Kommentare (5)

  1. Michael says:

    “Ein großer Teil der weltweiten psychologischen Forschung, gerade der hochwertigen übrigens, kommt längst aus China”

    Ich weiß nicht wie viel ich von Studien aus China halten soll. Generell würde ich sie als minderwertig erachten, aufgrund des totalitären Regimes und der erheblichen Einschränkung der Freiheit der Chinesen. Auch der geschichtliche und kulturelle Unterschied scheint mir sehr stark ausgeprägt zu sein. Die Ein-Kind-Politik, der hohe Männersüberchuss und der starke Fokus auf wirtschaftliche Interessen in Liebesbeziehungen.

    Mir gekommt es so vor als würde ich eine Kolonie Waldameisen in meiner Ameisenfarm Zuhause studieren und hierdurch umfassende Rückschlüsse auf freilebende Waldameisen zu erzielen. Ich denke mal, wir sind uns einig, dass das nur eingeschränkt möglich ist?

    Zur Info: Ich halte keine Waldameisen Zuhause! Es ist nur ein Beispiel.

      1. Danke für Deine Einschätzung, der ich aber widersprechen möchte. Laut Springer Nature kommen durchschnittlich 27,2 % der weltweit am häufigsten zitierten wissenschaftlichen Arbeiten aus China, mehr als aus den USA.

        China ist auch der größte Stipendiengeber für Student:innen und PhD-Student:innen aus Afrika. Die Forschungen werden in renommierten (meistens westlichen) Journalen veröffentlicht.

        Du kannst hier nachlesen, was Springer Nature dazu schreibt.

        Ich selbst lese ja sehr viel psychologische Fachartikel und dabei fällt mir eben auf, dass sie oft aus China. Zu eigentlich allen Fragestellungen in der Psychologie, einschließlich sexueller Minderheiten etc. Die Ergebnisse sind nicht weniger plausibel, weiterführend, kritisch als die aus den USA.

        Aber natürlich hast Du Recht:

        Zur Kritik an der kommunistischen Partei findest Du nur weniger Studien und die sind dann auch wirklich limitiert.

        Mir schient es heute so, dass die Dinge eben komplex sind:

        Die USA sind nicht nur der Staat, der Menschen in Folter- und Terrorgefängnisse wegen Tattoo nach El Salvador abschiebt, sondern es gibt dort auch hervorragende psychologische Forschung. Es werden dort nicht nur Menschen an den Grenzen wegen ihrer Beiträge in sozialen Medien abgewiesen oder sogar trotz Greencard ausgewiesen, sondern es gibt auch viele positive Beiträge.

        So ist es auch mit China, nur zu anderen Themen.

        Ich bin sicher, ich kritisiere an China das gleiche wie Du, aber es wäre ein großer Irrtum,daraus zu schließen, es gäbe dort keine exzellente psychologische Forschung, wie auch die hier vorgestellte Forschung zeigt.

        Die Ergebnisse sind typischerweise gut übertragbar, der Vergleich mit den Waldameisen hinkt daher. Auch in meinem letzten Video habe ich übrigens eine Studie aus China zitiert, in der sich dort die gleichen Muster bei den Dating-Apps zeigten, die in Studien aus westlichen Ländern ebenfalls auftreten.

        Mittlerweile kannst Du in der Psychologie Studien aus China ebenso wenig ignorieren wie aus den USA, sonst verpasst Du den Anschluss.

        1. Rada says:

          Das finde ich interessant. Bezüglich der Qualität der Forschung mag China gleichauf pder besser sein – aber wie wirkt sich ein autoritäres Regime inhaltlich auf die Ergebnisse aus? Verändert es nicht das Denken und Fühlen der Menschen? In China kann man vielleicht genauso frei und selbstbestimmt leben wie in Deutschland – solange man sich an die dort geltenden Regeln hält und nicht kritisiert, dass diese von der Partei vorgegeben werden. Und man muss akzeptieren, in allem überwacht zu werden. Menschen, die ein relativ konventionelles Leben führen (wollen und können), die es ja auch bei uns gibt, können sich damit vielleicht arrangieren. Aber alles was außerhalb von Konventionen stattfindet oder auch die Freiheit von Konventionen voraussetzt, dürfte doch nicht oder in geringerem Ausmaß stattfinden und daher auch weniger beobachtbar sein, oder ist das zu naiv gedacht?

            1. Es gibt umfangreiche Literatur zu queeren Identitäten, zu den Einflüssen heteronormativer Strukturen sowie zu deren kulturellem, kulturübergreifendem und transnationalem Charakter. Unkonventionalität ist auch in China vielfältig vorhanden, doch Aktivitäten gegen die Partei und die staatliche Grundordnung werden verfolgt. Ai Weiwei macht deutlich, dass die Zensur im Westen zwar subtiler, jedoch keineswegs weniger wirksam sei als in China. Da er in beiden Systemen gelebt hat, besitzt er einen Weitblick, der uns möglicherweise fehlt, besonders dann, wenn wir in Stereotypen über konformistische Massen in China denken. Ich habe vor Ai Weiwei den größten Respekt und denke, dass solche Menschen mehr gebraucht werden, in Deutschland und in China.

          • Michael says:

            Im zweiten Satz Ihres Kommentars haben Sie das entscheidende Wort vergessen. (Musste wohl mal wieder schnell gehen 😉

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        Guido F. Gebauer

        Geschrieben von

        Guido F. Gebauer studierte Psychologie an den Universitäten, Trier, Humboldt-Universität zu Berlin und Cambridge (Großbritannien). Promotion an der Universität Cambridge bei Prof. N. J. Mackintosh zu den Zusammenhängen zwischen unbewusstem Lernen und Intelligenz. Im Anschluss rechtspsychologische Ausbildung, Tätigkeit in der forensischen Psychiatrie und 10-jährige Tätigkeit als Gerichtsgutachter. Gründung der psychologischen Kennenlern-Plattform Gleichklang 2006. Schreibt für diesen Blog und für vegan.eu und Hochsensible,.eu. Buchveröffentlichung "A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht" im Mai 2022 im Edigo Verlag. Gebauer lebt und arbeitet in Kambodscha, wohin er Ende 2015 gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Gleichklang Seksan Ammawat ausgewandert ist. Termine für ein ⇒ COACHING (Telefon, Video-Chat) können vereinbart werden. Direkter Kontakt für Anmerkungen zu Artikeln hier: gebauer@gleichklang.de