen gesicherten Ghostings auf 188 Mitglieder oder 16,5% der Befragten reduzierte.
Zusammenfassend kann demnach davon ausgegangen werden, dass ca. jedes sechste befragte Mitglied mindestens einmal bei Gleichklang aus einem bestehenden Kontakt ohne jede Ankündigung und Begründung verschwunden ist.
Warum verschwinden Menschen?
Codierung und Kategorienzuweisung
Zur Beantwortung der Frage nach dem “warum” haben haben wir 188 Texte untersucht, in denen die Mitglieder selbst ihre Gründe darlegten. Diese Texte wurden einer Inhaltsanalyse unterworfen, bei der zunächst eine große Anzahl an sehr spezifischen Codes für die geschilderten Inhalte vergeben wurde. Im Anschluss wurden diese Codes zu zentralen Kategorien verdichtet.
Um dies besser nachvollziehbar zu machen, ein Beispiel für die Codierung und Kategorien-Zuweisung:
- »Ich hatte den Eindruck, dass die Person kein wahres Interesse zeigt. Im Vorfeld seltsames Verhalten, zuerst gar keine Reaktion dann sehr fordernde Kontaktaufnahme. Andere Person: Wir haben keine konkrete Vereinbarung getroffen und haben uns beide nicht mehr gemeldet.«
Diese Schilderung wurde den Codes zugewiesen »andere Person zeigt kein Interesse«, »andere Person komisch/merkwürdig«, »andere Person antwortet länger nicht« und »Person ist fordernd«.
Der abschließende Satz im Text wurde nicht als Ghosting gewertet, da eine Erreichbarkeit gegeben war, sich lediglich beide nicht meldeten.
Diese vier Codes wurden später dann den folgenden beiden Kategorien zugewiesen:
- Zweifel an Passung der anderen Person: »andere Person komisch/merkwürdig«
- Ungünstiger Kommunikationsverlauf: »andere Person zeigt kein Interesse«, »andere Person antwortet länger nicht«, »Person ist fordernd«.
Hier ein zweites Beispiel:
- »Meist kann ich schon am Anfang recht schnell abschätzen ob ein Interesse an meinem Gegenüber besteht. Es fällt mir schwer eine Ablehnung direkt auszudrücken. Es ist mir aber auch schon passiert dass ich meine Worte an einem nicht Interesse klar formulieren konnte dies bei ihm gegenüber aber nicht ankam und sie weiter versuchte Kontakt zu halten. Es fällt mir schwer Verbindungen zu intensivieren bzw tiefer zu gehen, ich ergreife da leider alzu schnell die Flucht. Aus menschlicher Sicht finde ich ein Ghosting nicht in Ordnung es halbwegs klar zu formulieren, also eine freundliche Absage ,sollte einem Erwachsener Menschen möglich sein.«
Hier erfolgte die Zuweisung zu den Codes »kein Interesse an Person«, »wusste nicht, wie ich sagen sollte, dass ich nicht interessiert bin«, »hatte Erfahrung, dass vorherige Absage nicht angenommen wurde«, »habe Schwierigkeiten, Kontakte zu intensivieren«, und »habe die Flucht ergriffen«.
Später wurden diese fünf Codes den folgenden beiden Kategorien zugewiesen:
- Zweifel an Passung der anderen Person: »kein Interesse an Person«
- Eigene Hemmungen beim Dating-Prozess: »wusste nicht, wie ich sagen sollte, dass ich nicht interessiert bin«, »hatte Erfahrung, dass vorherige Absage nicht angenommen wurde«, »habe Schwierigkeiten, Kontakte zu intensivieren«, und »habe die Flucht ergriffen«
Ein drittes Beispiel:
- »Ich möchte schon lange eine Freundin, aber sobald ich mit jemandem anfange zu schreiben, überfordert es mich und dann ziehe ich mich zurück. Das ist nicht wegen Ihr sondern wegen mir. Zu viele Ängste und ich habe das Gefühl, die Antidepressiva die Ich einnehme, machen mich interesselos. Also ich fange an zu schreiben ohne das ich Interesse aufbauen kann.«
Für diesen Text ergaben sich als Codes: »überfordert mit schreiben«, »Depression«, »Ängste«. Die Aussage, dass die Person kein Interesse aufbauen könne, wurde nicht dem Code »kein Interesse an Person« zugewiesen, da sich das fehlende Interesse nicht auf die andere Person bezieht, sondern aus der eigenen Depression resultiert.
Diese beiden Codes wurden nachfolgend den folgenden beiden Kategorien zugewiesen:
- Belastung durch Dating-Anforderungen: »überfordert mit schreiben«
- Personale Probleme oder Alltags-Schwierigkeiten: »Depression«, »Ängste«
Auf die gleiche Art und Weise wurde mit allen Texten verfahren.
Die Codes enthalten also sehr spezifische individuelle Besonderheiten, die weiterhin eine enge Nähe zum Wortgehalt der Texte aufweisen und außerdem untereinander auch Überlappungen zeigen. Es wurden so insgesamt 146 Codes aus der Analyse der Texte herausgearbeitet.
Diese 146 Codes wurden anschließend zu 11 Ursachen-Kategorien und vier Randaspekten verdichtet. Die Verdichtung der Codes zu Kategorien zeigte dabei, dass eine geringe Anzahl an Kategorien den aller größten Teil der Codes als Hauptursachen für auftretendes Ghosting-Verhalten abdeckte.
Hauptursachen für Ghosting-Verhalten
Dies sind die nach ihrer Häufigkeit sortierten Hauptursachen für Ghosting:
- Zweifel an Passung der anderen Person: 89 Mitglieder oder 47,3% der Befragten, die Ghosting-Verhalten gezeigt hatten, wiesen mindestens einen Code auf aus der Kategorie Zweifel an Passung der anderen Person. Beispiele für Codes für diese Kategorie sind kein Interesse an Person, desillusioniert/Begeisterung verflogen, unpassend, Unehrlichkeit der Person, Bauchgefühl, Verliebtsein der anderen Person nicht erwidert, unangenehmes Gefühl mit Person, wird nichts/sinnlos, Person macht Angst, aber auch Wohnort zu weit entfernt (als Aspekt wahrgenommener Nicht-Kompatibilität). Charakteristik des durch diese Kategorie bedingten Ghostings ist es, dass die Möglichkeit einer Beziehung zur anderen Person nicht gesehen wird, was an nicht-kompatiblen Merkmalen oder Verhaltensweisen der anderen Person, der Lebenssituation der anderen Person und den eigenen Gefühlen bezüglich der anderen Person liegen mag. Ghosting ergibt sich aus den starken Zweifeln an der Passung oder sogar negativen Gefühlen gegenüber der anderen Person, so dass der Kontakt vermieden wird.
- Ungünstige Kommunikation: 59 Mitglieder oder 31,4% der Befragten mit eigenem Ghosting-Verhalten schilderten einen von Ihnen als ungünstig, stressig, unangenehm oder nicht zielführend erlebten Kommunikationsverlauf. Beispiele für Codes für diese Kategorie sind langweilige, anstrengende oder schwierige Kommunikation, vulgäre Äußerungen, fühlte mich nicht ernst genommen, aufdringliches/forderndes oder unter Druck setzendes Verhalten, Person zeigte keine empathische Reaktion, als unangemessen erlebte sexuelle Anspielungen, andere Person zeigte keine Initiative, Beleidigungen, Kritik, keine Fragen gestellt, Fragen gestellt, die schon beantwortet, zu knappe Mitteilungen, andere Person gab keine Aussicht auf ein Kennenlernen, kein Fluss in der Kommunikation, Antwortdruck zu hoch, Meinungsverschiedenheit über Kommunikationsmedium (Telefon, Video). Diese Kategorie des Ghostings kennzeichnet sich dadurch, dass keine grundsätzlichen Inkompatibilitäten einer Person oder mangelndes Interesse an der Person benannt wurden, sondern der Kommunikationsprozess an sich als negativ erlebt wird. Ghosting ergibt sich hier vorwiegend aus der als negativ erlebten Kommunikation, so dass alle weitere Kommunikation unterlassen wird.
- Personale Probleme oder Alltags-Schwierigkeiten: 37 Mitglieder oder 19,7% der Befragten mit eigenem Ghosting-Verhalten brachten ihr Ghosting-Verhalten in direkten Zusammenhang mit allgemeineren eigenen personalen Problemen oder Alltags-Schwierigkeiten, die sich demnach auf das Dating-Verhalten auswirken. Beispiele für Codes dieser Kategorie sind Stress im Alltag, Berufsstress, Todesfall in Familie, Burnout, Depression, Kritische Lebenssituation, Ablenkung durch äußere Umstände, Krankheit, plötzliche persönliche Veränderungen, ungeklärte Beziehung zum Expartner:in, allgemeine Zeitnot im Alltag, Selbstunsicherheit, Konfliktvermeidung. Das gemeinsame aller dieser Aspekte besteht darin, dass das Ghosting nichts mit der anderen Person zu tun hat und sich auch nicht aus der spezifischen Kommunikation mit der anderen Person ergibt, sondern allein aus der Lebenssituation oder der psychischen Situation der eigenen Person resultiert.
- Belastung durch Dating-Anforderungen: 29 Mitglieder oder 15,4 % der Befragten mit eigenem Ghosting-Verhalten benannten eine hochspezifische Überforderung mit der Dating-Situation an sich, also mit dem Management von Vorschlägen, Zuschriften, Prozessen des Schreibens, Kommunizierens und Verabredens. Entsprechende Codes hierfür sind Dating überfordert mich, zu viele anfragen, zu viele Kontakte, dauert mir zu lange, Nachrichten schreiben ist anstrengend, nicht geschafft, rechtzeitig zu antworten, überfordert mit dem Schreiben, schiebe Dating-Aktivitäten auf. Es geht hierbei nicht spezifisch um Hemmungen, nicht um personale oder situationale Probleme, ein Desinteresse an der anderen Person oder einen unangenehmen Kommunikations-Verlauf mit einer anderen Person, sondern um die spezifischen Anforderungen des Dating, die als unangenehm, anstrengend oder überfordernd erlebt werden. Ghosting ist hier vorwiegend Vermeidung von Anstrengung.
- Hemmungen beim Dating-Prozess: 24 Mitglieder oder 12,8 % der Befragten mit eigenem Ghosting-Verhalten benannten an Dating-Prozesse gekoppelte eigene Hemmungen, Unsicherheiten oder Befürchtungen als Ursachen für ihr Verschwinden. Beispiel-Codes für diese Kategorie sind wollte andere Person nicht verletzen/enttäuschen, kann nicht absagen, angst vor treffen, zu großes Mitgefühl mit anderer Person, Scham oder schlechtes Gewissen wegen langer Nicht-Antwort, Unwissenheit über Themen, über die gesprochen wird oder Angst, etwas preiszugeben. Das Besondere dieser Kategorie ist ihr Bezug zu Ängsten oder Befürchtungen vor durch die eigene Person erteilten Absagen oder Vertiefungsprozessen beim Dating-Prozess. Es wird sich nicht getraut, offen und frei beim Dating aufzutreten. Ghosting ist hier also vorwiegend die Vermeidung der Konfrontation mit den eigenen Ängsten.
- Aufgeschoben und vergessen: 11 Mitglieder oder 5,9 % der Befragten mit eigenem Ghosting-Verhalten gaben an, dass Sie eine Antwort lediglich aufgeschoben und es dann vergessen hätten. Die Codes hierfür lauten aufgeschoben, vergessen, Zeit verging, zu spät. Es geht hier nicht um eine negative Wahrnehmung der anderen Person oder der Kommunikation mit ihr, auch nicht um generelle eigene Probleme, Dating-Hemmungen oder eine Bewertung von Dating als zu anstrengend. Vielmehr wird das Ghosting eher als ein unschuldiger Prozess beschrieben des kurzfristigen Aufschiebens und nachfolgenden Vergessens, bis es nach vergangener Zeit zu spät gewesen sei.
Seltenere Gründe
Neben den dargestellten Hauptursachen wurden ebenfalls wesentlich seltener folgende Ursachen benannt:
- Partnerschaft gefunden: 7 Mitglieder berichteten, dass Sie Partnerschaft gefunden hätten und sich danach nicht mehr die Zeit genommen hätten, sich zu verabschieden.
- Erhalt der Kontakt-Option: 4 Personen gaben an, dass sie sich einen Kontakt als Option erhalten wollten, auch wenn sie aktuell keinen Bedarf an einer Kontaktpflege gehabt hätten.
- Plattform verlassen: 2 Mitglieder schilderten, dass Sie Gleichklang verlassen hätten und damit alle Kontakte plötzlich geendet seien.
- Technisch verhindert: 2 Mitglieder gaben an, dass Sie wegen Computerausfall oder Schwierigkeiten, Gleichklang zu bedienen, für einen Kontakt verschwunden seien.
- Ambivalenz über eigenen Beziehungswunsch: 1 Mitglied gab an, dass es sich unsicher über die eigenen Beziehungswünsche gewesen sei.
57,6% der Befragten benannte exakt eine der fünf Hauptursachen als Grund für ihr Ghosting-Verhalten. 24,6% gaben zwei, 5,2% drei und lediglich 0,5% vier der fünf Hauptursachen als Gründe für das eigene Ghosting-Verhalten an. Keiner der Befragten gab alle fünf Hauptursachen an. 12% der Befragten benannten keine der fünf Hauptursachen, sondern ausschließlich einen oder mehreren der selteneren Gründe.
Weitere Aspekte
In den Texten fanden sich spontan teilweise weitere Ausführungen, die aber nicht im engeren Sinne als Gründe zu betrachten sind, aber ebenfalls ein Licht auf die motivationalen Zusammenhänge oder Randbedingungen von Ghosting-Verhalten werfen können:
- 20 Befragte (10,6%) schilderten in ihren Texten, dass der Kontakt nur oberflächlich oder gerade erst am Anfang gewesen sei und entsprechend noch keine Tiefe gehabt habe.
- 14 Personen (7,4%) gaben dezidiert an, dass sie kein Problem mit Ghosting-Verhalten sehen und dies als einen angemessenen Weg betrachteten, einen Kontakt zu beenden. Umgekehrt schilderten 6 Personen (3,2%) spontan, dass sie ihr Verhalten für falsch hielten und dies ändern wollten.
- Eine Person gab an, sie sei selbst Opfer von Ghosting geworden.
Alter, Geschlecht und Bildungsstand
Wir stellten nahezu keine Einflüsse von Alter, Geschlecht und Bildungsstand auf die oben geschilderten Ergebnisse fest. Fast alle Zusammenhänge von Alter, Geschlecht und Bildungsstand verfehlten die statistischer Signifikanz.
Statistisch signifikant, aber ausgesprochen geringfügig waren lediglich Zusammenhänge zum Alter in dem Sinne, dass ältere Menschen etwas seltener von Ghosting betroffen waren, seltener selbst zu Ghosting griffen und zudem von älteren Menschen Belastung durch Dating-Anforderungen und Hemmungen beim Dating-Prozess seltener als Gründe für eigenes Ghosting benannt wurden.
Insgesamt generalisierten die Ergebnisse in sehr hohem Ausmaß über die Geschlechter, Altersstufen und formalen Bildungsstufen.
Was sagt uns dies alles?
Vielgestaltige Ursachen
Die Ursachen von Ghosting-Verhalten sind vielfältig, es lassen sich aber Grundtendenzen erkennen, die psychologisch nachvollziehbarer machen, warum Menschen aus einem Kontakt beim Online-Dating komplett verschwinden.
Der häufigste Grund ist, dass die andere Person als nicht passend oder sogar als negativ erlebt wird und kein Sinn in einem weiteren Kontakt gesehen wird. Mit Negativem möchte man sich nicht auseinandersetzen und das Verschwinden mag hier als der einfachere Weg gesehen werden.
Womöglich liegt keine dezidierte Wahrnehmung einer Nicht-Passung vor, aber der Kommunikationsprozess an sich gestaltet sich unangenehm oder wenig motivierend. Forderungen, Druck, mangelndes Eingehen auf die eigene Person, zu lange auf sich wartende Nachrichten, hinausgeschobene Verabredungen, aber auch sexuelle Anmache oder ein unterschiedliches Erleben der verschiedenen Kommunikationsmedien mögen hier eine Rolle spielen. Die Kommunikation mit der anderen Person wird so als belastend und nicht zielführend erlebt und daher beendet.
Keineswegs liegt es immer an einem ungünstigen Eindruck von der anderen Person oder dem Kommunikationsprozess mit dieser Person, sondern Ursachen für Ghosting-Verhalten können auch rein innerhalb der Person, die zu Ghosting greift, ihrer Lebenssituation, ihrer Bereitschaft und Fähigkeit, Anforderungen des Dating-Prozesses zu erfüllen oder an spezifisch auf das Dating bezogenen Hemmungen und Ängsten liegen.
Ein recht häufiger mit Hemmungen einhergehende Grund für Ghosting ist beispielsweise die Angst, eine Absage zu erteilen, ob aus Scham und schlechtem Gewissen oder aus Sorge, den anderen zu verletzen.
Es gibt aber auch einen ganz anderen Fall:
Die andere Person wird als passend und sympathisch wahrgenommen und trotzdem wird zum Ghosting gegriffen aufgrund von stressigen Lebenssituationen, Depressionen, Ängsten, Selbstunsicherheit, Überforderung durch Schreiben von Nachrichten oder andere Kontakte, oder aufgrund von Angst vor der eigenen Courage, einen Kontakt zu vertiefen.
Manchmal liegen dem Ghosting gar keine tiefgreifenden Gründe zugrunde, weder bezogen auf die andere Person noch auf die eigene Person. Die Antwort wird kurzzeitig aufgeschoben und dann vergessen. Fällt es auf, mögen die Betreffenden meinen, es sei schon zu spät.
Haben Menschen Partnerschaft gefunden, mögen sie so stark auf diese neue Beziehung fokussiert sein, dass alle anderen Kontakte an Bedeutung verlieren, sodass selbst ein Abschied nicht mehr erfolgt.
Personen mögen aber auch Dating-Plattformen verlassen, womöglich ist die Teilnahme einfach ausgelaufen – und schon sind alle Kontakte verloren.
Manche Personen wollen sich eine Kontaktoption offenhalten und denken offenbar, dies sei leichter möglich, wenn sie verschwinden, als wenn sie die Situation aufrichtig schildern.
Es mag in seltenen Fällen sogar an trivialen technischen Problemen liegen, wenn ein nur auf die Online-Ebene bezogener Kontakt plötzlich abtaucht.
Schließlich gibt es Personen, die eine Beendigung eines Kontaktes durch Ghosting für völlig angemessen halten. Manche Personen reservieren eine Kontaktbeendigung per Ghosting für Fälle, wo erst ein erster und noch sehr oberflächlicher Kontakt stattgefunden hat.
Alternativen zum Ghosting
Sachlage ist, dass für Menschen, die von Ghosting betroffen sind, dies belastend sein kann. Das plötzliche Verschwinden der Person hinterlässt einen Leerraum, der von manchen gefüllt wird mit Irritation, Grübeln, Selbstzweifeln, Hilflosigkeit, Trauer, Ärger oder Wut.
Vor diesem Hintergrund ist es also sinnvoll, über Alternativen zum Ghosting nachzudenken, um allen Beteiligten beim Online-Dating eine Minimierung von Belastung und Schmerzen und eine Maximierung von Transparenz und positivem Erleben zu ermöglichen.
Eine wesentliche Richtschnur hierfür ist die Empfehlung zur radikalen Ehrlichkeit, die echtes Kennenlernen und eine reife Liebe erst möglich macht – und die selbstverständlich mit Freundlichkeit und Achtsamkeit verbunden werden kann.
Auf dieser Basis möchte ich für die verschiedenen Gründe für Ghosting-Verhalten die folgenden Empfehlungen geben:
- Zweifel an Passung der anderen Person: Eine mangelnde Passung ist keine Beleidigung und muss keineswegs als Vorwurf dargestellt werden. Überlegen Sie sich, woran die Passung scheitert, und schreiben Sie der anderen Person dann eine freundliche Nachricht, wo der Schwerpunkt nicht auf Kritik oder Herunterziehen, sondern auf ihrer Wahrnehmung einer Inkompatibilität zwischen Ihnen beiden liegt. Ist diese Inkompatibilität Ihrer Ansicht nach schwerwiegend und nicht korrigierbar, sollte dies gleichzeitig ein freundlicher Abschied sein. Sind Sie aber ambivalent, mag Ihr Brief sogar die Basis sein, aufgrund derer sich die Zweifel klären lassen und womöglich zu einer Neubewertung gelangt werden kann.
- Ungünstige Kommunikation: Sie wissen selbst am besten, was Sie stört. Seien Sie erneut offen und bringen Sie Ihr eigenes Gefühl und Ihre Bewertung rüber. Ist eine Grenze überschritten worden, hinter der Sie nicht zurückgehen wollen, können Sie dies der betreffenden Person beim Abschied mit als gutgemeinten Rat auf den Weg geben. Ist der Fluss der Kommunikation nur temporär blockiert oder Sie sind ambivalent, ist es nicht ausgeschlossen, dass Ihre Offenheit eine Wende möglich macht.
- Personale Probleme oder Alltags-Schwierigkeiten: Lassen Sie sich Ihre Partnersuche nicht durch beruflichen oder anderen Alltagsstress nehmen. Richten Sie sich Freiräume ein, die wir in jeder Situation finden können, wenn wir dazu gewillt sind. Sind Sie aber überfordert, braucht dies kein Grund für Ghosting zu sein. Erklären Sie es der anderen Person genau so wie es ist, ob es ein Todesfall, beruflicher Stress oder eine Depression ist. Vielleicht finden Sie gemeinsam einen Weg und erleben den Kontakt sogar nun als hilfreich, womöglich nehmen Sie eine konsensuelle Auszeit oder sie verabschieden sich, ohne einander im Unklaren zu lassen.
- Belastung durch Dating-Anforderungen: Machen Sie sich klar, dass Partnersuche keine Leistungserbringung ist. Sie brauchen keine perfekten Texte zu schreiben. Interesse und emotionaler Austausch kann durchaus auch in textlich knapperer Form vermittelt werden. Ein Zwischengruß mit Ankündigung einer erneuten Nachricht in Kürze kann Druck reduzieren und beugt Missverständnissen vor. In viele Kontakte sollten Sie sich nicht verlieren, vertieft sich ein Kontakt, können Sie neue Vorschläge aussetzen. Auch ist es bei weitem besser, freundlich mitzuteilen, dass sich gerade ein anderer Kontakt vertieft, anstatt zu verschwinden. Aber es geht auch um Prioritätensetzung und Selbstdisziplin. Wir lernen jahrelang für Beruf und Karriere, wollen aber manchmal keine Anstrengung in die Partnersuche investieren. Dabei ist eine glückliche Beziehung nach wie vor einer der wichtigsten Faktoren des Lebensglücks und diese soll lange, möglichst lebenslang halten. Machen Sie sich also frei von Leistungsdruck, perfekt sein zu wollen, aber sortieren Sie ebenfalls Ihre Prioritäten neu und arbeiten Sie ein wenig an Ihrer Disziplin.
- Hemmungen beim Dating-Prozess: Dies ist eine breite Kategorie und es kommt sehr auf Ihren individuellen Fall an. Absagen können gelernt werden. Sie können sich eine freundliche Vorlage machen, die sie dann im Ernstfall individualisieren. Explizite Absagen sind wesentlich weniger schmerzhaft als Ignorieren. Reden Sie sich also bitte das Ghosting nicht schön. Sie können mit Freundlichkeit die Gründe für Ihren Entschluss darlegen – das geht immer. Sie können der anderen Personen Glück für die Zukunft wünschen. Sie schreiben es und senden es ab. Anders ist es freilich, wenn sich die Hemmungen nicht auf die Absage, sondern auf die Kontaktvertiefung beziehen. In diesem Fall verbauen Sie sich mit Ghosting das eigene Partnerglück. Sie sollten Ihre Ängste der anderen Person mitteilen. Was wir einordnen können, können wir besser verstehen und mit dem, was wir verstehen, können wir besser umgehen. Haben Sie es erst mitgeteilt, werden Ihre Ängste wahrscheinlich abnehmen und eine Kontaktvertiefung mag möglich werden. Reagiert die andere Person desinteressiert oder unverträglich, ist sie nicht die geeignete Person. Auch dies ist eine wichtige Information.
- Aufgeschoben und vergessen: Vergessen wir etwas einmal, mag dies nachvollziehbar sein – allerdings in diesem Kontext sicherlich nur dann, wenn der Kontakt wirklich noch ganz in den Anfängen und ohne Tiefe war. Geschieht es mehrfach, ist es bereits ein Muster und womöglich gar eine Ausrede, um sich mit anderen Gründen gar nicht erst beschäftigen zu müssen. Schieben Sie Dinge möglichst nicht auf, wie gesagt, manchmal genügt ein kurzer Zwischengruß. Wenn Sie wissen, dass Sie Antworten vergessen, können Sie an Ihrer Zeitplanung arbeiten und sich eine Erinnerungsfunktion einrichten. Zu spät ist es übrigens nie, es ist noch immer besser, spät zu antworten als ganz zu verschwinden. Machen Sie sich aber auch noch einmal Gedanken über Ihre Gründe und greifen Sie womöglich auf die anderen, weiter oben dargelegten Strategien zurück, sollten Sie feststellen, dass sich weitere Gründe hinter Ihrem Vergessen verbergen.
- Partnerschaft gefunden: Wer kann nicht verstehen, dass eine neue Beziehung die ganze Aufmerksamkeit fordert? Machen Sie sich dennoch bewusst, wie irritierend und verstörend es sein kann, wenn Sie einfach so abtauchen. Nehmen Sie sich die Zeit, sich zu verabschieden. Im Einzelfall mag es schmerzhaft oder frustrierend für die anderen Person sein, aber besser als einfach im Unklaren zu bleiben, ist es allemal.
- Kontakt-Option erhalten: Sie liegen völlig falsch. Einfach abzutauchen ist die schlechteste Art, einen Kontakt für die Zukunft erhalten zu wollen. So kann kein Vertrauen entstehen. Demgegenüber können Menschen es beim Online-Dating meistens verstehen, wenn Gründe für eine vorläufige Kontaktaussetzung benannt werden.
- Anfangskontakt/Kontakt noch nicht vertieft: Selbst wenn Sie einen Kontakt erst beginnen oder ein Kontakt noch keine Tiefe gefunden hat, ist dies kein Argument, ihn durch Ghosting zu beenden. Ein freundlicher Abschiedsgruß ist möglich und Sie können schildern, was Sie dazu bewegt. Beim Schreiben des Abschiedsbrief mögen Sie sogar noch einmal überlegen, ob vielleicht eine Vertiefung besser als eine Beendigung ist.
Resümee
Eigentlich ist dies alles gar nicht so schwer. Jedenfalls können wir es lernen, uns unserer Motive und Bedürfnisse bewusst zu werden, an der Überwindung von Hemmungen und Ängsten zu arbeiten, uns ein wenig zu disziplinieren, wenn es notwendig ist – auch um uns Chancen nicht zu verbauen – sowie mit Ehrlichkeit und gleichzeitig Freundlichkeit mit allen unseren Kontakten umzugehen, selbst wenn wir uns von ihnen verabschieden.
Klarheit ist keine Unfreundlichkeit und sie kann Menschen sogar helfen, wenn sie beispielsweise tatsächlich Grenzen überschritten haben. Aber auch wenn es keine überschrittenen Grenzen, sondern nur eine mangelnde Resonanz Ihrerseits ist, mag dies Menschen helfen, ihre Prioritäten neu auszurichten, abzuschließen und dadurch für andere wieder offener zu werden.
Wir wünschen uns daher bei Gleichklang ein Dating ohne Ghosting. Können wir eine solche Kultur der Kommunikation bei Gleichklang etablieren, wird der Kennenlernprozess für alle erleichtert, einschließlich derjenigen Mitglieder, die vorher Ghosting erlebten oder selbst betrieben.
Sollte Ihnen dies bisher noch nicht gelungen sein, bedeutet dies keineswegs, dass es nicht bereits ab heute gelingen kann und wird. Bei Schwierigkeiten, auch bei Ambivalenzen oder Abschiedsbriefen, können Sie sich übrigens jederzeit an unser Support-Team wenden, was Mitgliedern in allen Lagen und Situationen während der gesamten Zeit ihrer Mitgliedschaft bei Gleichklang jederzeit zur Seite steht.