Von Nostalgie zum Beziehungsglück
Gelegentlich sind wir damit konfrontiert, dass sich Ex-Partner:innen negativ auf unsere aktuellen Beziehungen auswirken. Dies kann reichen von dem Wunsch, erneut mit dem Ex zusammenzukommen, bis hin zu Eifersucht bei aktuellen Partner:innen.
Ein Grund hierfür mag sein, dass nostalgische Erinnerungen insbesondere auch dann aufzutreten pflegen, wenn wir mit unserer aktuellen Situation nicht zufrieden sind. Haben wir dann noch keinen Abstand zur Vergangenheit, ist die Trennung nicht verarbeitet oder gar nicht einmal sicher, können nostalgische Erinnerungen uns von unserer aktuellen Beziehungen noch weiter ablenken und diese dadurch beschädigen.
Eine Serie aus drei Experimenten von Ting Ai und Kolleg:innen zeigt nun aber, dass diese negative Sichtweise auf die Nostalgie nur eine Seite der Medaille ist:
- Nostalgie für unsere vorherigen Beziehungen braucht unsere aktuelle Beziehung keineswegs beschädigen.
- Im Gegenteil, die Reflexion über nostalgische Erinnerungen an unsere Ex-Partner:innen kann unserer wahrgenommene aktuelle Beziehungszufriedenheit erhöhen, die Wahrnehmung von Selbstwachstum und Veränderungspotenzialen aktivieren und uns motivieren, positive Gemeinsamkeiten und Erfahrungen mit unseren aktuellen Partner:innen aktiv aufzusuchen.
Wir brauchen also unsere vergangenen Beziehungen nicht auszublenden, sondern wir können positive Erinnerungen an unsere vergangenen Beziehungen in unsere aktuellen Beziehungen mental und emotional positiv einbringen.
Ergebnisse der drei Experimente
Zunächst aber im Schnelldurchgang die Ergebnisse der drei Experimente:
Experiment I “Nostalgie und Beziehungszufriedenheit“
Teilnehmenden, die sich allesamt aktuell in einer Beziehung befanden, wurden in drei Gruppen eingeteilt. Diese wurden gebeten, sich an ein nostalgisches Erlebnis mit ihren Expartner:innen, an ein Alltagserlebnis mit ihren Expartner:innen, was nicht mit besonderen Gefühlen einherging, oder aber an irgendein Erlebnis aus der Vergangenheit jeder Art zu erinnern. Im Anschluss wurden die Teilnehmenden noch gebeten, das Ereignisse aufzuschreiben und zudem anzugeben, wie stark sie nostalgische Gefühle erlebten. Zudem wurde den Teilnehmenden ein Fragebogen vorgegeben, mit dem sie die Zufriedenheit mit ihrer aktuellen Beziehung einschätzen.
In den Ergebnissen zeigte sich erwartungsgemäß, dass die Teilnehmenden, die sich an ein nostalgisches Ereignis mit ihren Ex-Partner:innen erinnern sollten, tatsächlich das höchste Ausmaß an nostalgischen Gefühlen bei sich wahrnahmen.
Vor allem aber berichteten die Teilnehmenden, die sich an ein nostalgisches Ereignis mit ihren Expartner:innen erinnern sollten, eine signifikant höhere aktuelle Beziehungszufriedenheit als die anderen beiden Gruppen.
Die bewusste Erinnerung an ein nostalgisches Erlebnis mit den Expartner:innen ließ die Betreffenden ihre aktuelle Beziehung also mehr schätzen.
Experiment II “Nostalgie, Selbstwachstum und Beziehungszufriedenheit“
Wieso können nostalgischen Erinnerungen an Expartner:innen unsere aktuelle Beziehungszufriedenheit verbessern?
Die Autor:innen vermuteten, dass sich dies damit erkläre, dass wir uns im Kontext nostalgischer Erinnerungen als veränderungsfähige Personen erleben, die ihre Erfahrungen verarbeiten, an ihnen wachsen und so zu neuen Möglichkeiten und Ufern aufbrechen können. Dieses neue Ufer ist die aktuelle Beziehung, die so also positiv als Ergebnis eines Wachstumsprozesses eingeordnet wird. Entsprechend wiederholten die Autor:innen das erste Experiment noch einmal, gaben den Teilnehmenden aber zusätzlich einen weiteren Fragebogen vor, der das erlebte Selbstwachstum erfasste.
In den Ergebnissen zeigte sich wiederum, dass bewusste nostalgische Erinnerungen an Expartner:innen die aktuelle Beziehungszufriedenheit erhöhten. Die statistische Analyse zeigte aber darüber hinausgehend, dass die nostalgischen Erinnerungen großteils nicht direkt die Beziehungszufriedenheit erhöhten, sondern dass sie indirekt die Beziehungszufriedenheit dadurch verbesserten, dass sie das wahrgenommene Selbstwachstum erhöhten, was sich dann wiederum positiv auf die Zufriedenheit mit der aktuellen Beziehung auswirkte.
Die bewusste Auseinandersetzung mit nostalgischen Erinnerungen an unsere vorherigen Beziehungen führt also dazu, dass wir einen stärkeren Fokus auf die Wahrnehmung unser selbst legen als an unseren Beziehungen gewachsene Person. Unsere aktuelle Beziehung ordnen wir in diesen Wachstumskontext ein und werden zufriedener mit ihr.
Experiment III: “Nostalgie, Selbstwachstum, aktives Beziehungsverhalten und Beziehungszufriedenheit“
Diesmal wurden die nostalgischen Gefühle dadurch bei den Teilnehmenden induziert, dass sie eine Webseite über nostalgische Erinnerungen an Expartner:innen lasen. Eine zweite Gruppe las lediglich eine neutrale Webseite, die keine nostalgischen Erinnerungen erzeugen sollte. Tatsächlich berichteten nachfolgend auch diejenigen über mehr nostalgische Erinnerungen an ihrer Expartner:innen, die die „nostalgische Webseite“ lasen.
Erneut zeigte sich, dass die “Nostalgie-Gruppe” eine höhere Beziehungszufriedenheit berichtete. Diese ließ sich wiederum auf ein stärker wahrgenommenes Wachstum der eigenen Person zurückführen. Zusätzlich zeigte sich jedoch ebenfalls eine höhere Motivation für ein aktives Beziehungsverhalten (Annäherungs-Motivation), welches wiederum ebenfalls zum großen Teil durch das wahrgenommene Wachstum der eigenen Person bedingt wurde.
Erinnern wir uns bewusst an nostalgische Momente mit unseren Ex-Partner:innen nehmen wir uns also stärker als eine gewachsene Person war. Dieses in den Fokus rückende Wachstum der eigenen Person übertragen wir auf die Bewertung unserer aktuellen Beziehung, mit der wir so zufriedener werden. Gleichzeitig führt die Wahrnehmung als gewachsene Person zu einer erhöhten Motivation, an aktivem positiven Erleben in unserer aktuellen Beziehung zu arbeiten und so den gegenwärtigen Partner:innen näherzukommen (Annäherung statt Vermeidung).
Resümee: Keine Angst vor den Ex-Partner:innen
Manche Paare neigen dazu, die Erinnerungen an ihre jeweiligen Ex-Partner:innen komplett aus der gemeinsamen Kommunikation auszublenden. Auch als Einzelperson können wir die Neigung haben, die Vergangenheit zurückzudrängen, als ob es unsere vorherigen Beziehungen nicht gegeben hätte.
Dies ist schade, weil in Wirklichkeit unsere vergangenen Beziehungen uns auch heute noch prägen. Denken wir an sie, stellen wir aber oft das Negative in den Vordergrund. Auch dies kann fraglos hilfreich sein, nämlich wenn wir es tun, um zu reflektieren und daraus zu lernen, wo eigene Anteile liegen und welche Muster wir nicht wiederholen wollen. Mein neuerliches Video über toxische Beziehungen zeigt, wie dies geht und wie wir so sogar aus dem Negativen der vorherigen Beziehung heraus zu einem posttraumatischen Wachstum kommen können.
Aber vergangenen Beziehungen brauchen und sollten sich nicht nur auf das Negative und was wir nicht wollen ausrichten, sondern auch auf das Positive und was wir wollen. Nostalgische Erinnerungen an unsere Ex-Partner:innen sind Teil unserer Person, die ohne Erinnerungen nicht denkbar ist.
Wir können positive Erinnerungen an unsere Ex-Partner:innen bewusst reflektieren. Diese helfen uns, zu erkennen, wo wir gewachsen sind und welche positiven Erfahrungen dieses Wachstum – und damit auch unsere aktuellen Beziehungen – ermöglichten. In diesem Sinne führen nostalgische Erinnerungen an unsere Expartner:innen eben nicht zu einem Aufmerksamkeitsabzug von unseren jetzigen Partner:innen, sondern sie machen uns zufriedener mit unseren derzeitigen Beziehungen und erhöhen die Motivation, an einer Stärkung unserer Verbindung mit mehr positivem Erleben miteinander zu arbeiten.
Allerdings ist die bewusste und konstruktive Reflexion über nostalgische Erinnerungen an unsere Expartner:innen nicht zu verwechseln mit sich chronisch und ständig aufdrängenden Erinnerungen, weil wir in Wirklichkeit uns emotional nicht gelöst haben, eine Trennung bedauern, ambivalent sind, an die Wiederaufnahme des Kontaktes denken und unsere aktuellen Beziehungen eben nicht als ein Ergebnis von Wachstum, sondern als Ablenkung und Lückenbüßer erleben. Solche chronischen nostalgischen Erinnerungen, die aus einem Defizit resultieren, sind tatsächlich schädlich und dies haben andere Studien auch gezeigt.
Haben wir eine reife Partnerwahl getroffen, nachdem wir vorherige Beziehungen emotional verarbeitet hatten, dürfen und sollen wir uns also gerne nostalgisch an das Positive erinnern, was wir mit unseren Expartner:innen erlebten.
Tun wir dies gemeinsam und wechselseitig mit unseren aktuellen Partner:innen, können dadurch sogar Ideen und Handlungsstränge entstehen, die es uns erlauben, in der neuen Beziehung an das Positive vergangener Beziehungen anzuschließen und so noch mehr positive Verbundenheit miteinander zu aktivieren.
In diesem Sinne können nostalgische Erinnerungen an die positiven Momente mit unseren Expartner:innen womöglich auch unsere Motivation für eine aktive Partnersuche stärken, wodurch die Wahrscheinlichkeit wächst, dass es uns gelingen wird, in neuen Beziehung zu finden und in dieser diese positiv-nostalgischen Momente zz wiederholen und sogar zu erweitern.
Wie aber erkenne ich frühzeitig, dass die andere Person tatsächlich zu mir passt? – fragte uns neulich ein Mitglied. Die Antwort auf diese Frage können Sie sich in diesem 1,5 Minuten langen Kurzvideo anschauen. Wenn Sie eine eigene Frage zu den Themen Beziehung und Partnersuche haben, können Sie diese übrigens hier eintragen, schrittweise werden wir zu allen Fragen unserer Mitglieder und Interessent:innen Kurzvideos produzieren.
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