Allein sein und einsam sein
Alleinsein kann einsam machen, braucht es aber nicht. Wir können mit uns selbst genug zu tun haben. Dies zeigen uns keineswegs nur Einsiedler, auch viele andere Menschen suchen immer wieder bewusst Zeiten des Rückzugs auf und profitieren davon. Manche tun dies aus religiösen oder spirituellen Gründen, aber auch Agnostiker und Atheisten können Zeiten des Rückzugs nutzen für Reflexion, Kontemplation und Bilanzierung.
Bewertung ist entscheidend
Wie wir Dinge erleben und welche Folgen sie haben, hängt maßgeblich von unseren Bewertungen ab. Das gleiche Ereignis kann je nach Bewertung zu gänzlich anderen Konsequenzen führen:
- höre ich die Gecko-Rufe in unserer Nachbarschaft hier in Kambodscha, freue ich mich. Andere bekommen Angst, da sie glauben, die Anzahl der Rufe sage das Sterben des Ehepartners voraus. Es ist nicht der Gecko, es ist ihre Bewertung.
Dies Phänomen gibt es nicht nur in Kambodscha:
- in Europa und den USA ist es nicht der Gecko, aber es sind beispielsweise die Gesichtsmasken, vor denen man wiederum in Kambodscha keinerlei Angst hat.
- neulich sah ich eine Familie auf der Straße mit einem fröhlichen vielleicht dreijährigen Kind, welches problemlos eine Maske trug. Da die Menschen hier von dem Glauben an die Gefährlichkeit von Masken nichts wissen, verspüren sie weder Gefahr noch Atemnot.
Ganz anders bei den Querdenker-Demonstrationen in Deutschland:
- tausende können aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen. Manche von ihnen glauben dies wirklich. Derweil tragen aber auch in europäischen Breiten seit Jahrzehnten krebskranke Kinder Masken, ohne sich zu bekagen. Sie können dies tun, denn sie erwarten Schutz und kein Ersticken. Querdenker können dies nicht, denn sie erwarten Ersticken und keinen Schutz. Auch ihre Kinder können es nicht, denn die Eltern berichten ihnen von der vermeintlich großen Gefahr.
Ein weiteres Beispiel ist das Fleisch:
- manche glauben, sie bräuchten dies, sonst wären sie schlapp und kraftlos. Es mag bei einigen an einer falschen Ernährung liegen – einfach nur Fleisch weglassen und die Beilagen essen, genügt nicht. Bei vielen dürfte es aber tatsächlich ihr Glaube sein, der sich auf ihr körperliches Befunden auswirkt. Derweil machen weltweit vegane Spitzensportler in allen Sport-Sparten Karriere.
Zu einem guten Teil erleben wir also, was wir erwarten, oder anders formuliert, wir erleben die Dinge so, wie wir sie bewerten.
Dies gibt Anlass zum Optimismus. Denn es bedeutet im Umkehrschluss, dass wir den Schlüssel selbst in der Hand haben, um unser Wohlbefinden zu verbessern und das zu tun, was notwendig oder richtig ist, ohne darunter zu leiden – und so komme ich auch wieder zurück auf das Thema “Alleinsein und Einsamkeit”.
Was unterscheidet Alleinsein und Einsamkeit?
Alleinsein und Einsamkeit sind objektiv zwei ganz verschiedene Sachen:
- wir mögen uns einsam unter Menschen fühlen, gemeinsam einsam ist ein Zustand, der durchaus eine Reihe von Beziehungen charakterisiert.
- wir mögen uns umgekehrt zufrieden und ausgefüllt fühlen, wenn wir allein sind.
Einsam fühlen wir uns, wenn wir uns verlassen, ausgegrenzt, isoliert, unverstanden, unbeachtet fühlen.
Ob wir uns so fühlen, hängt wiederum maßgeblich davon ab, wie wir unsere Lebensstation, unsere Beziehungen und auch unsere Zukunft bewerten.
Zukunftsbezug ist zentral
- befinde ich mich auf dem Nachhauseweg und bin durstig, werde ich kaum leiden. In Erwartung der Löschung meines Durstes mag ich sogar Vorfreude empfinden.
- bin ich aber mit der gleichen Durstintensität in der menschen- und wasserleeren Wüste, mag der Durst bereits unerträglich sein und Verzweiflung ergreift mich.
Im ersteren Fall erwarte ich eine Verbesserung in der Zukunft, im letzteren Fall sehe ich keinen Ausweg.
Es werden aber Zustände von Glück von Durstenden in der Wüste beschrieben, wenn diese durch die Illusion einer Fata Morgana die baldige Verfügbarkeit von Wasser erwarten.
Partnerlosigkeit und Einsamkeit
Partnerlosigkeit führt oft dazu, dass wir länger allein sind.
Freunde mögen dies ausgleichen, aber nicht immer ist dies der Fall, gerade wenn Freunde selbst Partner haben.
Dies gilt noch einmal verstärkt für gesellschaftlich festgelegte Feiertage und wiederum noch einmal verstärkt in Zeiten einer Pandemie.
Die gute Nachricht aus all diesen Zusammenhängen ist, dass Partnerlosigkeit nicht zu Einsamkeit führen braucht, auch nicht an Feiertagen und auch nicht während einer Pandemie.
Aber selbst wenn Einsamkeitsgefühle auftreten, ist dies noch lange keine Katastrophe.
Sie brauchen nicht überwertig werden und wir brauchen uns ihnen nicht hilflos ausgeliefert zu sein.
Je nachdem, wie wir Alleinsein bewerten, wie wir handeln und welche Zukunfts-Prognose wir uns selbst geben, werden Einsamkeitsgefühle leicht, schwankend und temporär oder aber stark, konstant und anhaltend sein.
Strategien gegen Einsamkeit
Dies können Sie Einsamkeitsgefühlen entgegensetzen:
- Sie erwarten Tage oder Wochen des Alleinseins?: Setzen Sie eine paradoxe Selbstinstruktion ein und freuen Sie sich auf geruhsame Tage. Planen Sie Ihre Tätigkeit, vom Kaffeetrinken, Musikhören, Lesen, bewusstem Nachdenken über Ihre Lebensziele bis hin zu Meditation oder Yoga. Machen Sie sich klar: Alleinsein ist keine Katastrophe, sondern kann sogar schön sein.
- blicken Sie nach vorn: Allein sein ist keine Katastrophe und Sie können vieles tun, damit Sie in der Zukunft ein stabiles soziales Netzwerk haben. Dabei braucht nicht jeder zahlreiche Freunde, sondern wenige enge Beziehungen können genügen. Überlegen Sie, was Ihnen momentan fehlt, und gehen Sie den Aufbau Ihres sozialen Netzwerkes (Partnerschaften, Freundschaften) gezielt an. Auch hier gilt: Vorfreude kann die Einsamkeit sofort nehmen, selbst wenn sie derzeit noch allein sind.
- aktivieren Sie die Bezüge, die Sie haben: Es müssen keine direkten Treffen sein und ein Kontakt braucht nicht stundenlang anzuhalten. Soziale Bezüge sind ebenfalls ein Telefonat, ein Brief, ein Online-Chat.
- oder nehmen Sie sich umgekehrt eine komplette Auszeit: Sie sind mit Ihren sozialen Bezügen und/oder Ihrem Leben nicht zufrieden? Manchmal mag es helfen, sich eine bewusste Auszeit zu nehmen und intentional eine zeitlang allein zu verbringen, um sich neu zu sortieren. Eine geplante Auszeit kann helfen, konstruktiv mit Alleinsein umzugehen und Einsamkeit entgegenzuwirken. Denn was ich selber plane, dem bin ich nicht ausgeliefert.
- hinaus in Wald und Natur: Aufenthalt in Wald und Natur kann Wunder wirken. Manche Menschen ziehen stundenlang durch die Wiesen und Wälder, ohne sich einsam zu fühlen. Es gibt viel zu sehen und es hilft, klar zu denken. Auch ein Lächeln von oder zu einem Vorbeigehenden ist bereits ein sozialer Kontakt und eigentlich sind sie sowieso nicht allein, denn viele Tiere sind mit Ihnen, die Sie beobachten können.
- sich die Zukunft ausmalen: Man nennt dies auch Zeitprojektion, eine Technik, die Ihnen hilft, Zeiten der Reizarmut oder des Alleinseins zu überbrücken und gut zu bewältigen. Unsere Vorstellungsfähigkeit kann helfen. Greifen Sie ganz bewusst zu positiven Fantasien und Tagträumen, in denen sie sich künftige angenehme Situationen ausmalen. Je näher sich diese Fantasien an den grundsätzlichen Möglichkeiten in Ihrem Alltag und einer erreichbaren Zukunft orientieren, desto besser unterstützen Sie damit gleichzeitig eine aktive Handlungsplanung.
- sich verbessern: Je zufriedener wir mit uns selbst sind, desto glücklicher sind wir und desto weniger negativen Stress und Anspannung erleben wir. Vorsätze umsetzen ist einer der besten Wege, um mehr Zufriedenheit zu erreichen. So senken wir kognitive Dissonanz und mindern Unzufriedenheit mit uns selbst. Nutzen wir Zeiten des Allein-Seins um Vorsätze umzusetzen, hat es Einsamkeit schwer aufzukommen und vor allem wird sie uns nicht dominieren können. Selbstoptimierung macht nicht erst glücklich, wenn das Ziel erreicht ist. Sie möchten sich mehr bewegen? Schieben Sie es nicht auf, sondern beginnen Sie damit jetzt. Sie sind unglücklich, weil Sie zu viel Zucker und Süßigkeiten essen? Kaufen Sie für die Zeit des Allein-Seins nur gesunde und vollwertige Lebensmittel ein. Sie sind tierlieb und die Schlachttiere tun Ihnen leid? Nutzen Sie die Zeit und wechseln Sie zu einer pflanzenbasierten Ernährung.
Effektiv handeln statt Torschlusspanik
Sie müssen sich nicht in Torschlusspanik ins Online-Dating stürzen, um Alleinsein sofort zu beenden oder ein Alleinsein an Weihnachten oder Silvester zu verhindern. Sie brauchen keine Angst zu haben vor diesem Alleinsein, auch nicht vor einem möglichen Alleinsein, was sich aus der Pandemie ergibt. Nehmen Sie die Dinge an und bringen Sie Sinn in Ihren Alltag und Ihr Erleben.
Dies bedeutet nicht, dass Sie keine Schritte unternehmen sollten oder könnten, um Ihr soziales Netz zu festigen oder neu zu knüpfen. Tun Sie es, aber tun Sie es mit Geduld und Gelassenheit. Richten Sie sich in dem Alleinsein positiv ein, um aus einem Gefühl der Lebensfreude heraus, Ihre sozialen Kontakte zu schließen oder zu pflegen. Geben Sie sich Zeit und Ruhe und lassen Sie die Dinge werden, anstatt sie erzwingen zu wollen.
Für Ihre Partnersuche nehmen Sie diese Zeit des Alleinseins zum Anlass, um Impulse zum Speed-Dating in ein Slow-Dating zu verwandeln.
Slow heißt nicht “aufschieben” oder “verzögern”, Slow-Dating heißt, den Lauf der Zeit anzunehmen, sich nicht unter Druck zu setzen und auch andere nicht unter Druck zu setzen, Gelassenheit und Selbst-Zufriedenheit zu entwickeln und von dieser Basis aus die Grundlage für eine tatsächlich nachhaltige Beziehung zu begründen, deren Beginn bald oder später sein mag.
So kann die Zeit des Alleinseins auch Anlass geben, doch noch einmal über die eigenen Beziehungswünsche und das eigene Such- und Kommunikationsverhalten nachzudenken.
Eigene Muster erkennen
Im Coaching beobachte ich immer wieder Muster der Partnersuche, deren Erkenntnis wichtig ist, um die richtigen Schlüsse zu ziehen – einige Beispiele:
- Bindungsunsicher: Eine partnerschaftliche Beziehung wird gesucht, aber im Grunde wird eher deutlich, dass diese nicht wirklich gewünscht wird. Alles scheint zu aufwändig, zu schwierig, das Leben soll so bleiben, wie es ist, oft gibt es auch bereits eher unverbindliche gelegentliche Kontakte. Gesucht wird eine Beziehung vorwiegend, weil es notwendig sie, merkwürdig wirke, keine Beziehung zu haben, weil alle anderen Beziehungen hätten, ein echter eigener Wunsch ist jedoch nicht vorhanden oder jedenfalls nicht klar. Hier stellt sich die Frage, ob die Partnersuche fortgesetzt oder umstrukturiert wird. Es besteht die Möglichkeit, nach eher unverbindlicheren Begegnungen zu suchen. Wenn der Beziehungswunsch bei tieferer Reflexion doch zum Ausdruck kommt, mag eine Fernbeziehung oder eine Beziehung mit getrennten Wohnungen am ehesten passend sein. Einfach so weiter machen, nach einer festen, eher traditionellen Beziehung zu suchen, ergibt demgegenüber keinen Sinn, weder für sich selbst noch für die anderen Suchenden. Dies mag sich durchaus irgendwann ändern, aktuell sollte aber die Suche verändert werden.
- Sehnsucht nach Sexualität: Diesem Typus bin ich vorwiegend bei Frauen begegnet. Eigentlich sind sie mit ihrem Leben zufrieden, sie fühlen sich auch nicht einsam, eine Beziehung wird im Grunde nicht unbedingt gesucht, was aber vermisst wird, ist Sexualität – dafür müsse man halt eine Beziehung suchen. Bei einem Untertypus, der durchaus eine Beziehung wünscht, dabei aber einen sehr hohen Zeitdruck erlebt, ist ebenfalls das Vermissen von Sexualität der eigentliche Grund für den subjektiven Zeitdruck. Wenn Sie erkennen, dass Sie derzeit keine Beziehung, wohl aber Sexualität wünschen, können Sie überlegen, erotische Möglichkeiten auch außerhalb einer festen Beziehung für sich zu erschließen. Diese Möglichkeit ist durchaus nicht nur für Männer reserviert. Zeitdruck sollte nicht entstehen, wenn wir wissen, dass wir letztlich nicht zu kurz kommen, können wir durchaus abwarten. Dies gilt umso mehr in den Zeiten der Pandemie – auch Möglichkeiten zur Online-Sexualität können befriedigend sein.
- Angst vor Alterseinsamkeit: Der Wunsch nach Partnerschaft soll vorwiegend die Angst vor Einsamkeit im Alter mindern. Einsamkeit im Alter kann quälend sein, aber auch viele Singles schaffen es, im höheren Lebensalter in gute soziale Netze eingebunden zu sein. Sicher noch viel häufiger als jetzt werden ältere Menschen zunehmend gerade im höheren Lebensalter auf Wohngemeinschaften und gemeinsame Lebensmodelle zurückgreifen. Steigern Sie sich in Ihre Angst nicht hinein, sondern betrachten Sie die vollen Möglichkeiten, die auch Ihnen zur Verfügung stehen. Eine Beziehung sollte man dann suchen, wenn man sie auch bereits jetzt wünscht, nicht nur deshalb, weil man sie später vielleicht wünschen könnte. Für die Partnersuche ist es nie zu spät, auch im hohen Lebensalter können Menschen eine neue Liebe finden. Wenn Sie – zusätzlich zu Ihrer Angst vor Alterseinsamkeit – bereits jetzt eine Beziehung wünschen, sollten Sie sich von der Angst nicht in Torschlusspanik versetzen lassen. Gehen Sie Ihre Partnersuche ruhig, gelassen und ohne Zeitdruck an.
- Veränderungsresistent: Manche Menschen suchen tatsächlich eine Beziehung, aber in ihrem Leben soll sich möglichst nichts ändern. Das wird aber in den seltensten Fällen bei einer neuen Beziehung möglich sein. Zudem zeigen unsere Auswertungen über die Jahre, dass gemeinsame Veränderungsbereitschaft einer der wichtigsten Faktoren ist, der dazu beiträgt, dass eine neue Beziehung glücklich und dauerhaft wird. Gehen Sie noch einmal in sich und überlegen Sie, welche Veränderungen doch möglich wären und wie eine Partnerschaft Ihren Alltag bereichern könnte, auch wenn nicht alles beim alten bleiben kann. Prioritäten von Konstanz sind möglich, aber alles wird nicht gleich bleiben können, wenn ein neuer Mensch in Ihr Leben tritt. Können Sie sich Veränderungen aber partout nicht vorstellen, mag es sinnvoller sein, zunächst noch eher loseren Begegnungen oder Freundschaften zu suchen, auch um auszuloten, wie die eigene Entwicklung verlaufen wird.
- Suche nach dem Kick: Angestrebt wird die ganz große Euphorie, das einem manischen Zustand ähnliche Verliebtsein, auf Wolke 7 schweben. Die Nebenfolge: Was dem großen Kick nicht entspricht, wird abgeblockt. Der Wunsch nach Verliebtsein, Glückseligkeit, Begehrt werden ist absolut nachvollziehbaren und kann eintreten. Ebenso gilt aber, dass oft am Anfang einer Beziehung gerade im mittleren oder etwas höheren Lebensalter nicht das grandiose Überwältigt sein von Gefühlen steht, sondern Interesse und Sympathie, die sich zu Nähe, Liebe, Bindung und Innigkeit entwickeln. Unsere Befragungen bei Gleichklang zeigen, dass Verliebtsein höchstens bei der Hälfte der Gleichklang-Paare eintrat. Zudem haben wir herausgefunden, dass Beziehungen ohne diese anfängliche Gefühlsintensität keine geringere Stabilität und keine geringere Beziehungszufriedenheit im Verlauf zeigen. Es kann also lohnen, bereit und offen zu sein für einen ruhigeren Beziehungsbeginn.
- Bindungs-Vermeidend: irgendwie wird eine Beziehung gewünscht, im Inneren wird doch eine Sehnsucht wahrgenommen, aber dennoch werden Beziehungen vermieden. Bahnt sich etwas an, wird der Rückzugs- und Fluchtmodus aktiviert – es wird nicht geschrieben oder nicht geantwortet, keine Verabredung getroffen oder eine Verabredung abgesagt, trotz positivem Beginns kommt (für die andere Seite der oft überraschende) Rückzug. Machen Sie sich klar, was bei Ihnen vorliegt, arbeiten Sie daran, Vertrauen zu entwickeln, nicht immer das Schlimmste zu befürchten, stellen Sie sich Ängsten und hören Sie in sich hinein, um Ihre Beziehungssehnsucht zu erkennen und dann gemäß dieser zu handeln, anstatt immer wieder in Vermeidung zu fallen. Geht es partout nicht, erproben Sie sich erst im freundschaftlichen Bereich, bevor Sie die Partnersuche angehen.
- Geringer Selbstwert: Sie fühlen sich unattraktiv, nicht liebenswert, halten sich für bindungsunfähig, trauen sich nicht zu, in Beziehung zu gehen. Jede Enttäuschung lässt Ihren Selbstwert weiter abstürzen, Ängste, Depressivität, Unzufriedenheit können die Folgen sein. Eigentlich sind Sie nicht bindungsvermeidend, aber sie zweifeln an sich selbst. Machen Sie sich klar, dass Ihr Selbstwert in Ihnen liegt, lösen Sie sich von der Vorstellung, es gehe darum, sich zu bewerben. Versuchen Sie, die Partnersuche zu entkatastrophisieren. Werfen Sie sich selbst in die Waagschale, so wie Sie sind, um jemanden zu finden, der sie so liebt, wie Sie sind. Versuchen Sie, Enttäuschung und Ablehnung als Hindernisse auf dem Weg zu sehen, die Sie wegräumen können, üben Sie sich schrittweise in Selbstsicherheit und halten Sie durch, bis Ihre Partnersuche erfolgreich war.
- Misogyne (frauenfeindliche) Einstellungen: Ja auch diesen Typus gibt es bei uns, wenn auch sicherlich seltener als anderswo. Männer beschimpfen Frauen, weil diese nicht antworten, nicht schnell genug antworten oder kein Interesse haben. Sie schreiben aggressive Löschnachrichten, machen Ihr Gegenüber nieder und dehnen dies in Ihrer Argumentation gleich auf alle Frauen aus. Sie wirken dominant-aggressiv, sind aber tatsächlich schwach und gekränkt, typischerweise narzisstisch in ihrer Struktur. Vielfach stehen erlebte Zurückweisungen im Hintergrund, manchmal auch Trennungen. Die eigene Unzufriedenheit wird nach außen gewendet und sucht sich Frauen als Angriffsziel, mit denen eigentlich eine Beziehung gesucht wird. Manchmal ist dies nur temporär, lässt sich erkennen und verändern. Vor einigen Jahren fiel mir ein Freund mit solchen misogynen Sichtweisen auf, er hat sie längst überwunden und ist erneut partnerschaftlich gebunden. Auch mit einem Gleichklang-Mitglied hatte ich vor Kurzem deswegen Kontakt und ich bin gespannt, ob er seine Vorsätze zur Änderung umsetzen wird. Es muss also nicht immer tiefgreifend sein, aber leider verstärken sich frauenfeindliche-verbitterte Einstellungen nicht selten selbst, zumal das aggressive Agieren auf weitere Ablehnung stößt, wodurch wiederum neue Hostilität gespeist wird. Hier hilft nur, in sich selbst zu gehen und gegebenenfalls sich Hilfe zu suchen, wenn man aus dem Muster nicht herauskommt. Betroffenen Frauen sei geraten, es sich nicht zu Herzen zunehmen, wenn sie angegriffen werden, sondern dies als Ausdruck einer Hilflosigkeit zu betrachten, für die sie nicht die Ursache sind.
- Geschlechtstypisierende Erwartungen: “Ich bekomme zu wenig Zuschriften, dabei bin ich eine Frau und sehe nicht schlecht aus” – solche oder so ähnliche Einschätzungen werden uns manchmal direkt mitgeteilt oder wir finden sie im Internet. Sie sind aber für den Erfolg der Partnersuche ungünstig. Die Effektivität der Plattform wird hier an einem ganz falschen Kriterium gemessen, nämlich der Anzahl eingehender Nachrichten. Warum ist dies ein falsches Kriterium? Weil wir bei vielen der tausenden Gleichklang-Paare auch immer wieder feststellen, dass diese nur wenige oder eher weniger Nachrichten erhalten hatten. Das änderte aber nichts daran, dass Sie Partnerschaft gefunden haben. Nebenfolge dieser Einstellung ist, dass oft die eigeninitiative Kontaktaufnahme über eine Erstnachricht unterbleibt. Gerade wenn ein Profil gefällt, sollte dies aber immer erfolgen, denn es ist nach allen unseren Auswertungen der wirksamste Weg. Schließlich spiegeln solche Erwartungen dem Gegenüber wider, dass eine traditionelle Geschlechterrolle erwartet wird, was auf viele Lebensmodelle bei Gleichklang nicht zutrifft.
Dies sind nur einige Beispielmuster – die Liste ließe sich ergänzen und noch weitaus mehr differenzieren.
Was tun in Zeiten des Alleinseins?
Mein Ratschlag lautet, die Zeiten von Alleinsein zu nutzen, um über sich selbst nachzudenken, eigene Muster zu identifizieren, zu reflektieren und zu hinterfragen und gegebenenfalls so zu neuen Antworten für die eigene Beziehungssuche zu gelangen.
Ganz konkret für die jetzige durch die Pandemie geprägte Zeit kann ich zudem empfehlen, auf die Corona-Liste bei Gleichklang zurückzugreifen, die wir über unsere klassische Partner- und Freundschaftsvermittlung hinausgehend als weitere Form der Beziehungssuche eingeführt haben.
Das Verbindende aller auf dieser Liste ist das Bedürfnis nach Austausch in dieser ganz besonderen Zeit.
Diese gemeinsam erlebte Situation macht er möglich und sinnvoll, von bestimmten Passungen oder Unpassungen einmal abzusehen und die aktuellen besonderen Lebenserfordernissen sozial vernetzt zu meistern.
Dies ist übrigens kein Widerspruch zu der Empfehlung, Zeiten des Alleinseins bewusst zu nutzen, sondern eine Ergänzung.
Damit komme ich zum Schluss und gleichzeitig zum Ausgangspunkt meines heutigen Artikels zurück:
- unser Erleben, unsere Gefühle, unsere Zufriedenheit und Unzufriedenheit, unsere Einsamkeit oder umgekehrt unser Eingebundensein werden maßgeblich nicht nur durch die objektiven Situationen, sondern durch unsere eigenen Wahrnehmungen und Bewertungen geprägt.
- mit einer Haltung der Selbstreflexion, der Veränderungsbereitschaft, der Geduld und der Handlungsbereitschaft können wir das Beste aus den Situationen machen, die uns im Leben begegnen.
- entscheidend ist hierfür weniger die Geschwindigkeit der Handlungen (wir mögen in Abhängigkeit von den Voraussetzungen sowohl schnell als auch langsam handeln) als die innere Haltung, die sowohl bei schneller als auch bei langsamer Handlung eine Haltung der lösungs- und zielbezogenen Ruhe und Gelassenheit sein kann.
- was bedrohlich ist, ist gleichzeitig Chance. Sind wir unzufrieden, können wir unsere Situation noch einmal neu bewerten und Veränderungen vorzunehmen, ohne aber in Panik, Hektik oder Resignation zu verfallen.
- in einem großen Ausmaß sind wird dazu in der Lage, ein großes Spektrum an Situationen sehr viel gelassener, ruhiger und damit letztlich effektiver anzugehen als wir dies manchmal tun. Dies gilt auch für die Partnersuche, die Beziehungssuche im Allgemeinen und den Beziehungsaufbau.
- helfen tut uns die Fähigkeit, in Zeiten des Alleinseins in und mit uns selbst zufrieden zu sein, eine Fähigkeit, die wir kultivieren können. Gerade jetzt ist die richtige Zeit hierfür!