Liebe auf den ersten Blick?
Liebe auf den ersten Blick: Soeben hat sich eine im Journal Personal Relationships veröffentlichte Studie diesem Phänomen gewidmet. Der Titel lautet: “What kind of love is love at first sight? An empirical investigation“
Untersucht wurden Teilnehmende am Speed-Dating, die nach Ihrem jeweiligen Kennenlernen mithilfe von Fragebögen angaben, ob sie soeben Liebe auf den ersten Blick erlebten.
Ebenfalls wurden die Teilnehmenden zum Erleben von Leidenschaft, Bindungsbereitschaft, zum Erleben von Intimität und Nähe sowie zum Erleben von körperlicher Attraktivität befragt.
Aufschlussreiche Ergebnisse
Die Ergebnisse sind erstaunlich eindeutig:
- Liebe auf den ersten Blick war vorwiegend bedingt durch Erleben von körperlicher Attraktivität
- Wer Liebe auf den ersten Blick beschrieb, schilderte kein höheres Ausmaß an Erleben von Intimität und Nähe, Bindungsbereitschaft oder Leidenschaft der Begegnung als diejenigen, die keine Liebe auf den ersten Blick erlebten
Vielleicht mögen es einige als ernüchternd erleben:
- Liebe auf den ersten Blick scheint weitgehend einfach nur ein Synonym dafür zu sein, dass wir jemanden als körperlich sehr attraktiv und anziehend erleben
Wenn es um die Liebe auf den ersten Blick geht, werde ich also ab jetzt das Wort “Liebe“ in Anführungszeichen setzen.
Basis der “Liebe” auf den ersten Blick
Ganz so überraschend ist dieser Befund allerdings wiederum nicht, wenn wir uns die gar nicht so seltenen Geschichten von “er sah sie und war sofort verliebt“ ins Gedächtnis rufen, die natürlich auch geschlechtsumgekehrt lauten können “sie sah ihn und war sofort verliebt“, und ebenso die verschiedensten sexuellen Orientierungen einschließen können (sie sah sie und war sofort verliebt …) oder wechselseitig sein mögen (sie sahen sich und waren sofort verliebt).
Auf welcher Basis sollte eine solche sofortige “Liebe“ durch reines Sehen auch entstehen, wenn es nicht in Wirklichkeit einfach nur um erlebte körperliche Anziehung und Attraktivität gehen würde?
Nun ist wiederum bekannt, dass körperliche Anziehung keineswegs nur oder meistens in Liebesbeziehungen münden muss. Es mag gar nichts entstehen, oder reine sexuelle Begegnungen mögen stattfinden, in deren Folge oder Verlauf die körperliche Anziehung gar nicht so selten sogar verloren geht.
Übrigens mag eine körperliche Anziehung mit einer geistigen oder emotionalen Sprachlosigkeit einhergehen.
“Liebe“ auf den ersten Blick ist also keineswegs ein Vorhersagefaktor für eine besonders tief greifende zwischenmenschliche Beziehung.
Dating -Apps ist ihre Spielwiese
Die bekannten Dating-Apps sind für die “Liebe“ auf den ersten Blick eine große Spielwiese. Wie wäre sonst erklärbar, dass Profile (fast) nur aus Bildern bestehen und allein die Bilder bereits Entscheidungen ermöglichen (wegwischen, bestätigen).
Dass wildfremde Menschen so die richtige Wahl für ihre künftige Liebesbeziehung treffen, erscheint mir mehr als zweifelhaft, aber “Liebe“ auf den ersten Blick mag fraglos entstehen.
Welche Rolle spielt die “Liebe“ auf den ersten Blick bei Gleichklang?
Sie kommt sicherlich vor, aber sie wird von uns nicht spezifisch gefördert und spielt für unsere Vermittlung kaum eine Rolle.
Wir glauben nicht, dass nur das Äußere oder dessen Bewertung in Sekundenbruchteilen etwas darüber aussagen kann, ob
- Menschen psychisch zueinander passen, Werthaltungen teilen, einen gemeinsamen Lebensweg in wechselseitiger Zufriedenheit gehen können
- sie in schweren Zeiten sich wechselseitig unterstützen und beistehen und in guten Zeiten das Glück miteinander teilen können
- die Betreffenden ihr Leben so ausrichten können und wollen, dass ihre Liebe nicht nur zum eigenen Vorteil ist, sondern mit dazu beiträgt, die Welt ein Stück weit liebevoller und im positiven Sinne menschlicher zu machen
Dies soll nicht behaupten oder verlangen, dass das Äußere für Gleichklang-Mitglieder unwichtig ist oder sein sollte. Sicherlich können wir uns nur in einem gewissen Rahmen den eigenen Prägungen entziehen, jeder nach seinen eigenen Fähigkeiten und in unterschiedlichem Ausmaß.
In unserer Vermittlungs-Tätigkeit bleiben wir aber darauf fokussiert, die Voraussetzungen dafür zu maximieren, dass einander vorgeschlagene Mitglieder sich tatsächlich auf einen gemeinsamen Lebensweg begeben können. “Liebe“ auf den ersten Blick kann hierfür wenig oder sogar nichts beitragen.
Jedes zweite Gleichklang-Paar berichtet allerdings, bereits beim ersten Treffen verliebt gewesen zu sein?
Also doch “Liebe“ auf den ersten Blick?
Es mag so scheinen, ist aber in Wirklichkeit etwas ganz anderes:
- die Verliebtheit von ca. 50 % der späteren Gleichklang-Paare bei ihrem ersten Treffen rührt in der Regel nicht vom ersten Blick, sondern beruht auf Erleben von Nähe und Intimität
- bereits Online wurden oft wichtige Gemeinsamkeiten festgestellt und meistens war Sympathie bereits Online entstanden
- dies vertiefte sich beim realen Treffen und der Austausch über die eigenen Lebens- und Liebesmodelle, Wünsche, Träume, Befürchtungen, Hoffnungen und Ziele leistete hierfür einen wichtigen Beitrag, also all das, was bei der “Liebe“ auf den ersten Blick keine Rolle spielt
Und nicht vergessen sollten wir außerdem die andere Hälfte der Gleichklang-Paare, die sich nicht sofort verliebten und später ebenso glücklich miteinander wurden.
Mehrere Treffen können also hilfreich sein, um sich mehr kennenzulernen, sich mehr zu begegnen, und schrittweise eine Sympathie, Nähe und Vertrautheit zu entwickeln, die zur Liebe führt.
Die “Liebe“ auf den ersten Blick ist bei Gleichklang also nicht das Ziel. Was wir fördern, ist etwas anderes, nämlich die echte Liebe, die es ebenfalls gibt und die wir finden können, wenn wir offen für sie sind und sie annehmen, wenn sie in unser Leben tritt. Es ist vor allem diese Liebe, nach der Gleichklang-Mitglieder suchen, die bei uns auf Partnersuche sind.