Was ist die Basis glücklicher Beziehungen?
Ich bin vor Kurzem über eine Studie zu Faktoren der Beziehungszufriedenheit bei multikulturellen Paaren gestolpert, die uns einiges darüber sagt, was Menschen in Liebesbeziehungen miteinander verbinden kann.
In der Studie wurden verschiedene heterosexuelle Paare befragt, bei denen die Frau aus der Türkei und die Männer aus Griechenland, Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Deutschland oder Chile stammten. Alle Beziehungspartner:innen unterschieden sich in ihrer ethnischen Herkunft, Religion und Muttersprache.
Beim Lesen der Erfahrungen dieser Paare wurde mir noch einmal deutlich, dass Partnerfindung, Beziehungsaufbau, Beziehungsgestaltung und Beziehungspflege ein tieferes Konzept von Kompatibilität und Gemeinsamkeit benötigen, welches über einzelne pauschale Merkmale, die oft nur an der Oberfläche schürfen, hinausgeht.
Dies hat Konsequenzen für die Vermittlung und die passenden Suchstrategien von Partnersuchenden – und es hat ebenfalls Konsequenzen dafür, wie Paare in Beziehungen mit Unterschieden umgehen und aus der kommunikativen Bearbeitung dieser Unterschiede heraus Gemeinsamkeiten erschließen können.
In diesem Artikel gehe ich diesen Konsequenzen nach.
Vorweg sei gesagt:
- die befragten Paare kennzeichneten sich ausnahmslos durch eine hohe Beziehungszufriedenheit.
- alle Befragten benannten als eine wesentliche Ursache für diese Zufriedenheit ihre multikulturelle Struktur.
Wie erreichten diese Paare ihre hohe Beziehungszufriedenheit, wenn Ähnlichkeit doch verbinden soll und das auffälligste bei allen diesen Paare gerade in ihrer kulturellen Unterschiedlichkeit lag?
Die Antwort lautet, dass das, was externe Beobachter:innen als erstes sehen, noch lange nicht die volle Wirklichkeit ist. Diese ist auf den ersten Blick nicht erkennbar, sondern bedarf einer genaueren Analyse, die in diesem Fall die Autor:innen des Artikels geleistet haben.
Was für die externen Beobachter:innen gilt, gilt also ebenso für die Akteure, die zu ganz verschiedenen Schlüssen und Ergebnissen gelangen mögen, je nachdem, wie genau und tief sie blicken oder wie rasch sie sich von oberflächlichen Signalen leiten lassen.
Im Fall der befragten Paare ist es allen Akteuren gelungen, sich von Differenzen in der Oberflächenstruktur nicht auseinanderdividieren zu lassen – sondern sie im Gegenteil in eine besonders tiefe und somit tragfähige Form der Gemeinsamkeit zu transformieren.
Dies ist nicht selbstverständlich. Gegenbeispiele lassen sich leicht finden, nicht nur in Beziehungen, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen:
- in diesem Zusammenhang fallen mir sozialpsychologische Untersuchungen in Kinderferiengruppen ein. Dort wies man Kinder völlig willkürlich verschiedene T-Shirtfarben zu. Nachfolgend splitteten sich die sozialen Kontakte auf mit Zusammenhalt und Sympathie innerhalb der Gruppen, sowie Wettbewerb und Antipathie zwischen den Gruppen.
Wenn bereits T-Shirtfarben eine solche Wirksamkeit bei nicht-reflektierenden Akteuren entfalten können, wie stark mögen die Auswirkungen von kulturellen Unterschieden werden können?
Was sind also die Faktoren, die den befragten multikulturellen Paaren es möglich machten, an ihren Unterschieden nicht zu zerbrechen, sondern im Gegenteil zu wachsen?
Gemeinsamkeit in der Verschiedenheit
Die Autor:innen konnten bei allen Befragten drei Hauptthemen identifizieren, die maßgeblich zum positiven Zusammenhalt der Paare führten:
- Mehr ähnlich als verschieden: manche Paare brachten bereits unmittelbar vor dem Interview zum Ausdruck, dass sie womöglich gar nicht die richtigen Gesprächspartner:innen seien, da sie sich vorwiegend als ähnlich und weniger als verschieden erlebten. Alle Befragten benannten als wichtige Gemeinsamkeit eine nicht durch kulturelle Erwartungen fixierte Weltsicht, die es ihnen ermöglichte, respektvoll miteinander umzugehen und eine hohe Kompatibilität zueinander wahrzunehmen. Die Befragten berichteten über egalitäre Geschlechterrollen-Erwartungen und eine wechselseitige Wertschätzung für Akzeptanz und Toleranz. Auffällig war zudem, dass alle Befragten sich selbst nicht als Prototypen der „eigenen Kultur“ betrachteten. Die Beziehungspartner:innen ordneten sich vielmehr allseits und unabhängig voneinander am Rand ihrer jeweiligen Kultur stehend ein und wenig geprägt durch traditionelle kulturelle Normen. Diese beidseitige kulturelle Randposition erlebten sie wiederum als wichtige Verbindung miteinander. Bei den Befragten zeigte sich diese kulturelle Randposition auch dahingehend, dass alle Akteure über keine tiefgreifende Verankerung in ihrer jeweiligen Religion berichteten. Eine weitere Gemeinsamkeit der Befragten war, dass sie bereits vor ihrer Beziehung interkulturelle Erfahrungen gemacht hatten im Rahmen von Austauschprojekten oder ihrer Arbeitstätigkeit.
- der Unterschied liegt in den Kulturen, nicht in der Beziehung: Das zentrale Thema „mehr ähnlich als verschieden“ wurde ergänzt durch die Anerkennung bestehender Unterschiede in den Kulturen, beispielsweise bezüglich der Intensität der Familienbeziehungen, dem Einfluss der Eltern, der Rolle der Ehe als offizieller Ausdruck einer partnerschaftlichen Beziehung, sowie der Rolle der Religion. Die hier zutage tretenden Unterschiede wurden von den Beteiligten jedoch nicht als Differenzen innerhalb ihrer Beziehung erlebt, sondern in den externen kulturellen Institutionen lokalisiert und als zu bewältigende Herausforderung angenommen. Die Akteure ließen es nicht zu, dass von anderen an sie herangetragene widersprüchliche Erwartungen zu ihren eigenen Beziehungsproblemen wurden und dadurch die Gemeinsamkeit hätten beschädigen können. Die Betreffenden sahen die Probleme klar als extern lokalisiert an und schilderten keine internalisierten, starren und inflexiblen kulturellen Normen innerhalb ihrer eigenen Person oder der Person von Beziehungspartner:innen, die zu unüberwindbaren Differenzen in der Beziehung hätten werden können.
- es gibt mehr Raum für Wachstum: eine weitere Gemeinsamkeit aller Paare war die ausdrücklich positive Bewertung des multikulturellen Charakters ihrer Beziehungen, die als Erleichterung für Weiterentwicklung, neue Erfahrungen und Wachstum angesehen wurde. Die Paare berichteten, dass sie als multikulturelle Paare bestimmte Verhaltensweisen, Einstellungen oder Bewertungen weniger a priori voraussetzen und stärker in einen Kommunikations- und Verstehensprozess einträten. Die Paare schilderten dadurch einen vertieften Austausch, ein verbessertes Kennenlernen und eine sich daraus entwickelnde verbesserte Gemeinsamkeit. Sie vertraten zudem die Auffassung, dass Offenheit für neue Erfahrungen, Verstehen-Wollen und Bereitschaft zur Klärung eine wichtige Basis ihres Beziehungsglücks seien.
Oberflächliche und echte Ähnlichkeit
Ähnlichkeit verbindet – der erste Impuls mag also sein, bei Paaren wie den hier befragten vermehrt Schwierigkeiten in ihrer Beziehung zu erwarten.
Doch dieser Impuls übersieht, welche Art von Ähnlichkeit verbindet:
- oberflächliche Verschiedenheiten verlieren im Vergleich zu tiefgehender Gemeinsamkeiten ihre Bedeutung. Voraussetzung hierfür ist, dass die Bereitschaft und Fähigkeit besteht, von oberflächlichen Differenzen abzusehen und von diesen nicht irrtümlicherweise auf tiefgreifende Differenzen zu schließen.
Die Kinder in den oben genannten sozialpsychologischen Experimenten verfügten über diese Fähigkeit nicht. So bekriegten sie sich am Ende wegen einer unterschiedlichen T-Shirtfarbe, obgleich die Zuweisung der Farbe per Zufall erfolgt war.
Genau so kann es Menschen bei der Partnersuche ergehen:
- ein schneller Blick auf Herkunft, Beruf oder Einkommen mag vorschnell zur Wahrnehmung grundlegender Differenzen führen, die tatsächlich nicht bestehen – oder aber zur Wahrnehmung einer scheinbaren Übereinstimmung, die sich in oberflächlichen Merkmalen erschöpft.
- im ersten Fall gehen Chancen verloren, im zweiten Fall beginnen Beziehungen, die keine Basis haben und deren gegebenenfalls mögliche Verbesserung zudem deshalb misslingen mag, weil der Fokus auf oberflächlichen Merkmalen bestehen bleibt.
Wie aber passen die Erfahrungen der befragten Paare zu anderen empirischen Befunden, die zeigen, dass im Durchschnitt Personen mit gleichen religiösen Überzeugungen und gemeinsamen religiösen Aktivitäten glücklicher miteinander werden?
Sie passen gut zueinander.
Denn im Grunde verfügten auch die interviewten Paare über gemeinsame religiöse Überzeugungen:
- die Befragten fühlten sich keiner religiösen Überzeugung im ausgeprägten Ausmaß zugehörig und sie sahen sich nicht im Zentrum, sondern eher am Rande der Kultur stehend, einschließlich der Religion, in der sie aufwuchsen.
Anders formuliert waren religiösen Überzeugungen für die befragten Paare von keiner oder höchstens sekundärer Bedeutung und genau in dieser Bewertung lag wiederum die eigentliche Gemeinsamkeit, während die formale Zugehörigkeit zu einer anderen Religion nur als ein oberflächlicher Unterschied zu betrachten ist.
Grenzen der Passung
Diese Bewertung würde aber nicht mehr gelten, wenn umgekehrt Personen tiefgläubig sind, die eigene Religion für die einzig wahre Religion halten und Wert darauf legen, mit Beziehungspartner:innen an religiösen Aktivitäten teilzunehmen.
Bei solch einer Konstellation wird das zuvor oberflächliche Merkmal „religiöser Unterschied“ zu einem tiefgreifenden Unterschied, der in die Beziehungszufriedenheit eingreifen und die Tragfähigkeit einer Beziehung beeinträchtigen kann.
Dies soll aber nicht als eine Warnung vor Beziehungen zwischen Gläubigen unterschiedlicher Religionen missverstanden werden.
Es kommt sehr auf die individuelle Konstellation an:
- so mag es zwei Personen geben, die beide tiefgläubig sind, unterschiedlichen religiösen Systemen anhängen, jedoch gemeinsam die Überzeugung haben, dass Menschen in jeder Religion selig werden können. Bei so hoher Toleranz mögen sie zudem gerne bereit sein, gemeinsam an den verschiedenen religiösen Aktivitäten teilzunehmen.
In diesem Fall verwandelt sich das Merkmal unterschiedliche Religion erneut von einem tiefgreifenden Unterschied in einen oberflächlichen Unterschied, während die gemeinsam geteilte religiöse Toleranz das eigentlich verbindende Merkmal wird.
Bei Beziehungen geht es also um fundamentale, zentrale Übereinstimmungen, aus denen sich die Möglichkeiten zu wechselseitigem Verstehen und einem gemeinsamen Lebensweg ergeben.
Liegen solche zentralen Gemeinsamkeiten vor, sind Unterschiede nicht problematisch.
Hierfür spricht auch eine dritte Studie, die Student:innen bat, die Übereinstimmung in Religion und Interessen mit ihren Beziehungspartner:innen zu benennen. Ebenfalls wurden die Befragten gebeten, die Beziehungsqualität einzustufen und außerdem anzugeben, wie wichtig ihnen die Übereinstimmung in den jeweiligen Bereichen sei.
Das Ergebnis ist aufschlussreich:
- die Übereinstimmung in der Religion ging nur dann mit einer höheren Beziehungsqualität einher, wenn die Betreffenden vorher angegeben hatten, dass für sie die Übereinstimmung in der Religion wichtig sei.
- gemeinsame Interessen gingen mit einer höheren Beziehungsqualität einher, dieser Effekt war aber signifikant stärker ausgeprägt, wenn die Übereinstimmung in diesen Interessen als wichtig eingestuft worden war.
Partnerfindung und Beziehungsaufbau sind insofern Prozesse der Suche nach der Antwort bzw. der Beantwortung der Frage, worin die zentrale Übereinstimmung besteht, auf deren Grundlage eine tragfähige und glückliche partnerschaftliche Beziehung entstehen kann.
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Die vielen Beziehungen, die scheitern, sind auch Ausdruck dessen, wie schnell wir bei Partnerwahlentscheidungen Irrtümern unterliegen mögen, sowie wie rasch wir es vernachlässigen, an zentralen Gemeinsamkeiten zu arbeiten.
Konsequenzen für Vermittlung
2006 starteten wir mit dem Konzept, Partnersuchende insbesondere auf der Basis der Übereinstimmung in allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen, wie Extraversion, Verträglichkeit, Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit oder Neurotizismus (emotionale Labilität) zu vermitteln.
Knapp zwei Jahre später gaben wir dies Konzept im wesentlichen auf und vermitteln seither nach einer Passung grundlegender Modelle von Lebens- und Beziehungsgestaltung, deren Wichtigkeit die Mitglieder selbst angeben.
Ich halte die Zeit für Matching-Systeme auf der Basis von sehr allgemeinen, pauschalen Merkmalen für abgelaufen. Der psychologische Forschungsstand unterstützt diese Matchingsysteme nicht.
So werden beispielsweise in neueren Untersuchungen keine, schwache, zwischen den Geschlechtern inkonsistente oder zwischen den Studien widersprüchliche Zusammenhänge zwischen einer Übereinstimmung in der Persönlichkeit und der Beziehungszufriedenheit berichtet.
Auch wenn es etwas besser für religiöse und politische Einstellungen aussieht, sind auch hier die Zusammenhänge keineswegs stark und die Ergebnisse sind erneut nicht immer konsistent zwischen den Geschlechtern und zwischen verschiedenen Studien.
Erklärung hierfür sind nach meiner Einschätzung die Unterschiede in der Bedeutsamkeit, die diese und andere Merkmale für die Beziehungsgestaltung für verschiedene Menschen haben:
- für manche Menschen mag die politische Einstellung völlig unwichtig sein, für andere Menschen mag aber gemeinsames politisches Engagement in einer Beziehung für das eigene Lebens- und Beziehungsmodell zentral sein.
- für einige Menschen mag die Religionszugehörigkeit von Beziehungspartner;innen unwichtig sein, für andere ist ein gemeinsames an den Glaubensinhalten einer bestimmten Religion ausgelegtes Beziehungsleben wichtig.
- einige hochsensible Menschen haben gute Erfahrungen mit Partnerschaften mit nicht-hochsensiblen Beziehungspartner:innen, bei anderen ist es umgekehrt und gemeinsame Hochsensibilität wird unbedingt gewünscht.
- manche Menschen möchten unbedingt Kinder haben und eine Partnerschaft ohne Familiengründung kommt für sie nicht in Frage, andere sind da weniger entschieden und können sich ebenso eine Partnerschaft mit oder ohne leibliche oder adoptierte Kinder vorstellen, wiederum andere wissen genau, dass ihre Beziehung kinderlos bleiben soll.
Fast alle Matching-Kriterien bei Gleichklang beruhen mittlerweile nicht mehr auf einem allgemeinen Abgleich von Merkmalen, sondern auf einem Abgleich von Merkmalen nach der individuellen Wertigkeit, die die einzelnen Mitglieder eben diesen Merkmalen zuweisen.
Eine Buddhistin bekommt also – um ein Beispiel zu geben – nur dann präferentiell Vorschläge mit positiver Einstellung zum Buddhismus, wenn sie (1) für sich selbst eine Identifikation mit der buddhistischen Lehre benannte und (2) zusätzlich angegeben hat, dass Beziehungspartner:innen ebenfalls diese Identifikation aufweisen sollten.
Ein vegan lebendes Mitglied erhält vorwiegend dann andere vegan lebende Mitglieder vorgeschlagen, wenn der Veganismus als ein übergreifendes ethisches Lebenskonzept aufgefasst wird, welches gemeinsam in einer Beziehung gelebt werden soll.
Die Philosophie hinter unserem Vermittlungsansatz lässt sich mit folgenden Sätzen beschreiben:
- Übereinstimmungen in für beide Beziehungspartner:innen wichtigen und zentralen Merkmalen der Lebensführung und Beziehungsgestaltung können die Stabilität einer Beziehung und die Beziehungszufriedenheit fördern.
- entscheidend sind nicht Ähnlichkeiten in einer Liste pauschaler Merkmale, sondern vorhandene Möglichkeiten, miteinander eine lebensverbindene Gemeinsamkeit aufzubauen. Unterschiede in individuell nicht zentralen Merkmalen sind hierfür nicht schädlich, erleichtert wird dieser Aufbau von Gemeinsamkeit aber durch eine Kompatibilität in zentralen Aspekten.
- letztendlich ist eine Beziehungsentwicklung jedoch nicht sicher vorhersehbar und es liegt an den Mitgliedern, miteinander in Austausch zu treten und gemeinsam in einem durch radikale Ehrlichkeit und Offenheit geprägtem Kommunikationsprozess die Möglichkeit eines gemeinsamen Lebens auszuloten.
Konsequenzen für die Suchenden
Die Herausarbeitung einer gemeinsamen Basis für eine Liebesbeziehung ist eine hochgradig individuelle Angelegenheit, die nicht durch einen allgemeinen Merkmalvergleich gewährleistet werden kann.
So wären die befragten multikulturellen Paare wohl bei so manchem Ähnlichkeitsabgleich nach Pauschalmerkmalen aus dem Raster gefallen. Übersehen worden wären bei so einem Abgleich vermutlich die verbindenden Merkmale der Stellung am Rande einer Kultur mit hoher Toleranz, der positiven Bewertung von kulturellem Lernen und der Fähigkeit, Unterschiede zwischen Kulturen nicht in die Beziehung zu tragen.
Ableitbar wird hieraus, dass Partnersuchende sich klar werden sollten, was ihnen in einer Beziehung und im Leben im allgemeinen wirklich wichtig ist – und zwar nicht als Konformität mit Erwartungen anderer, sondern als Übereinstimmung mit ihrem eigenen Wesen.
Dies eigene Wesen ist wiederum keine feste Größe, sondern befindet sich in Entwicklung und ist insofern veränderbar.
Für die Partnersuche ist daher die Kenntnis des eigenen Ist-Zustandes ebenso notwendig wie eine Prognose, in welche Richtung Sie sich selbst gegebenenfalls gerne verändern würden, in welchen Bereichen eine Veränderung weder erwünscht noch ausgeschlossen wird und in welchen anderen Bereichen wiederum Sie eine Veränderung für sich dezidiert nicht bejahen könnten.
Die Ausrichtung Ihrer Suche kann sich dann ergeben aus Ihrem aktuellen Ist-Zustand bei Erwägung aller möglichen Veränderungsoptionen, die Sie bejahen oder für möglich halten.
Bei der Festlegung der Suchkriterien können Sie sich solche Fragen zu sich selbst und Veränderungsmöglichkeiten stellen, aus denen sich die Antworten zu den spezifischen Fragen ableiten lassen.
Die Leitfrage für Ihre Partnersuche lässt sich dabei folgendermaßen beschreiben:
- bei welcher Konfiguration von aufeinander treffenden Merkmalen und Einstellungen sehen Sie gute Aussichten, dass es Ihnen gelingen könnte, mit der entsprechenden Person Gemeinsamkeit zu finden, zu begründen, aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln?
Die Beantwortung dieser Frage erfordert weitergehende Überlegungen über sich selbst. Hierzu kann auch gehören, vorschnelle Antwort-Impulse noch einmal zu hinterfragen und dadurch womöglich mehr Offenheit und Akzeptanz für einzelne Merkmale und Lebensmodelle zu gewinnen.
Verdeutlichen möchte ich das Vorgehen bei der Einstellung der Suchkriterien bei Gleichklang an drei Bereichen, ohne dass ich diesen Bereichen damit eine Präferenz zuweisen möchte:
Religion und Spiritualität
- liegt bei Ihnen eine eher allgemeinere, einzelne Glaubenslehren überschreitende Spiritualität vor, die Sie innerhalb einer Partnerschaft gemeinsam leben möchten?
- oder kennzeichnen Sie sich durch die Befolgung der Glaubensinhalte und Regeln genau einer Religion und legen Wert darauf, dass Beziehungspartner:innen diese Einstellung teilen?
- oder lehnen Sie Religion und Spiritualität dezidiert ab und würden zu viele Dissonanz erleben, wenn Beziehungspartner:innen religiös oder spirituell wären?
Die Bewertung dieser Aspekte erfolgt bei Gleichklang auf einer Skala von – 2 (auf keinen Fall) bis + 2 (unbedingt).
Dies könnten die Konsequenzen für die Einstellung der Suchkriterien sein:
- im ersten Fall könnten Sie die Frage nach einem spirituellen Lebenswandel in einer Beziehung mit einer +2 beantworten. Bei den verschiedenen Religionen wäre eher eine großzügige Einstufung mit Einschätzungen mit +1 oder auch 0 (unentschieden) zu empfehlen. So erfolgt keine genaue Festlegung, aber dem Geist Ihrer Spiritualität wird doch entsprochen.
- im zweiten Fall sollten Sie die spezifische Religion, der Sie folgen, mit +2 bewerten und bei Spiritualität können Sie eine +1 oder auch eine +2 setzen. Die vielen anderen Religionen sollten sie mit einer 0 bewerten, wenn Sie diese nicht dezidiert ablehnen und nur dann mit einer -1 oder einer -2 bewerten, wenn Sie sich mit solchen Gedanken in einer Beziehung nicht auseinandersetzen möchten. Sollte eine andere Religion ihnen besonders sympathisch sein, können Sie dies aber auch mit einer +1 zum Ausdruck bringen.
- im dritten Fall sollten Sie sicherlich Agnostizismus und vermutlich auch Atheismus mit +2 oder mindestens +1 bewerten. Einen spirituellen Lebenswandel können Sie mit -2 oder -1 einstufen. Den anderen Religionen können Sie je nach Ihrem Empfinden Werte von -2 bis maximal 0 zuweisen.
Schließlich mag es einen vierten oder fünften Fall geben:
- Sie sind aktuell nicht spirituell oder religiös orientiert, könnten sich hier aber eine Veränderung Ihrerseits gut vorstellen oder würden sich diese sogar wünschen.
- Oder Sie sind nicht religiös und spirituell, wollen dies auch nicht werden, würden sich jedoch nicht an einem anderen Erleben von Beziehungspartner:innen stören, solange diese nicht von Ihnen die Beteiligung an ihrer Religion einfordern.
Hieraus könnten sich folgende Konsequenten für die Einstellung der Suchkriterien ergeben:
- im vierten Fall könnten Sie je nach Stärke der Veränderungsmotivation der Frage nach dem spirituellem Lebenswandel und den verschiedenen Religionen Werte von 0 oder sogar bis hin zu +2 (starker Wunsch nach Veränderung in diese Richtung) zuweisen.
- im fünften Fall könnten Sie Agnostizismus und Atheismus weiterhin mit Werten von +1 oder +2 einstufen, den Wunsch nach einer gemeinsamen spirituellen Lebensführung mit -2 oder -1 verneinen und den verschiedenen Religionen einen Wert von jeweils 0 zuweisen.
Dies sollen keine genauen Vorgaben sein, sondern lediglich Anlass zum Nachdenken geben.
Vegetarismus und pflanzenbasierte Lebensweise
Viele Menschen erleben die pflanzenbasierte Ernährung als einen tiefgreifend ihr Denken und Handeln prägenden Wert, dessen Integration in eine partnerschaftliche Beziehung für sie von großer Bedeutung ist.
Dies ergibt sich u.a. aus folgenden Sachverhalten:
- wir leben in einer Welt, in der es ein Vielfaches an Nutztieren als Menschen gibt, sehr hohes Tierleid an der Tagesordnung ist und unser Fleisch- und Fischkonsum unsere Wälder, Wiesen, Berge, Seen, Flüsse und Meere zerstört.
- jedes Jahr werden 75 Milliarden Landtiere und mindestens eine Billionen Fische für den menschlichen Konsum getötet. Dies hinterlässt tiefe Spuren auf der Erdoberfläche. So werden 70 % der landwirtschaftlichen Flächen für Nutztierhaltung, einschließlich Anbau an Futtermitteln genutzt, wozu auch der Sojaanbaus im Amazonas und anderswo gehört, der zu 90 % in die Tierfütterung fließt und eben nicht direkt von Menschen verzehrt wird. In Deutschland ist die Fläche, die für Futtermittelanbau genutzt wird, genau so groß wie alle Wälder.
- aber auch in den Meeren und Gewässern hinterlassen Fischtrawler ein Bild der Verwüstung und treiben zahlreiche Fischarten an den Rand des Aussterbens. Mit den “Zielfischen” gehen zahlreiche weitere Fische und unzählige weitere Lebewesen – vom Dolphin bis zur Meeresschildkröte – zugrunde. Derweil sind für Fische längst sensitive Prozesse des Schmempfindens nachgewiesen, wobei die Fang- und Tötungsarten darauf nicht die geringste Rücksicht nehmen.
- Bio-Tierhaltung ist keine Lösung für die mit der Nutztierhaltung verbundenen Umweltprobleme, da der Landbedarf hierfür (auch aus Tierwohlgründen) noch größer ist und eine Ernährung von mehr als sieben Milliarden Menschen auf der Welt so nicht möglich wäre, ohne dass nicht auch noch der letzte Fitzel nutzbaren Landes der Natur entzogen und der Nutztierhaltung zugeführt werden würden.
- in großen Studien wurde unter Einberechnung aller Produktions- und Transportprozesse die bei weitem größere Nachhaltigkeit einer pflanzenbasierten Ernährung gegenüber allen anderen Ernährungsformen schlüssig nachgewiesen. Keine Ernährung produziert auch zu wenig Treibhasugase wie die vegane Ernährung.
Gleichzeitig gibt es viele Menschen, die derzeit nicht pflanzenbasiert leben, die aber mit dem Gedanken einer pflanzenbasierten Ernährung aus eigener Überzeugung und auch aus Mitgefühl für die betroffenen Tiere sympathisieren und daher eigentlich gerne zu einer pflanzenbasierten Ernährung wechseln würden.
In einer Beziehung mit pflanzenbasiert lebenden Beziehungspartner:innen würden sie diesen Wechsel zu einer pflanzenbasierten Ernährung mit hoher Wahrscheinlichkeit vollziehen durchführen.
In Abhängigkeit von Ihrer eigenen Situation und der Zentralität, die Sie der pflanzenbasierten Ernährung für Ihr Leben aktuell zuweisen oder gerne für die Zukunft zuweisen würden, mögen folgende Empfehlungen für die Einstellung Ihrer Suchkriterien sinnvoll sein:
- Sie leben vegan und dies ist ein zentraler Wert Sie? In diesem Fall könnten Sie überlegen, Ihre Suche auf bereits vegan lebende Personen zu beschränken. Oftmals mag es aber sinnvoller sein, gerade auch solche Personen mit einzubeziehen, bei denen die Grundeinstellung bereits vorhanden ist und die gerne künftig pflanzenbasiert leben möchten.
- Sie leben vegetarisch und dies ist für Ihre Lebensweise zentral? In diesem Fall könnten Sie überlegen, Ihre Suche auf bereits vegetarisch oder vegan lebende Personen zu beschränken. Oftmals mag es aber wiederum sinnvoller sein, auch solche Personen mit einzubeziehen, die aktuell noch Fleisch essen, aber dezidiert angegeben haben, dies künftig ändern und vegetarisch leben zu wollen. Darüber hinaus könnten Sie überlegen, ob Sie sich selbst zu einer vollständig pflanzenbasierten veganen Lebensweise verändern möchten. In diesem Fall sollten Sie unter „mein Lebensumfeld“ angeben, dass Sie gerne vegan werden wollen. So können Ihnen nämlich andere vegane Mitglieder vorgeschlagen werden, die Wert auf eine vegane Lebensweise legen und die sonst aus dem Raster für Sie fallen würden.
- Sie essen weiterhin Fleisch oder Fisch? Eine Suche nach vegetarisch oder vegan lebenden Menschen macht in diesem Fall nur dann Sinn, wenn Sie ernsthaft überlegen, zur vegetarischen oder veganen Lebensweise zu wechseln. In diesem Fall sollten Sie diesen Wunsch unter „mein Lebensfeld“ angeben, damit Ihnen auch vegetarisch oder vegan lebende Personen vorgeschlagen werden können, die Wert darauf legen, gemeinsam mit Beziehungspartner:innen vegetarisch oder vegan zu leben.
Sie können Ihre Partnersuche so zum Anlass nehmen, um über Ihre Lebens- und Ernährungsweise noch einmal nachzudenken und dies in Ihren Sucheinstellungen anzugeben.
Monogame oder konsensuell nicht-monogame Beziehungsformen
Die gesellschaftlichen Erwartungen sind nach wie vor stark auf eine monogame Beziehung mit sexueller Treue zwischen zwei Personen gerichtet. Dies sucht auch die große Mehrheit der Gleichklang-Mitglieder.
Ebenso gibt es aber Modelle konsensueller Nicht-Monogamie und Polyamorie, die nach psychologischen Untersuchungen zu einer hohen sexuellen und Beziehungszufriedenheit führen können.
Für die eigene Lebenszufriedenheit ist es wesentlich, das Modell zu wählen, von dem Sie bei Kenntnis Ihrer eigenen Person sagen können, dass es Ihnen wahrscheinlich die höchste Erfüllung und Zufriedenheit ermöglichen würde.
Dabei sollten Sie allein auf sich selbst hören und sich von an Sie herangetragenen Erwartungen freimachen.
Dies kann folgende Konsequenzen auf Ihre Sucheinstellungen haben:
- wenn für Sie klar ist, dass nur eine Zweierbeziehung mit sexueller Treue für Sie in Frage kommt, sollten Sie die Frage nach einer Mehrpersonenbeziehung mit -2 verneinen und die Frage nach der Notwendigkeit sexueller Treue im Rahmen einer Zweier-Beziehung mit +2 bejahen. Voraussetzung hierfür sollte sein, dass Sie zu sexueller Monogamie bereit und auch selbst fähig sind. Denn Verstöße und Fremdgehen sind oft mit sehr hohem Beziehungsstress verbinden, untergraben Transparenz und Ehrlichkeit in Beziehungen und gehören mit zu den häufigsten Trennungsgründen.
- wenn für Sie klar ist, dass Sie nicht sexuell treu sein möchten oder nicht treu sein werden, sondern gerne andere sexuelle Erfahrungen auch innerhalb einer Beziehung erleben möchten, sollten Sie die Frage nach sexueller Treue mit -2 verneinen.
- sofern für Sie eine Beziehung mit mehreren Personen ebenfalls denkbar ist, können Sie die Frage nach der Mehrpersonenbeziehung mit +1 beantworten.
- kommt für Sie ausschließlich eine polyamoröse Beziehung mit mehr als zwei Personen in Frage, sollten Sie die Frage nach Polyamorie mit +2 bejahen.
- nehmen Sie bei sich eine Unsicherheit wahr oder können Sie sich beide oder alle drei Beziehungen vorstellen (monogame Zweierbeziehung, offene Zweierbeziehung, polyamoröse Beziehung) sind Bewertung im mittleren Bereich mit 0 die am besten passende Einstufung.
Erneut mögen die zu beantwortenden Fragen für Sie Anlass sein, über Ihre Sexualität zu reflektieren, sich Ihrer Bedürfnisse und Wünsche bewusst zu werden.
So wie bei diesen drei Beispielen ist es bei allen Fragen, die sich auf die Zentralität Ihrer Beziehungspräferenzen beziehen:
- je klarer eine Präferenz vorhanden ist und je zentraler diese Präferenz für Sie ist, desto mehr sollte sich die Antwort in Richtung +2 bewegen.
- je stärker eine Ablehnung (Aversion) vorhanden ist, desto stärker sollte Ihre Antwort in Richtung -2 gehen.
Wenn beides für Sie denkbar ist (z.B. gemeinsam spirituell leben oder nicht, sexuelle Treue oder offene Beziehung), bietet sich die mittlere Kategorie 0 an. - schwächere Präferenzen oder schwächere Aversionen können Sie durch +1 oder -1 benennen.
Womöglich klingt diese Absatz ein wenig technisch, aber tatsächlich geht es um den Kern Ihrer Partnersuche, nämlich die Herausarbeitung derjenigen Lebens- und Beziehungsmodelle, die für Sie für eine glückliche Partnerschaft hilfreich oder notwendig sind.
Je mehr Sie sich hier über sich selbst bewusst sind, desto eher wird es Ihnen gelingen, Ihre Suche passend zu benennen und so Menschen zu begegnen, mit denen Sie ein gemeinsames Leben aufbauen können.
Bei Gleichklang berät Sie unser Support-Team gerne, wenn Sie bei der Einstellung ihrer Suchkriterien oder auch bei anderen Aspekte Ihrer Partnersuche auf Probleme stehen.
Für alle Mitglieder gibt es im Teilnahmebereich jederzeit die Möglichkeit, Unterstützung anzufordern.
Bedenken Sie bitte auch, dass Partnerwahl nur der erste Schritt ist, der eine möglichst gute Basis für anhaltende Gemeinsamkeit und Beziehungszufriedenheit geben soll.
Partnerwahl nur erster Schritt
Selbst bei guter Partnerwahl mögen Beziehungen jedoch scheitern oder unglücklich werden, wenn Beziehungspartner:innen beginnen, ihre Beziehungen zu vernachlässigen.
Treten dann situationale Stressfaktoren und Belastungen hinzu, leidet die Beziehungsqualität.
Beziehungsarbeit besteht darin, den Kern der Gemeinsamkeit immer wieder erneut herauszuarbeiten, zu beleben und dabei auch gemeinsam Veränderungen anzugehen, die sinnvoll oder notwendig sind, um die Beziehungszufriedenheit und die eigene Lebenszufriedenheit zu erhalten.
Voraussetzungen hierfür sind radikale ehrliche Kommunikation, ein angstfreier Umgang miteinander, Akzeptanz und Verstehen.
Zusammenfassung
Übereinstimmung in zentralen Merkmalen der Weltsicht und Beziehungssicht ist für eine stabile und glückliche partnerschaftliche Beziehung wichtig:
- diese Übereinstimmung lässt sich jedoch bei einem Matching nicht über die Berechnung der Ähnlichkeit von zwei Personen in einer Reihe von pauschal vorgegebenen Merkmalen berechnen. Der Grund hierfür ist, dass Merkmale, die für einige Personen wichtig sind, für andere Personen unwichtig sind.
- besteht eine Übereinstimmung in für die jeweiligen Personen zentralen Aspekten, werden Unterscheide in anderen, nicht zentralen Bereichen als nicht hinderlich erlebt und auch kaum als echte Unterschiede wahrgenommen.
- so mögen zwei Personen, die anhand einer Reihe normativer Merkmale (z.B. Herkunft, Muttersprache, Einkommen, Beruf, Religion, Extraversion, etc.) stark unterschiedlich wirken, in Wirklichkeit einander sehr ähnlich sein, weil beide ähnliche moralische Werte haben, das gleiche Beziehungsmodell zugrundelegen und Unterschiede in den genannten Merkmalen als unwichtig erleben. Dies macht es verständlich, warum multikulturelle Paare eine hohe Beziehungszufriedenheit entwickeln und sich als mehr ähnlich als unterschiedlich erleben können.
- der Lösungsansatz bei Gleichklang besteht darin, dass die Ähnlichkeit in der allgemeinen Persönlichkeitsstruktur kaum noch in die Vermittlung eingeht – der entsprechende Fragebogen wird mit der Neuaufsetzung Ende des Jahres ganz entfernt werden. Vielmehr fokussiert sich die Ermittlung der Übereinstimmung bei Gleichklang auf solche Merkmale der Weltsicht und Beziehungssicht, die von den Mitgliedern selbst als wichtig für eine Beziehung angegeben werden.
Aus der Bedeutung von Übereinstimmung in zentralen Themen ergeben sich nicht nur Anforderungen an den Algorithmus zur Unterbreitung von Vorschlägen, sondern vor allem ergeben sich vielfältige Anforderungen an die Partnersuchenden selbst:
- die Suche nach Kompatibilität kann erschwert, gestört oder verzerrt werden, wenn oberflächliche Merkmale, die eigentlich nicht relevant sind, den Blick auf zentrale Übereinstimmungen oder Unterschiede verstellen. Hieraus können sich falsche Entscheidungen ergeben im Sinne der Ablehnung von Personen, mit denen eine glückliche Beziehung entstehen würde, sowie der Entscheidung für Personen, mit denen eine Beziehung unglücklich wird.
- hilfreich für eine effektive Partnersuche ist es daher als erstes, sich über die eigene Weltsicht und Beziehungssicht im klaren zu werden, sich selbst dadurch besser zu verstehen und so bezüglich künftiger Beziehungspartner:innen zu unterscheiden zwischen absolut notwendigen, möglichen und nicht möglichen Merkmalen, Einstellungen und Lebenspraktiken.
- es geht dabei nicht um eine Wunschliste von A bis Z, sondern die Herausarbeitung eines zentralen Kerns, der für die Partnersuche zugrunde gelegt wird. Hierbei ist es auch zu empfehlen, sich von von außen an die eigenen Person herangetragenen Erwartungen zu lösen und die eigenen Bewertungen möglichst ungefiltert und nicht manipuliert in den Fokus zu stellen.
- indem zwischen zentralen und weniger zentralen oder oberflächlichen Merkmalen unterschieden wird, erfolgen eine Flexibilisierung und Zentrierung der Partnersuche. Einerseits wird der Kreis der in Frage kommenden Personen erweitert, weil von zahlreichen nicht oder weniger wichtigen Übereinstimmungen abgesehen wird, andererseits wird der Kreis wiederum eingeschränkt, weil ein zentraler Kern als notwendig zugrunde gelegt wird.
Partnersuche sollte immer auf der Basis von Authentizität, Ehrlichkeit und Offenheit geschehen. Es geht nicht darum, sich gegenseitig hinters Licht zu führen, sondern es geht darum, sich kennenzulernen und auszuloten, ob eine für beide glückliche Beziehung miteinander möglich ist.
Besteht aber der authentische Wunsch nach Veränderung des eigenen Lebensmodells, kann diese Veränderung selbstverständlich benannt und eingebracht werden. Partnersuche kann also gleichzeitig Anlass geben, über eigene Veränderungen nachzudenken, um eine höhere innere Konsistenz zu erreichen, sich zu verbessern.
Wichtig ist, dass Partnerschaft keineswegs nur oder vorrangig eine Frage der Partnerwahl ist:
- die Partnerwahl ist lediglich der erste Schritt. Mit der besten Partnerwahl mögen Beziehungen dennoch scheitern, wenn sie im Anschluss vernachlässigt werden und zusätzlich situationale Stressfaktoren auftreten, die aufgrund der Vernachlässigung der Beziehung nicht mehr kompensierbar sein mögen.
- Beziehungsarbeit besteht darin, den Kern der Gemeinsamkeit durch offene Kommunikation und gemeinsame Aktivität immer wieder aufs Neue mit Leben zu füllen, dabei aber auch Akzeptanz für grundsätzlich bestehende Unterschiede zu entwickeln und Veränderungen gemeinsam herauszuarbeiten, die von beiden gewünscht oder für möglich gehalten werden. Die richtige Partnerwahl soll hierfür nur eine erste möglichst tragfähige Grundbasis geben.
Was können uns nun die Erfahrungen multikultureller Paare lehren?
- die Paare mögen uns die Augen dafür öffnen, wie wir uns den Blick verstellen können, indem wir uns auf sekundäre, oberflächliche oder unwichtige Aspekte fokussieren, anstatt den Kern der Dinge zu betrachten.
- die interviewten multikulturellen Paare zeigen uns in geradezu idealtypischer Art und Weise, wie Menschen in einer Liebesbeziehung zentrale Übereinstimmungen in ihrer Beziehungs- und Weltsicht in den Fokus stellen und dabei gleichzeitig eine Vielzahl scheinbarer, jedoch in Wirklichkeit oberflächlicher Unterschiede integrieren und sogar als Lernmöglichkeiten positiv bewerten können.
- gleichzeitig mögen uns diese Paare, die eine sehr hohe Beziehungsqualität erreichten, Anlass geben, darüber nachzudenken, in welchen Bereichen wir uns selbst auflockern, mögliche rigide Einstellungen überwinden, und uns mehr an den Rand statt ins Zentrum von Traditionen begeben wollen – damit wir bei Beibehaltung und Differenzierung eines wertbezogenen Kerns zu einer größeren Bejahung und Akzeptanz von Unterschiedlichkeit in den vielen verschiedenen Schattierungen des Lebens gelangen.