Singles unterscheiden sich
Wir lesen viel über Vergleiche zwischen Singles und Menschen in Beziehungen. In Wirkloichkeit unterscheiden sich Singles und je nach dem, welche Single-Typ Sie sind, kann dies unterschiedliche Auswirkungen auf Ihre Partnerfindung haben. Dieser Artikel stellt hierzu neue Forschungsbefunde vor und gibt Empfehlungen.
Menschen mit und ohne Liebesbeziehungen
Lange Zeit galt die Annahme, dass Singles generell weniger zufrieden mit ihrem Leben sind als Menschen in Partnerschaften. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass dies eine zu starke Vereinfachung ist:
- Singles sind tatsächlich weniger zufrieden als Menschen in glücklichen Beziehungen. Sie sind jedoch zufriedener als Menschen in unglücklichen oder neutralen Beziehungen.
Das zeigt:
- Die Anforderungen und Kompromisse, die mit einer Beziehung einhergehen, lohnen sich nur, wenn die Partnerschaft glücklich ist. Andernfalls macht sie uns sogar unglücklicher.
Wenn wir also nach einer Partnerschaft suchen, sollten wir darin investieren, dass eine solche Partnerschaft tatsächlich glücklich wird.
Nicht alle Singles sind gleich
Doch selbst dieser Vergleich ist eine weitere Vereinfachung. Genauso wie es verschiedene Beziehungstypen gibt, müssen wir auch bei Singles differenzieren. Es gibt verschiedene Arten von Singles – warum sollten alle dieselben Eigenschaften haben?
Die Psycholog:innen Christopher A. Pepping, Yuthika U. Girme, Timothy J. Cronin und Geoff MacDonald haben in zwei großen Stichproben untersucht, ob sich Singles in verschiedene Gruppen oder Typen unterteilen lassen. Und wenn ja, wie diese unterschiedlichen Single-Typen definiert sind. In der ersten Stichprobe wurde eine gemischte Gruppe von Singles analysiert, während die zweite Stichprobe ausschließlich Langzeitsingles umfasste, also Menschen, die mindestens drei Jahre – oft aber viel länger – ohne Partner waren.
Dabei interessierten sich die Forscher:innen unter anderem für folgende Aspekte:
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den Wunsch oder Drang nach einer Beziehung
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die Angst vor dem Single-Dasein
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die Hoffnung, eine Beziehung zu finden
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ihre seelische und sexuelle Stabilität und Zufriedenheit
Latente Klassenanalyse: Ein statistisches Verfahren zur Gruppierung
Die Gruppierung der Singles erfolgte mithilfe einer sogenannten Latenten Klassenanalyse. Dieses statistische Verfahren erkennt Muster, die bestimmte Personengruppen miteinander teilen. Dadurch können schwer sichtbare, latente und normalerweise verborgene Gruppen erkannt und anschließend weiter untersucht werden.
Die Hypothese: Bindungssicherheit als Schlüssel
Der Ausgangspunkt der Studie war die Hypothese, dass sich Singles bezüglich ihrer Bindungssicherheit unterscheiden:
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Sicher gebundene Personen fühlen sich in der Nähe ihrer Partner:in wohl, können aber auch mit zeitweiliger Distanz gut umgehen. Sie haben keine übermäßigen Ängste vor dem Verlassenwerden oder Eifersucht und brauchen keine ständige Rückversicherung.
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Ängstlich gebundene Personen wünschen sich eine Beziehung, entwickeln jedoch in einer Partnerschaft schnell hohe Verlustängste. Sie neigen zu Eifersucht, klammern und kontrollieren ihre Partner:in stark.
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Vermeidend gebundene Personen legen großen Wert auf ihre Unabhängigkeit. Nähe wird ihnen schnell zu viel, und sie möchten oft keine feste Bindung eingehen. Wenn sie es doch tun, erleben sie die Nähebedürfnisse ihrer Partner:in als stressig.
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Ängstlich-vermeidend gebundene Personen schwanken zwischen dem Wunsch nach Nähe und der Angst davor. Sie wollen gleichzeitig Nähe und Distanz, was zu einem äußerst inkonstanten Beziehungsverhalten führen kann.
Lassen sich diese Bindungstypen auch bei Singles finden?
Die Forscher:innen stellten die Frage, ob sich diese Bindungstypen auch bei Singles zeigen. Unterscheiden sich Singles womöglich in ihrem Umgang mit dem Single-Status und ihrer Partnersuche – oder ihrer seelischen Gesundheit und Hoffnung auf eine Partnerfindung – je nachdem, welchem Bindungsstil sie angehören?
Um das zu klären, wurden den beiden Single-Stichproben Fragen vorgelegt, die ängstliche und vermeidende Bindung erfassten. Daraus ergaben sich vier Typen:
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Sichere Bindung: Geringe Werte bei Ängstlichkeit und Vermeidung.
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Ängstliche Bindung: Hohe Werte bei Ängstlichkeit und geringe Werte bei Vermeidung.
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Vermeidende Bindung: Hohe Werte bei Vermeidung und geringe Werte bei Ängstlichkeit.
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Ängstlich-vermeidende Bindung: Hohe Werte bei beiden Dimensionen – Ängstlichkeit und Vermeidung.
Die spannenden Ergebnisse
Die Psycholog:innen haben jedoch nicht einfach nur behauptet, dass es diese Typen gibt. Sie wendeten vielmehr das statistische Suchverfahren der latenten Klassenanalyse auf die Antworten der Befragten an, um verborgene Strukturen sichtbar machen und diese dann mit ihren Hypothesen vergleichen zu könen.
Es ergaben sich spannende Ergebnisse:
- Statistisch ließen sich in beiden Single-Gruppen tatsächlich vier unterschiedliche Gruppen ausmachen. Singles sind also keineswegs homogen – wir können sie in vier verschiedene Typen unterteilen.
Die vier Single-Typen
Die Analyse der Unterschiede im Antwortverhalten führte zu den vier erwarteten Bindungstypen bei Singles:
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Singles mit sicherer Bindungsdisposition
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Singles mit ängstlicher Bindungsdisposition
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Singles mit vermeidender Bindungsdisposition
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Singles mit ängstlich-vermeidender Bindungsdisposition
Interessanterweise zeigten in beiden Single-Gruppen nur 22 % bis 23 % der Befragten eine sichere Bindung. Das ist deutlich weniger als bei Menschen in Beziehungen, wo 50 bis 60 % typischerweise einen sicheren Bindungsstil aufweisen. Womöglich hängt das Single-Dasein also auch mit ungünstigen Bindungsstilen zusammen.
Unterschiede zwischen den Single-Typen
Weitere Unterschiede zwischen den vier Single-Gruppen wurden erkennbar:
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Sichere Singles hatten ein höheres Selbstwertgefühl, mehr Empathie und einen geringeren Neurotizismus. Sie waren motivierter, neue Menschen kennenzulernen, hatten weniger Angst vor dem Single-Dasein und gaben seltener an, unbedingt einen Partner zu benötigen. Sichere Singles erhielten zudem mehr soziale Unterstützung und berichteten von weniger Problemen im Sexualverhalten.
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Ängstliche Singles hatten einen starken Wunsch nach einer Beziehung, verbunden mit Ängsten vor Ablehnung und Verlassenwerden. Sie zeigten die größte Angst vor dem Alleinsein und litten häufig unter verletzten Gefühlen, emotionaler Dysregulation und Hypersexualität. Bei ihnen traten narzisstische Tendenzen auf, die sich in einem geringeren Maß an Empathie äußerten – da sie stark um ihre eigenen Ängste kreisten. Ängstliche Singles berichteten von einem geringeren Wohlbefinden und einer niedrigeren Lebenszufriedenheit.
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Vermeidende Singles neigten dazu, emotionale Intimität und Bindung abzulehnen. Sie gaben seltener als die anderen Gruppen den Wunsch nach einer Beziehung an und hatten weniger Angst vor dem Single-Dasein. Allerdings berichteten sie von einem geringeren Selbstwertgefühl, weniger Empathie und einer geringeren Motivation, soziale Kontakte zu knüpfen. Vermeidende Singles waren anfälliger für soziale Angst und sexuelle Deaktivierung. Während die emotionale Belastung von vermeidenden Singles in der gemischten Gruppe hoch war, zeigte sich bei Langzeitsingles eine bessere Anpassung an das Single-Dasein.
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Ängstlich-vermeidende Singles zeigten sowohl eine starke Sehnsucht nach Nähe als auch Ängste davor. Ihre emotionale Belastung war ähnlich hoch wie bei den ängstlichen Singles, einschließlich geringem Selbstwertgefühl, Neurotizismus und sexuellen Problemen. Zudem war dies die Gruppe, in der die meisten Personen angaben, keine Partner:innen finden zu können.
Welchen Bindungstyp habe ich?
Diese Frage können Sie auch durch unsere beiden kurzen Tests herausfinden:
Beide Tests erfassen die Ausprägungen von Ängstlichkeit und Vermeidung. Aus den Ergebnissen können Sie Ihren Bindungstyp ableiten:
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ängstlich und nicht vermeidend = ängstlich
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vermeidend und nicht ängstlich = vermeidend
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ängstlich und vermeidend = ängstlich-vermeidend
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nicht ängstlich und nicht vermeidend = sicher
Demnächst werden wir beide Tests zusammenführen, um es einfacher zu machen. So können Sie Ihren Bindungsstil mit nur einem Test herausfinden.
Die Rolle des Bindungsstils bei der Partnersuche
Der Bindungsstil eines Menschen kann wertvolle Hinweise für die Partnersuche geben. Daraus können sich einige Empfehlungen ableiten:
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Vermeidende Singles: Gehen Sie noch einmal in sich und stellen Sie sich die Frage, ob Sie wirklich eine Beziehung möchten. Spüren Sie vielleicht doch eine Sehnsucht oder erinnern Sie sich an positive Reaktionen auf vergangene Bindungen? In diesem Fall ist die Partnersuche für Sie sinnvoll. Sie müssen jedoch nicht Ihren ganzen Typus ändern. Modelle wie „Living Apart Together“ oder Fernbeziehungen können für Sie ein gutes Modell sein, um Ihre Persönlichkeit optimal im Beziehungskontext zu platzieren. Ein dezidiert ängstlicher Bindungstyp als Partner:in wäre für Sie vermutlich eine Überforderung. Oder kommen Sie zu dem Schluss, dass Sie eher keine Beziehung möchten? Dann sollten Sie von der Partnersuche Abstand nehmen und sich auf den Aufbau guter Freundschaften konzentrieren, die Ihre sozialen Bedürfnisse ausreichend erfüllen.
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Ängstliche Singles: Der erste Schritt ist, dass Sie Ihre eigenen Verhaltensmuster klar erkennen. Machen Sie sich bewusst, dass übermäßiges Klammern und Eifersucht keine Beziehung glücklich machen. Es ist wichtig, diese Muster zu reduzieren, um in einer Beziehung glücklich zu werden. Wenn wir uns klarmachen, dass bestimmte Ängste von uns selbst und nicht vom Partner kommen, können wir besser damit umgehen. Sprechen Sie offen über Ihre Ängste und machen Sie deutlich, dass Sie bereit sind, an einer Veränderung zu arbeiten. In Beziehungen können geplante Zeiten der Distanz ohne Kontaktaufnahme hilfreich sein, um Verlustängste abzubauen. Auch die Vereinbarung von Stopp-Signalen oder -wörtern, um Klammern oder Vorwürfe zu beenden, hat sich als nützlich erwiesen. Jede Form von Kontrollverhalten sollte eingestellt werden. Es fällt zunächst schwer, aber mit der Zeit wird der Druck nachlassen. Ein vermeidender Bindungstyp als Partner:in wäre vermutlich eine Herausforderung für Sie. Vieles können Sie schon während des Single-Daseins üben. Ist dies zu schwer? Dann wäre möglicherweise eine Psychotherapie der richtige Weg.
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Ängstlich-vermeidende Singles: Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre eigenen Motive, Sehnsüchte und Ängste besser zu verstehen. Seien Sie bereits bei der Partnersuche offen für das Auf und Ab von Nähe- und Distanzwünschen. Finden Sie einen Beziehungsrahmen, der weder ständige Symbiose noch ständige Distanz verlangt. Üben Sie in Zeiten der Distanz den Umgang mit Ihren Ängsten und in Zeiten der Nähe die Gelassenheit, ohne den Drang, sofort Distanz zu suchen. Kurzzeitige „Timeouts“, in denen Sie sich zurückziehen können, können dabei helfen. Erklären, Verständnis schaffen und Vereinbarungen treffen sind entscheidende Faktoren. Wenn dies überfordernd ist, kann eine Psychotherapie der richtige Schritt sein.
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Sichere Singles: Wenn Sie einen sicheren Bindungsstil haben, gibt es keine über das normale Maß hinausgehenden Faktoren, die erklären würden, warum Sie Single sind oder die Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Beziehung beeinträchtigen. Sie können mit Gelassenheit und Optimismus an die Partnersuche herangehen. Sollten sich dennoch Probleme ergeben, kann es hilfreich sein, die eigenen Suchkriterien und Strategien zur Partnerfindung zu überdenken. Natürlich spielen neben dem Bindungsstil viele weitere Faktoren bei der Partnersuche und Beziehungsgestaltung eine Rolle.
Unser Beitrag bei Gleichklang
Bei Gleichklang bemühen wir uns, durch das Matching möglichst viel Kompatibliität von Partner:innen als Startvoraussetzung zu ermöglichen. Mit diesem Blog und unseren anderen Informations-Angeboten möchten wir unsere Mitglieder gleichzeitig anregen und unterstützen, über die eigenen personalen Voraussetzungen zu reflektieren und diese positiv zu gestalten.
Wie denken Sie selbst über “Single und Bindung“? Schreiben Sie uns diese gerne unten in die Kommentare – ich freue mich!
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